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Oblomow

Oblomow

Titel: Oblomow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Gontscharow
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nicht inmitten des Alltaglebens; wo Not und Elend ist, hat man keinen Sinn dafür; die Menge schreitet hin, ohne diesen Nebel der Zweifel und die Bangigkeit der Fragen zu kennen ... Wer ihnen aber rechtzeitig begegnet, sieht in ihnen nicht etwas Zermalmendes, sondern begrüßt sie als liebe Gäste.«
    »Man wird damit aber nicht fertig; sie erzeugen Traurigkeit und Gleichgültigkeit ... fast allem gegenüber ...« fügte sie unschlüssig hinzu.
    »Dauert das denn lange? Dann erfrischen sie das Leben. Sie führen zu einem Abgrund hin, den man über nichts befragen kann, und rufen dem übrigen Leben gegenüber größere Liebe hervor ... Sie fordern schon erprobte Kräfte zum Kampf mit sich heraus, wie um sie nicht einschlafen zu lassen ...«
    »Sich mit Nebeln, mit Visionen abzuquälen« klagte sie, »alles ist licht, und plötzlich fällt ein dünner Schatten auf das Leben hin! Gibt es denn kein Mittel dagegen?«
    »Es gibt schon welche: im Leben eine Stütze haben! Wenn man aber keine hat, dann ist das Leben auch ohne diese Fragen unerträglich!«
    »Was soll man denn tun? Sich dieser Stimmung hingeben und trauern?«
    »Nichts«, sagte er, »sich mit Festigkeit waffnen und geduldig und beharrlich seinen Weg verfolgen. Wir sind keine Titanen«, fuhr er fort und umarmte sie, »wir werden nicht mit Manfred und Faust zugleich einen kühnen Kampf mit quälenden Fragen beginnen, wir werden die Herausforderung nicht annehmen, sondern das Haupt neigen und den schweren Augenblick demütig ertragen, und dann lächelt wieder das Leben, das Glück und ...«
    »Und wenn das niemals aufhört, wenn die Traurigkeit immer und immer mehr quält? ...« fragte sie.
    »Was dann? Wir nehmen sie als ein neues Element des Lebens auf ... Aber das ist unmöglich, das kann bei uns nicht eintreffen! Das ist nicht deine Traurigkeit, sondern die allgemeine Krankheit der Menschheit. Dich hat nur ein Tropfen davon genetzt ... Das alles ist furchtbar, wenn der Mensch sich vom Leben abwendet ... wenn er keine Stütze besitzt. Aber wir ... Wollen wir hoffen, daß diese Traurigkeit das ist, wofür ich sie halte, und kein Symptom einer Krankheit ... das wäre weit schlimmer. Das wäre ein Unglück, das mich schutzlos und kraftlos vorfände ... Wie könnten aber Nebel, Traurigkeit, Zweifel, Fragen uns unseres Glückes berauben und unsere ...«
    Er sprach nicht zu Ende, sie stürzte sich wie wahnsinnig in seine Arme und erstarrte für einen Augenblick wie eine Bacchantin in leidenschaftlicher Selbstvergessenheit, indem sie seinen Hals mit den Armen umschlang.
    »Weder Nebel noch Traurigkeit noch Krankheit, nicht einmal der Tod! ...« flüsterte sie begeistert, wieder glücklich, beruhigt und froh. Ihr schien, sie hätte ihn noch nie so leidenschaftlich geliebt wie in diesem Augenblick.
    »Sieh dich vor, daß das Schicksal dein Murren nicht hört«, schloß er mit der abergläubischen Bemerkung, die zärtliche Sorge ihm eingab, »und nicht für Undankbarkeit hält! Es liebt nicht, daß seine Gaben nicht geschätzt werden. Bis jetzt hast du das Leben nur beobachtet, du wirst es aber noch selbst auskosten ... Warte, bis es sich vor dir entrollt und Leid und Arbeit beginnen ... Wenn sie aber beginnen, dann hat man für solche Fragen keine Zeit ... Schone deine Kräfte!« fügte Stolz leise, wie im Selbstgespräch als Antwort auf ihren leidenschaftlichen Ausbruch hinzu. In seinen Worten erklang Traurigkeit, als sehe er in der Ferne schon »Leid und Arbeit«.
    Sie schwieg, für den Augenblick durch den traurigen Klang seiner Stimme betroffen. Sie glaubte ihm grenzenlos, sie glaubte auch seiner Stimme. Sein Sinnen steckte auch sie an, sie sammelte ihre Gedanken und wandte sich ganz ihrem Innern zu. Sie schritt, sich auf ihn stützend, mechanisch, langsam und in tiefes Schweigen versenkt, durch die Allee. Sie blickte, ihrem Gatten folgend, ängstlich in die Ferne des Lebens, dorthin, wo seinen Worten nach die Zeit der »Prüfungen« beginnen würde und wo »Leid und Arbeit« sie erwarteten. Sie träumte einen anderen Traum, nicht von der blauen Nacht; sondern ihr eröffnete sich ein neuer Abschnitt des Lebens, nicht mehr der durchsichtig klare, festliche, in der Stille, inmitten der grenzenlosen Fülle, allein mit ihm ... Nein, sie sah dort eine Kette von Verlusten, von Entbehrungen, von mit Tränen benetzten, unvermeidlichen Opfern, ein Leben des Fastens und des unfreiwilligen Entsagens der vom Müßiggang erzeugten Launen – Stöhnen und Weinen, die neue,

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