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Obduktion

Obduktion

Titel: Obduktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Aber er kämpfte dagegen an und tat das mit so überlegener Kraft, dass ihr Ringkampf schnell beendet war.
    »Schon gut«, schrie sie. »Du tust mir weh!« Er hatte ihre Handgelenke gegriffen und sie so fest gepresst, dass er die Blutzirkulation zu ihren Händen abgeschnürt hatte.
    Als erwachte er aus einem Anfall oder einer tiefen Benommenheit, ließ Luke von Sana ab, die sofort ihre Handgelenke rieb, um die Durchblutung wieder in Gang zu bringen.
    »Mein Gott, du hast mir wehgetan«, beschwerte sie sich, während sie noch immer ihre Handgelenke massierte.
    Luke schaute Sana nur wie umnachtet an. Er versuchte nicht zu reden, sondern starrte nur völlig entgeistert.
    »Bist du in Ordnung?«, fragte Sana. Lukes Augen wirkten glasig, sein Mund erschlafft, und seine Lippen waren leicht geöffnet. Obwohl es im Schein des Kaminfeuers nicht gut zu erkennen war, schien es ihr, als sei er blasser als zuvor. »Luke, bist du in Ordnung?« Sie streckte beide Arme aus, packte ihn an den Schultern und schüttelte ihn leicht. »Sag doch was, Luke! Ich muss wissen, wie es dir geht.«

    Nach vorn gebeugt schaute Sana in Lukes Gesicht. Sein Blick, der vorher noch auf ihre Lippen konzentriert gewesen war, fand langsam wieder zu sich. Sie konnte sehen, dass er allmählich wieder in der Gegenwart ankam, von woher auch immer, aber diese Gegenwart schien ihn zu beunruhigen. Statt wieder zu der glücklichen Person zu werden, die er gewesen war, wirkte er nun verärgert und strafend. Aber noch bevor er ein Wort sagen konnte – Sana spürte, dass es bald so weit sein würde –, dämmerte ihr plötzlich, was geschehen war. Sie konnte nicht anders, sie musste darüber lächeln, zumal sie sich jetzt, nachdem sie es bemerkt hatte, darüber wunderte, warum sie für diese Erkenntnis so lange gebraucht hatte.
    »Du hattest einen Orgasmus, stimmt’s?«, fragte Sana erleichtert und sogar leicht amüsiert. »Ich glaube, ich habe recht. Weißt du, meinetwegen brauchst du dich nicht zu schämen. Ich finde das toll. Meinen Glückwunsch. Ich nehm’s als Kompliment. Es ist eine Erleichterung, dass mich jemand sexuell anziehend findet, wenn mein Ehemann es schon nicht tut.« Sana hoffte, Luke auf diese Weise etwas von der Peinlichkeit zu nehmen, denn sie hatte den Eindruck, dass er noch niemals Sex mit einer Frau gehabt hatte. Natürlich hatten sie beide keinen Sex miteinander gehabt, aber seine Reaktion eben hatte mit Sicherheit etwas damit zu tun. Sana hegte die Hoffnung, er könnte trotz der Traumata, die ihm seit der Pubertät widerfahren waren, wieder zu einem normalen Leben zurückfinden.
    »Hure«, schrie Luke plötzlich.
    »Wie bitte?«, fragte Sana. Sie hatte es zwar verstanden, aber einen solchen Unsinn wollte sie nicht hören, schon gar nicht von Luke, ihrem besonderen Freund.
    »Satan«, keuchte Luke.
    »Oh, wirklich?«, bemerkte sie. »Also ist wieder alles so
wie bei deiner Mutter und deinem Vater. Das Opfer ist schuld. Diesmal hat alles hier oben stattgefunden, mein Freund«, bemerkte Sana und streckte den Zeigefinger aus, um Lukes Stirn zu berühren.
    Luke stieß Sanas Hand gewaltsam fort, was ihr einen kurzen Schmerzensschrei entlockte. »Satanshure«, bellte er im entschlossensten Tonfall, zu dem er fähig war.
    »So, das reicht erst mal«, sagte Sana und untersuchte ihre Hand. »Ich dachte eigentlich, für einen religiösen Fanatiker hättest du dich ganz gut entwickelt, aber ich fürchte, ich habe mir über deine Fortschritte allzu große Hoffnungen gemacht. Was dein Willkommen in unserem Haus angeht, muss ich dich warnen – das Eis wird ziemlich dünn. Ich jedenfalls werde jetzt ins Bett gehen und die Tür hinter mir abschließen, falls du dich also bei mir entschuldigen willst, werde ich mir das morgen anhören. Und du solltest eigentlich wissen, dass eine Entschuldigung in deinem eigenen Interesse wäre. Gute Nacht!«
    Während Sana zur Treppe ging, hörte sie hinter sich, dass ihre kleine Standpauke auf vollkommen taube Ohren gestoßen war. »Satan, verdammt seist du in alle Ewigkeit! «, bellte Luke ein letztes Mal, während sie die alte, knarrende Treppe emporstieg.

Kapitel 28
9:43 Uhr, Mittwoch, 10. Dezember 2008 New York City
    J ames war bereits in seinem Büro, las seine Post und beantwortete seine E-Mails. Er war erstaunt darüber, wie viele geschäftliche Angelegenheiten der Erzdiözese mittlerweile per E-Mail abgewickelt wurden, und er war davon überzeugt, dass seine um ein Drittel gestiegene Produktivität vor allem

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