Obduktion
noch einmal zu sehen.
»Ich denke dabei eigentlich mehr an uns als an ihn«, erwiderte Sana lächelnd, während sie auf die Treppe zuging.
Luke saß auf der Couch und lauschte ihren Schritten auf den Treppenstufen und dem Knacken ihrer Gelenke, als sie in das Zimmer trat, in dem Shawn sich aufhielt. Luke dachte über ihre letzten Worte nach – er war sich
nicht sicher, wie sie es gemeint haben könnte, deshalb fragte er sie, als sie zurückkehrte.
»Ich meinte nur, dass ich hinaufgehen wollte, bevor ich es mir hier ganz gemütlich mache«, sagte Sana und legte ihre Füße auf den Couchtisch. »Und bevor wir bei einem interessanten Gesprächsthema sind.« Sie wollte mehr von ihm und seiner Geschichte hören, mehr als nur die knappe Standardversion, die er ihr schon erzählt hatte.
»Alles in Ordnung mit ihm?«, erkundigte sich Luke. Unwillkürlich musste er an seinen Vater denken und an die Gewalt, die Alkohol auslösen konnte.
»Er liegt auf dem Bett und rührt sich nicht. Wenn du das in Ordnung nennen willst?«
»Obwohl wir gestern Abend darüber gesprochen haben, begreife ich immer noch nicht, warum er nicht mehr mit dir schlafen will.«
»Jetzt ist es einfacher als vor sechs Monaten, als es noch eher von ihm ausging als von mir. Wir haben uns auseinandergelebt. Hast du bemerkt, wie selten wir uns berühren? Ich meine diese kleinen Sachen, so was wie ihm den Arm um die Schultern legen, so zum Beispiel.« Sana saß zu Lukes Rechten, also hob sie ihren linken Arm und legte ihn beiläufig um Lukes Schultern. Dann zog sie ihren Arm zurück und legte ihn auf sein Bein, sodass ihre Hand auf seinem Knie lag. »Oder einfach nur zusammensitzen mit meiner Hand auf seinem Knie. Als wir noch frisch verheiratet waren, haben wir beide diese kleinen Gesten ständig gemacht, um allen zu zeigen, dass wir zusammengehören und uns mögen. Aber das alles hat aufgehört. Zuerst ging es nur von ihm aus, aber jetzt kommt es von uns beiden. Am Anfang dachte ich, es hätte etwas mit unserem großen Altersunterschied zu tun, aber mittlerweile bin ich mir da nicht mehr so sicher. Ich fürchte, es steckt mehr dahinter.«
Luke spürte, wie eine plötzliche Hitzewallung in sein Bein fuhr und in seinen Unterleib strahlte. Sanas Arm an seiner Hüfte und der lockere Griff ihrer Hand an seinem Knie waren ihm unendlich bewusst. Es fühlte sich an, als würden ihre Finger brennen.
Sana dagegen war sich nicht im Mindesten bewusst, welche emotionale Lawine sie unwillentlich in Luke ausgelöst hatte, dessen aufgestaute Hormone verrücktspielten. Sie hatte ihren Arm und ihre Hand auf eine Weise in seine Nähe gebracht, die ihr völlig platonisch vorkam, aber ausdrücken sollte, wie nah sie sich ihm fühlte. Sie dachte, dass es Luke nicht anders ging. Schließlich hatten sie seit seiner Ankunft sehr private Gedanken und Gefühle ausgetauscht. Luke war sogar der Erste gewesen, mit dem Sana über die zunehmenden Beziehungsprobleme mit Shawn gesprochen hatte. Die unmittelbare Folge davon war, dass sie glaubte, Luke hätte einen Teil ihres verborgenen Wesens begriffen. Das verband sie miteinander wie Bruder und Schwester und war etwas ganz Besonderes. Und obwohl Luke ein ganz eigentümlicher Kind-Mann zu sein schien, erweckte er den Eindruck, über ein emotionales Verständnis zu verfügen, das seinem Alter weit voraus war. Schließlich hatte er ganz von allein Rückschlüsse aus ihrer und Shawns Beziehung gezogen und zur Sprache gebracht, überlegte Sana. Er war auch kaum drei Jahre jünger als sie.
Momentan hatte Luke aufgehört zu denken. Er war nur noch Gefühl. Die Hitze von Sanas Hand brannte noch immer an seinem Knie, und jetzt kam auch noch ihr ganzer Arm hinzu, der genauso brannte – die ganze Strecke bis hoch zu seiner Hüfte. Er spürte jeden einzelnen Herzschlag in seinem schwellenden Penis, wo sich etwas zu verknoten schien. So konnte er nicht sitzen bleiben. Er musste sich bewegen. Und schon zuckten die
Muskeln seiner Beine und seines Unterleibs in rhythmischen Kontraktionen.
Sana schreckte auf, als sie Lukes Muskelkontraktionen wahrnahm. Sie saß direkt neben ihm und drehte sich plötzlich herum, um ihm ins Gesicht zu schauen, wobei ihre Hand unwillkürlich und ohne jede böse Absicht an seiner Hüfte entlangfuhr. Als sie die Schweißperlen auf seiner Stirn bemerkte und dazu noch seinen benommenen Gesichtsausdruck, dachte sie im ersten Moment, Luke hätte einen Herzanfall. Sie sprang auf und versuchte, ihn zum Hinlegen zu bewegen.
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