Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Oblomow

Oblomow

Titel: Oblomow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Gontscharow
Vom Netzwerk:
Du hast aber doch an Oljga geschrieben? Du hast darin ›welches‹ und ›daß‹ immer an richtiger Stelle angewendet. Da hat sich bei dir auch Atlaspapier und Tinte aus dem englischen Geschäft gefunden, und deine Handschrift ist darin so energisch, nicht wahr?«
    Oblomow errötete.
    »Als du es gebraucht hast, sind dir Gedanken und Ausdrücke eingefallen, wie man sie irgendwo in einem Roman drucken lassen könnte. Wenn aber keine Notwendigkeit vorliegt, kann man nichts, dann sehen die Augen nicht und sind die Hände schwach! Du hast dein Können schon in der Kindheit in Oblomowka, inmitten von Tanten, Kinderfrauen und Dienern eingebüßt. Du hast zuerst die Strümpfe nicht anzuziehen verstanden und hast damit geendet, daß du nicht zu leben verstehst.«
    »Das alles mag wahr sein, Andrej. Man kann aber nichts dagegen tun und das Leben nicht von vorne beginnen!« sagte Ilja, entschlossen aufseufzend.
    »Wieso kann man es nicht wieder beginnen!« entgegnete Stolz ärgerlich. »Welch ein Unsinn! Höre mir zu und tue, was ich sage, dann kannst du wieder zu leben beginnen!«
    Aber Stolz fuhr allein aufs Gut, und Oblomow blieb da und versprach, im Herbste hinzukommen.
    »Was soll ich Oljga sagen?« fragte Stolz Oblomow vor der Abreise.
    Oblomow senkte den Kopf und schwieg traurig; dann seufzte er.
    »Sag ihr nichts von mir!« antwortete er endlich verlegen. »Sag, daß du mich nicht gesehen und von mir nichts gehört hast ...«
    »Sie glaubt es nicht.«
    »Nun, dann sag ihr, daß ich zugrunde gegangen, gestorben und verschwunden bin ...«
    »Dann wird sie weinen und lange nicht zu trösten sein. Warum sollte man sie denn traurig machen?«
    Oblomow dachte gerührt nach; seine Augen waren feucht.
    »Nein, gut; ich werde lügen und ihr sagen, daß du in der Erinnerung an sie lebst«, schloß Stolz, »und nach einem ernsten, wahren Lebensziel suchst. Merke dir, daß das Leben selbst und die Arbeit das Ziel des Lebens ist, nicht aber ein Weib. Darin habt ihr euch beide geirrt. Wie froh sie sein wird!«
    Sie verabschiedeten sich voneinander.

Drittes Kapitel
    Tarantjew und Iwan Matwejewitsch trafen sich nach dem Iljatage wieder in der Kneipe.
    »Tee!« bestellte Iwan Matwejewitsch düster, und als der Kellner Tee und Rum brachte, schob er ihm ärgerlich die Flasche hin. »Das ist kein Rum, sondern es sind Nelken!« sagte er, nahm aus der Manteltasche seinen eigenen Rum heraus und ließ den Kellner diesen riechen.
    »Komm mir also nicht mehr mit deiner Flasche!« bemerkte er.
    »Was, Gevatter, es steht schlecht!« sagte er, als der Kellner fort war.
    »Ja, der Teufel hat ihn hergebracht!« entgegnete Tarantjew wütend. »Was für ein Schurke dieser Deutsche ist! Er hat die Vollmacht vernichtet und das Gut gepachtet! Das ist unerhört! Er wird sein Schäfchen aber gehörig ins trockene bringen.«
    »Ich fürchte, Gevatter, daß, wenn er sich in der Sache auskennt, dabei etwas herauskommen kann. Wenn er erfährt, daß die Abgaben eingesammelt sind und daß wir das Geld erhalten haben, kann er womöglich noch einen Prozeß anfangen ...«
    »Gleich einen Prozeß! Bist du aber ängstlich geworden, Gevatter! Es ist nicht das erstemal, daß Satjortij seine Finger nach fremdem Gelde ausstreckt, er versteht es, seine Spuren zu verwischen. Ich glaube, er gibt den Bauern keine Quittungen; er nimmt ihnen das Geld wohl unter vier Augen ab. Der Deutsche wird sich ärgern, wird schimpfen, und damit basta. Und du denkst gleich an einen Prozeß!«
    »Glaubst du wirklich?« fragte Muchojarow, Mut fassend, »nun wollen wir trinken.«
    Er schenkte sich und Tarantjew Rum ein.
    »Manchmal glaubt man, daß man auf der Welt gar nicht leben kann, wenn man aber trinkt, geht es doch noch weiter!« tröstete er sich.
    »Mache unterdessen Folgendes, Gevatter«, fuhr Tarantjew fort, »stelle irgendwelche Rechnungen auf, welche du willst, für Holz, für Kraut, nur für irgend etwas, Oblomow hat ja jetzt die Wirtschaft deiner Schwester übergeben, und füge die Summe den übrigen Ausgaben an. Und wenn Satjortij kommt, werden wir sagen, daß er so und so viel Abgabegelder gebraucht hat und daß wir damit die Ausgaben für Oblomow gedeckt haben.«
    »Wenn er aber die Rechnungen nimmt und sie dem Deutschen zeigt, dann könnte die Sache doch ans Licht kommen ...«
    »Aber nein! Er steckt sie irgendwohin, und der Teufel selbst findet sie dann nicht. Und bis der Deutsche kommt, ist alles längst vergessen ...«
    »Wirklich? Trinken wir, Gevatter«, sagte Iwan

Weitere Kostenlose Bücher