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Oblomow

Oblomow

Titel: Oblomow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Gontscharow
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endlich heraus. »Sie wundern sich gewiß ... und zürnen ...«
    Jetzt ist es Zeit ... das ist der richtige Moment. Ihr Herz klopfte. Ich kann nicht, o Gott!
    Er bemühte sich, ihr ins Gesicht zu blicken und zu erfahren, wie sie sich ihm gegenüber verhielt; aber sie roch an den Maiglöckchen und am Flieder und wußte selbst nicht, was mit ihr war ... was sie sagen, was sie tun sollte. Ach, Sonitschka würde sich gleich etwas ausgedacht haben, und ich bin so dumm! Ich kann gar nichts ... dachte sie gequält.
    »Ich habe ganz vergessen«, sagte sie.
    »Glauben Sie mir, es war gegen meinen Willen ... ich konnte nicht an mich halten ...« begann er, sich allmählich mit Mut wappnend. »Wenn es damals gedonnert hätte, wenn ein Stein auf mich herabgefallen wäre, ich hätte es doch gesagt. Ich konnte es mit allen meinen Kräften nicht zurückhalten ... Um Gottes willen, glauben Sie nicht, daß ich ... Ich selbst hätte nach einem Augenblick Gott weiß was darum gegeben, um das unvorsichtige Wort ungesagt zu machen ...«
    Sie ging mit gesenktem Kopfe weiter und roch an den Blumen.
    »Vergessen Sie es«, fuhr er fort, »vergessen Sie es, um so mehr, als es nicht wahr ist ...«
    »Es ist nicht wahr?« wiederholte sie, plötzlich sich aufrichtend, und ließ die Blumen fallen.
    Ihre Augen öffneten sich weit, und darin leuchtete Erstaunen auf ...
    »Wieso ist es nicht wahr?« wiederholte sie nochmals.
    »Ja, um Gottes willen, zürnen Sie nicht und vergessen Sie es. Ich versichere Sie, es war nur ein Ausbruch eines Augenblicks ... Das hat die Musik verursacht ...«
    »Nur die Musik! ...«
    Sie wechselte die Farbe; die beiden rosigen Flecken verschwanden und die Augen erloschen.
    Es ist also nichts! Jetzt hat er das unvorsichtige Wort zurückgenommen und ich brauche ihm nicht zu zürnen! ... Es ist gut ... jetzt kann ich ruhig sein ... Ich kann wie bisher sprechen und scherzen ... dachte sie und riß im Vorübergehen heftig einen Zweig vom Baume herab, pflückte mit den Lippen ein Blatt herunter und warf dann sogleich den Zweig und das Blatt auf den Sand hin.
    »Sie zürnen nicht? Sie haben vergessen?« sagte Oblomow, sich zu ihr herabbeugend.
    »Ja, was ist denn? Was bitten Sie?« antwortete sie, erregt und fast ärgerlich sich von ihm abwendend. »Ich habe alles vergessen ... ich bin so gedächtnisschwach!«
    Er schwieg und wußte nicht, was er tun sollte. Er sah nur den plötzlichen Ärger, ohne die Ursache entdecken zu können.
    Mein Gott! dachte sie, jetzt ist alles wieder in Ordnung; jene Szene ist wie ausgelöscht, Gott sei Dank! Nun also ... Ach du mein Gott! Was ist denn das? Ach, Sonitschka, Sonitschka! wie glücklich bist du!
    »Ich gehe nach Hause«, sagte sie plötzlich, ihren Schritt beschleunigend und in eine andere Allee einbiegend.
    Ihr stiegen Tränen zum Hals hinauf. Sie fürchtete, sie würde aufweinen.
    »Nicht so, hier ist es näher«, bemerkte Oblomow. Dummkopf, sprach er traurig zu sich selbst, wozu habe ich mich erklären müssen! Jetzt habe ich sie noch mehr gekränkt. Ich hätte sie nicht daran erinnern sollen; es wäre auch so wieder gut geworden, und sie hätte es von selbst vergessen. Jetzt ist nichts zu machen, ich muß mir ihre Verzeihung erbitten.
    Ich ärgere mich wohl deshalb, dachte sie, weil ich nicht den richtigen Moment benützt habe, ihm zu sagen: Herr Oblomow, ich hätte niemals erwartet, daß Sie sich so etwas erlauben ... Er ist mir zuvorgekommen ... »Es ist nicht wahr«! So etwas, er hat also noch gelogen! Nein, wie hat er das wagen können?
    »Haben Sie es wirklich vergessen?« fragte er leise.
    »Ich habe vergessen, ich habe alles vergessen!« sagte sie schnell und beeilte sich nach Hause zu kommen.
    »Reichen Sie mir zum Zeichen dessen, daß Sie nicht zürnen, die Hand.«
    Sie streckte ihm, ohne ihn anzublicken, die Fingerspitzen hin und zog, sowie er diese berührte, die Hand zurück.
    »Nein, Sie zürnen!« sagte er seufzend. »Wie soll ich Sie davon überzeugen, daß es nur eine augenblickliche Stimmung war, daß ich mir nicht erlaubt hätte, mich so zu vergessen ...? Nein, jetzt ist es aus, ich werde Ihrem Gesang nicht mehr zuhören ...«
    »Bemühen Sie sich nicht; ich brauche Ihre Versicherungen nicht ...« sagte sie lebhaft. »Ich werde selbst nicht mehr singen!«
    »Gut, ich schweige, aber gehen Sie um Gottes willen nicht so fort, sonst bleibt auf meiner Seele ein Stein zurück ...«
    Sie verlangsamte ihren Schritt und begann seinen Worten gespannt zu lauschen.
    »Wenn es

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