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Oben ist es still - Bakker, G: Oben ist es still

Oben ist es still - Bakker, G: Oben ist es still

Titel: Oben ist es still - Bakker, G: Oben ist es still Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerbrand Bakker
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schon.«
    »Hahaha.«
    Ich öffnete die Tür, tastete mit der linken Hand nach dem Schalter und knipste das Licht an. Er hatte sich die Steppdecke über den Kopf gezogen. Der Bezug mit den afrikanischen Tieren ist in der Wäsche, er schläft jetztunter dunkelblauen Buchstaben und Ziffern. Henk hat keinen Wecker. »Was ist los?« fragte ich.
    »Nichts.«
    »Warum kommst du dann nicht aus dem Bett?«
    »Keine Lust.«
    »Nimm die Decke vom Kopf.«
    »Warum?«
    »Damit ich dich ansehen kann.«
    »Warum?«
    »Darum.«
    »Du bist ja kindisch.«
    »Und du?«
    Die Steppdecke schob sich nach unten. Sein rötliches Haar ist ein gutes Stück länger geworden, er müßte es sich mal wieder schneiden lassen. Seine grauen Augen blickten mich schläfrig an. Auf dem Boden neben dem Bett lag ein Walkman zwischen seinen Kleidern. Im Aschenbecher auf dem Nachttisch waren ein paar Kippen. Teuns Poster lag aufgerollt vor einer Fußleiste.
    »Könntest du aufhören, da in der Tür zu stehen?« fragte er.
    »Wieso das?«
    »Der Anblick ist einfach beschissen, er macht mir angst.«
    Ich ging ins Zimmer und setzte mich auf den Stuhl. Henk kroch ein Stück nach oben, seine Schultern berührten die Wand. Das Kippfenster stand offen, es war kalt. Sogar im Funzellicht der Fünfundzwanzig-Watt-Birne konnte ich sehen, wie die Härchen auf seinen Oberarmen sich bewegten. »Was ist los, Henk?«
    »Nichts; hab ich doch gesagt.«
    »Warum kommst du dann nicht aus dem Bett?«
    »Ich hab Angst.«
    »Wovor?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Versteh ich nicht.«
    »Ich auch nicht.«
    Immer noch dieser schlagartige Wechsel zwischen kleinem Jungen und Mann. Manchmal habe ich das Gefühl, daß ich ihn an die Hand nehmen müßte, und dann wieder, daß er ein ganzes Stück über mich hinausragt. Er ist unberechenbar. Er nahm seine Zigaretten vom Nachttisch und zündete sich eine an. Den Rauch blies er in Richtung Fenster.
    »Ich mag es nicht, wenn du hier rauchst«, sagte ich.
    »Glaub ich«, sagte er. Und dann, in anderem Ton: »Ich hör nachts Geräusche.«
    »Was für Geräusche?«
    »Tiere. Hoffentlich.«
    »Das ist doch kein Grund, Angst zu haben?«
    »So kurze, hohe, bellende Töne.«
    »Das sind die Bläßhühner.«
    »Gefällt mir nicht. Und dein Vater hustet.«
    »Aber ist das denn alles so schlimm?«
    »Er tut mir leid«, sagt er leise.
    »Setz dich mal zu ihm.«
    Auch jetzt sah er mich an, als hätte ich von ihm verlangt, einen Toten zu waschen. »Bläßhühner«, sagte er dann, »sind das die schwarzen mit den lächerlich großen Füßen?«
    »Ja.«
    Er drückte die Zigarette aus, der eklige Gestank des schwelenden Filters stieg mir in die Nase. Dann rutschte er tiefer ins Bett und zog sich wieder die Decke über den Kopf. »Machst du das Licht aus, wenn du rausgehst?« sagte er.
    Vater rief mich, als ich bei ihm vorbeiging. Ich öffnetedie Tür, ging aber nicht ins Zimmer und ließ auch das Licht aus.
    »Raucht der Junge im neuen Zimmerchen?«
    »Ja.«
    »Das mußt du ihm verbieten.«
    »Hab ich, er hört nicht.«
    »Ich muß zur Toilette.«
    »Nachher.«

    Ich habe heute morgen alles allein gemacht, und das war keine Kleinigkeit, erst gegen neun war ich wieder im Haus. Die Jungrinder waren unruhig, sie sind schon an Henk gewöhnt, ich mache wieder alles anders. Sobald es tagsüber etwas wärmer ist, in ein paar Tagen vielleicht, lasse ich die Esel auf die Koppel.

    Der junge Milchfahrer schaut gerade in den Milchabscheider, als ich durch die Tür gehe. Bis ich bei ihm bin, sind mir ein paar Namen mit G durch den Kopf gegangen, und seiner ist hängengeblieben. Schon seit Henk hier ist, habe ich ihn Galtjo vorstellen wollen. Ich weiß nicht, warum, ich wollte die beiden einfach zusammen sehen und selbst zwischen ihnen stehen.
    »Wie kriegst du das Ding bloß so sauber«, sagt er.
    »Gut mit heißem Wasser ausspülen«, erkläre ich.
    »Für Arie ist jetzt Ersatz gefunden.«
    »Du hast dann wieder einen Kollegen.«
    »Ja und nein.«
    »Ja und nein?«
    »Er fährt hier, ich übernehme einen anderen Bezirk.«
    »Du kommst also gar nicht mehr?«
    »Nein.«
    Sein ewiges Lächeln wird zu einem schiefen Grinsen.
    »Wo?«
    »Ach, in der Gegend von Bovenkarspel. Da wohne ich.«
    »Tja, dann alles Gute.« Ich strecke ihm die Hand entgegen, und er schüttelt sie, etwas verblüfft. Ich drehe mich um und gehe zur Waschküchentür. »Wiedersehen, Galtjo«, sage ich, kurz bevor ich draußen bin.
    »Äh, ja«, sagt er.
    Ich schließe die Tür und gehe quer durch die

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