Oberwasser
ergeben hätte.«
»Sehen Sie, es funktioniert schon. Die zweite Information ist recht verschwommen, trotzdem sollten Sie davon wissen. Zwei verdeckte Ermittler sind auf die Spitzner-Alm gewandert. Sie hatten einen diesbezüglichen Tipp bekommen. Tatsächlich saßen auf der Almterrasse zwei international agierende Kriminelle: Waffen, Drogen, Geldwäsche. Die Beamten konnten sich zwar in die Nähe der Zielpersonen setzen, haben jedoch nur gehört, dass von einer Frau die Rede war, die Wanda hieß.«
Ludwig Stengele breitete eine große Karte auf dem Tisch aus und glättete sie sorgfältig. Die Karte war übersät mit verschiedenfarbigen Kreisen.
»Die Frage ist doch die: Wo könnten sich Dombrowski und Weißenborn befinden? Wo kann ich eine oder mehrere Personen verstecken? Alle Felsnischen, Höhlen, hohlen Baumstämme und so weiter scheiden aus. Da kämen wir über kurz oder lang drauf – mit Hunden, mit Hubschraubern, mit Suchstaffeln. Es muss etwas Abgeschlossenes und vor allem Abschließbares sein. Grün umkringelt habe ich also hier alle Jagdhütten, Alpenvereinshäuser, Materiallager von Feuerwehr und THW , die aber allesamt nicht mehr in Betrieb sind. Ich habe die entsprechenden Dienststellen schon angerufen. Die verantwortlichen Leiter haben auch schon Leute hingeschickt.«
»Und?«
»Nichts. Das wäre auch zu einfach gewesen.«
»Die blauen Kringel?«
»Das sind geeignete Wohnungen mitten im Ort. Bei einem Haus in freier Landschaft habe ich ja immer das Problem, dass der Zugangsweg ungeschützt und beobachtbar ist. Ich hingegen habe Objekte von Ureinheimischen gesucht, die dem Fortschritt und dem touristischen Halli Galli feindlich gegenüberstehen. Die außerdem über mehrere und vor allem unübersichtliche Wege zugänglich sind.«
»Alte Detektivregel: Suche den Kirchenräuber im Haus neben der Kirche.«
»Genau, Chef, und das ist in diesem Falle wörtlich zu nehmen. Im Ortskern, um die Pfarrkirche St. Martin herum, gibt es einige dieser Objekte. Ich habe eine Liste davon gemacht. Es sind acht heiße Kandidaten, alles alteingesessene Bauern- und Handwerkerfamilien, aufmüpfig gegen die Obrigkeit bis ins Mittelalter zurück. Die sollten wir abarbeiten. Ich könnte jetzt gleich sofort mit Ostler losgehen –«
»Gut gemacht, Stengele«, unterbrach ihn Jennerwein. »Aber warten Sie noch einen Augenblick, ich will erst die Ergebnisse der anderen hören. Was haben Sie uns zu sagen, Maria?«
»Ich bin mit dem Hund schon einen großen Teil des Orts abgegangen. Ich werde Fritz auch weiterhin in jedem Vorgarten und in jedem Hauseingang schnüffeln lassen. Die Hundetrainerin sagte mir, der Mischling würde Dombrowski und Weißenborn im Umkreis von einem Kilometer aufspüren.«
»Hat er schon mal positiv reagiert?«
»Bisher noch nicht. Aber eines ist sicher: Dort, wo ich gestern gegangen bin, sind die beiden nie gewesen.«
»Das mit dem Hund war eine gute Idee«, sagte Hölleisen. »Am Ende löst unser Fritz den Fall.«
Er streichelte das Tier, das unter dem Tisch lag und vor sich hindöste.
»Unser Dattelberger-Plan funktioniert übrigens prächtig«, fuhr Maria fort. »Viele der Einwohner und Geschäftsleute kennen mich ja, hauptsächlich aus der Zeitung. Sie ratschen mit mir, während Fritz seine Arbeit tut.« Maria warf einen Seitenblick auf Stengele. »Und nicht dass Sie jetzt meinen, ich wäre nur mit dem Hund spazieren gegangen. Ich habe mir währenddessen Lebensdaten, Beurteilungen und Dienstbiographien der beiden Vermissten durch den Kopf gehen lassen. Zuerst das Profil von Adrian Dombrowski, dem Beamten, der zuerst verschwunden ist: Unauffällig, gute Beurteilungen, Freundeskreis im Polizeimilieu, keine feste Bindung. Dann das Profil von Fred Weißenborn, dem Freund von Dr. Rosenberger. Und jetzt raten Sie mal!«
»Unauffällig? Gute Beurteilungen? Freundeskreis im Polizeimilieu? Keine feste Bindung?«
»Genau. Die sind mit ihrem Beruf verwachsen wie die Borke mit dem Stamm. Das sind beides keine Leute, die bei ein paar Bündel Geldscheinen feuchte Augen bekommen. Die bekommen feuchte Augen, wenn sie einen Fall gelöst haben. Private Motive für ihr Verschwinden kann ich absolut ausschließen.«
»Nicole, wie steht es mit Ihnen? Sie Ärmste haben den ganzen Tag Telefondienst geschoben.«
»Nun ja, die Bevölkerung arbeitet fleißig an der Lösung des Schröttelkopf-Falles«, sagte sie schmunzelnd. »Ich muss die Hinweise erst noch genauer auswerten. Aber eines kann ich jetzt
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