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Ob das wohl gutgeht...

Ob das wohl gutgeht...

Titel: Ob das wohl gutgeht... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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Arzt dienlich sein? Schließlich geht es auch um meine Praxis.«-
    »Sie müssen sich keine Gedanken wegen dieses Gesumms machen!«
    »Gesumms?«
    »Polizei. Ich sage es ja nicht gern, aber schließlich war es Ihr Fehler. Sie haben so laut in der Straße herumtrompetet und die Nachbarn geweckt - es war eine gute, ruhige, anständige Party, bis Sie auf die Hupe drückten und die Leute sich beschwerten, dann...«
    »Ich weiß. Die ganze Gegend weiß es jetzt... «
    »Mein Gott, was für ein Theater Sie machen.«
    Er war nicht im geringsten beunruhigt. Ich entdeckte später, als ich mit ihm frühstückte, daß er in der Sache bereits kurz vernommen worden und trotz der langen durchwachten Nacht auf der
    Polizeistation sich nicht einmal schlafen gelegt hatte. Ich sagte ihm, daß ich mich um die Patienten kümmern werde und er schlafen gehen solle, da ich es für besser hielt, wenn er sich gar nicht erst zeigte, und begann mit der Vormittagssprechstunde.
    Ich hatte falsch getippt. Alle wollten sie Fred sehen, manche machten sich nicht einmal die Mühe, sich irgendwelche Beschwerden auszudenken, und waren bitter enttäuscht, daß sie wieder gehen mußten, ohne einen Blick auf die Berühmtheit geworfen zu haben. Gemessen an dieser schillernden Berühmtheit war ich nur ein blasser Ersatz. Einstimmig verlangten sie alle nach Fred.
    Als die beiden letzten Patienten hereingekommen waren, hatte ich bereits genug. Man hätte denken können, daß ich überhaupt nicht existierte, daß die gesamte Praxis Freds Sache sei.
    Es war ein Geistlicher mit seiner Frau; beide waren mir völlig unbekannt. Als Lulu sie hereinführte und sie mich sahen, las ich Enttäuschung auf ihren Gesichtern. Ich tat, als merkte ich es nicht.
    »Guten Morgen«, sagte ich nicht besonders freundlich. »Was kann ich für Sie tun?«
    Der Vikar steckte einen Finger zwischen seinen Kragen.
    »Um aufrichtig zu sein«, sagte er, »meine Frau möchte Dr. Perfect sprechen.«
    Nach zweieinhalb Stunden Praxis und nur drei Stunden Schlaf hatte mich meine gute Laune verlassen.
    »Er ist nicht hier. Hoffentlich macht es Ihnen nichts aus, mir zu sagen, was mit Ihrer Frau ist. Ich werde trotz seiner Abwesenheit mein Bestes versuchen.*
    »Nun, um ganz aufrichtig mit Ihnen zu sein«, sagte der Vikar, »meine Frau ist in großer Sorge. Wir können die Angelegenheit jedoch nur mit Dr. Perfect besprechen. Er würde es verstehen, wissen Sie...«
    Mit ungewohnter Schärfe antwortete ich ihm: »Ich bin der Senior-Partner in dieser Praxis und der einzige Arzt, der im Augenblick anwesend ist. Dr. Perfect ist ein außerordentlich tüchtiger Arzt...«
    Der Vikar nickte zustimmend: »Ich weiß«, sagte er, »ich bin sein Vater.«
     

18
     
    Es war kaum zu fassen, daß dieser sanfte kleine Mann und die noch zarter wirkende kleine Frau den großen, vitalen Fred hervorgebracht haben sollten.
    »Wir sind wegen des Artikels in der Zeitung gekommen...«, sagte Freds Vater. »Wie Sie sich vorstellen können, hat uns das einen ziemlichen Schock versetzt. Wir haben Fred seit einigen Jahren nicht mehr gesehen, aber seine Mutter und ich haben nie aufgehört, für ihn zu beten. Er war stets ein so guter Mensch...«
    »...ist jahrelang in die Sonntagsschule gegangen«, sagte seine Mutter.
    »...wir haben nie verstanden, was los war... «
    »...er ist noch immer einer der Besten«, sagte ich, »er hat ein echtes Mitgefühl für seine Mitmenschen.«
    »Ich bin außerordentlich glücklich, das zu hören.«
    »Es ist nur so, daß er sich nicht in eine Schablone pressen läßt.«
    Seine Mutter beugte sich vor, sie rieb nervös die Hände.
    »Halten Sie es für möglich, daß wir ihn sprechen können?«
    »Warum eigentlich nicht?«
    Plötzlich fiel mir Freds Ausspruch ein: »Wenn man seine Eltern nicht umerziehen kann, dann muß man sie beerdigen.« Hatte Fred das nicht gesagt?
    »Nun, kommen Sie doch mit ins Haus.« Ich erhob mich. »Fred hat sich schlafen gelegt, aber ich werde ihm sagen, daß Sie gekommen sind.«
    »Wir wollen ihn aber nicht stören.«
    Ich winkte ihnen, mir zu folgen, und öffnete die Tür zum Eßzimmer. Ich mußte mich zusammennehmen, um nicht ihre Mienen zu beobachten. Die Wände, welche Fred und seine Kohorten beim Einzug marineblau angestrichen hatten, waren voller Gekritzel und vertrockneter Spritzer von nicht identifizierbaren Flüssigkeiten. Kissen, deren Federn heraustraten, lagen zusammen mit den Resten von Brötchen, Flaschen und Gläsern traurig herum. Zigarettenstummel

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