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Oblomow

Oblomow

Titel: Oblomow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Gontscharow
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ungeduldig. »Man muß mit ihm energisch vorgehen, ihn in den Wagen setzen und fortführen. Wir übersiedeln ja jetzt auf unser Gut; er wird in der Nähe sein ... nehmen wir ihn mit.«
    »Was für Sorgen er uns macht!« sagte Andrej, im Zimmer auf und ab gehend. »Das nimmt kein Ende!«
    »Wird dir das lästig?« sagte Oljga. »Das ist mir neu! Ich höre dich zum ersten Male darüber murren.«
    »Ich murre nicht«, antwortete Andrej, »sondern ich überlege es mir.«
    »Woher kommt denn dieses Überlegen? Du hast dir selbst eingestanden, daß das alles langweilig und lästig ist, ja?«
    Sie blickte ihn forschend an. Er schüttelte verneinend den Kopf.
    »Nein, es ist nicht lästig, sondern unnütz; das fällt mir manchmal ein.«
    »Sprich nicht so!« unterbrach sie ihn. »Sonst werde ich wieder wie vorige Woche den ganzen Tag daran denken und traurig sein. Wenn in dir die Freundschaft zu ihm erloschen ist, mußt du diese Sorge aus Liebe zur Menschheit tragen. Wenn du müde wirst, gehe ich selbst hin und komme ohne ihn nicht zurück; meine Bitten werden ihn rühren; ich fühle, daß ich bitterlich weinen werde, wenn ich ihn leblos und tot sehe! Vielleicht werden die Tränen ...«
    »Ihn ins Leben zurückrufen, glaubst du?« fragte Andrej.
    »Nein, sie werden ihn nicht zu irgendeiner Tätigkeit antreiben, vielleicht werden sie ihn aber wenigstens dazu bringen, um sich zu schauen und sein Leben mit etwas Besserem zu vertauschen. Er wird nicht mehr in einem Sumpf stecken, sondern mit uns, mit seinesgleichen zusammen sein. Ich habe mich damals nur zu zeigen gebraucht, und er ist in einem Augenblick erwacht und hat sich geschämt ...«
    »Vielleicht liebst du ihn noch wie einst?« fragte Andrej scherzend.
    »Nein!« sagte Oljga ernsthaft und sinnend, als blicke sie in die Vergangenheit zurück. »Ich liebe ihn nicht wie früher, aber es ist etwas in ihm, was ich liebe, dem ich, wie mir scheint, treu geblieben bin und das ich nicht wie manche andere vergessen werde ...«
    »Wer sind denn diese anderen? Sag, du giftige Schlange, beiße, stich. Meinst du mich? Du irrst dich. Und wenn du die Wahrheit wissen willst, werde ich dir sagen, daß ich dich gelehrt habe, ihn zu lieben, und beinahe etwas Schönes angerichtet habe. Ohne mich würdest du an ihm vorübergehen, ohne ihn zu beachten. Ich habe dich aber darauf hingewiesen, daß er nicht weniger Verstand als die anderen besitzt, daß dieser nur verborgen, mit allerlei Unrat verschüttet ist und im Müßiggang schlummert. Willst du, daß ich dir sage, warum er dir teuer ist und warum du ihn liebst?«
    Sie nickte bejahend mit dem Kopf.
    »Weil er etwas besitzt, das wertvoller als jeder Verstand ist, ein ehrliches, treues Herz! Das ist sein natürlicher Schatz, den er unversehrt durchs Leben getragen hat. Er hat sich von Stößen umwerfen lassen, ist erkaltet und ist endlich vernichtet, enttäuscht, ohne Kraft zu leben eingeschlafen, ohne seine Ehrlichkeit und Treue zu verlieren. Sein Herz hat nie einen falschen Ton von sich gegeben und hat keinen Schmutz in sich aufgenommen. Keine noch so glänzende Lüge wird ihn betören und ihn auf einen falschen Weg locken; wenn um ihn herum ein ganzer Ozean von Schmutz und Bösem wogt, wenn die ganze Welt von Gift erfüllt wird und eine verkehrte Richtung einschlägt, wird Oblomow doch nie den Götzen der Lüge anbeten, und in seiner Seele wird er stets rein und licht ausschauen ... Das ist eine kristallähnliche, durchsichtige Seele; es gibt wenig solche Menschen, sie sind selten, es sind die Perlen der Menge! Sein Herz ist unbestechlich; man kann sich auf ihn stets und überall verlassen. Darum bist du ihm treu geblieben, und darum wird die Sorge um ihn mir nie zur Last fallen. Ich habe viele Menschen mit glänzenden Eigenschaften gekannt, ich bin aber niemals einem reineren, lichteren und einfacheren Herzen begegnet; ich habe viele geliebt, aber niemand so unwandelbar und treu wie Oblomow. Wenn man ihn erkannt hat, kann man ihn nicht mehr zu lieben aufhören. Ist es so? Habe ich's erraten?«
    Oljga schwieg, indem sie ihre Augen auf die Arbeit senkte. Andrej vertiefte sich in seine Gedanken.
    »Ist denn das noch nicht alles? Was denn noch? Ach! ...« fügte er dann, sich aufrüttelnd lustig hinzu, »ich habe ganz die ›taubenhafte Zärtlichkeit‹ vergessen ...«
    Oljga lachte, warf ihre Arbeit fort, lief an Andrej heran, umschlang seinen Hals mit den Armen, blickte ihm ein paar Minuten lang mit ihren strahlenden Augen ins Gesicht,

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