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Obduktion

Obduktion

Titel: Obduktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Tod – laut Saturninus im Jahre 62 n. Chr. – fand deshalb kaum oder gar keine Beachtung. Keiner der vier Evangelisten erwähnt sie in der Zeit nach Jesus’ Tod und Auferstehung, und auch bei Paulus findet sich nichts darüber, dass sie eine besondere Position in der frühen Kirche eingenommen hätte. In seinem Brief an die Galater erwähnt er sie sogar nur einmal, und das nur sehr flüchtig
und ohne dabei ihren Namen zu nennen. Erst gegen Ende des ersten Jahrhunderts bekam die Person Maria mehr Anerkennung, und heute gibt es überhaupt keinen Zweifel mehr an ihrer Bedeutung, was diesen Brief so wichtig macht.«
    »Aus Saturninus’ Brief kann ich aber nicht herauslesen, dass Simon Magus an dem Raub des Leichnams beteiligt gewesen wäre.«
    »Ich auch nicht. Ich denke, dass seine Interessen nur darauf ausgerichtet waren, die heilenden Kräfte, die Jesus von Nazareth zugesprochen wurden, für sich zu sichern. Er teilte die politischen Interessen der Zeloten nicht. Saturninus spricht nicht darüber, wie Simon herausbekam, dass die Essäer den Leichnam in einer der Höhlen von Qumran versteckt hatten, und er sagt auch nicht, wie er die Knochen in seinen Besitz brachte. Wahrscheinlich interessierte das damals auch niemanden. Simon war enttäuscht, dass die Überreste keinerlei heilende Kräfte hatten, was ja der eigentliche Grund gewesen war, sie in seinen Besitz zu bringen. Direkt danach beschloss er, Petrus zuerst nach Antiochia und dann nach Rom zu folgen, um ihm die Gebeine im Austausch gegen seine Heilkraft anzubieten.«
    »Aber Petrus wies ihn wieder ab.«
    »Offensichtlich, und laut Saturninus tat er das genauso empört, als hätte Simon ihm Geld angeboten.«
    »Was glaubst du, warum Saturninus und Menander beschlossen hatten, Marias Überreste zusammen mit Petrus zu begraben?«
    »Ich glaube, aus den Gründen, die er auch in dem Brief genannt hat. Sie waren beide beeindruckt von Petrus’ Fähigkeit, durch Handauflegen Menschen heilen zu können. Dass sie beeindruckt gewesen sein müssen, wissen wir deshalb, weil beide am Ende Christen wurden und
Saturninus sogar Bischof in einer wichtigen römischen Stadt.«
    »Ich frage mich, was aus Simons Überresten geworden ist. Es wäre doch eine Ironie der Geschichte, wenn sie ebenfalls bei Petrus lägen.«
    »Allerdings«, sagte Shawn mit einem Lächeln, »aber das bezweifle ich ernsthaft. Saturninus hätte es erwähnt, wenn er und Menander das getan hätten.«
    »Und was hast du nun vor?«, fragte Sana. »Nein, lass mich raten. Du willst nach Rom fliegen und nachprüfen, ob das Ossuarium, das Saturninus beschrieben hat, sich noch dort befindet, wo er und Menander es versteckt haben?«
    »Du sagst es«, sagte Shawn begeistert. »So wie es aussieht, muss Petrus etwa zur gleichen Zeit zu Tode gefoltert worden sein, als Simon bei seinem Versuch, sich in den Himmel zu erheben, starb. Da Petrus’ Anhänger ihm ein unterirdisches Grab gebaut hatten, wäre das doch für Saturninus und Menander eine passende Gelegenheit gewesen, Marias Überreste mit einem der engsten Apostel ihres Sohnes zusammenzuführen. Eigentlich eine sehr respektvolle Geste der beiden, und man kann ganz sicher sagen, dass sie viel von Maria hielten.«
    »Den Teil des Briefes, in dem das Versteck beschrieben wird, habe ich leider nicht verstanden. Du?«
    »Ja. Das Grab war ein Tonnengewölbe, bestehend aus zwei parallel laufenden Grundmauern als Stützen. Um ein solches Grab zu bauen, musste man ein sehr großes Loch ausheben, damit man die Mauern überhaupt hochziehen konnte. Saturninus schrieb, sie hätten den Knochenkasten außerhalb des Grabes etwa in der Mitte des Fundamentes der Nordwand vergraben. Das deckt sich mit der Tatsache, dass die Grundmauern von Petrus’ Grab von Osten nach Westen laufen.«

    »Wieso außerhalb? Warum haben sie denn den Kasten nicht innerhalb des Grabes zusammen mit Petrus vergraben? «
    »Sie haben das verdammte Ding eben lieber draußen versteckt«, sagte Shawn ungeduldig, als hielte er Sanas Frage für überflüssig. »Sie taten das sozusagen im Geheimen, niemand anders wusste davon.«
    »Jetzt sei doch nicht so herablassend!«, fuhr Sana ihn beleidigt an. »Ich tu wirklich mein Bestes, um das alles zu verstehen.«
    »Entschuldige bitte«, sagte Shawn, dem klar war, dass er geduldig sein musste, wenn er wollte, dass sie ihn begleitete. »Aus zwei Gründen ist dieser Hinweis ein unglaubliches Glück für uns auf der Suche nach dem Versteck: Erstens glaube ich, dass

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