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Oblomow

Oblomow

Titel: Oblomow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Gontscharow
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Ich soll auf irgendeinem Berg wohnen und nach Ägypten oder nach Amerika reisen ...«
    »Was ist denn dabei?« sagte Stolz kaltblütig. »Du wirst in zwei Wochen in Ägypten und in drei Wochen in Amerika sein.«
    »Aber Bruder Andrej, auch du? Es hat bisher einen einzigen vernünftigen Menschen gegeben, aber auch dieser ist von Sinnen. Wer reist denn nach Amerika und nach Ägypten? Die Engländer sind schon vom Herrgott dementsprechend erschaffen worden; sie haben außerdem keinen Platz bei sich zu Hause. Wer fährt denn aber von uns hin? Irgendein Verzweifelter, dem das Leben nichts wert ist!«
    »Man könnte wirklich glauben, daß das Heldentaten sind; man steigt in einen Wagen oder ins Schiff, atmet frische Luft ein, sieht fremde Länder, Städte, Sitten und alle Wunder ... ach du! Nun sag, was ist's mit deinen Angelegenheiten, wie steht's in Oblomowka?«
    »Ach! ...« sagte Oblomow, mit einer verzweifelten Handbewegung.
    »Was ist geschehen?«
    »Das Leben macht sich fühlbar!«
    »Gott sei Dank, daß es so ist!«
    »Wieso, Gott sei Dank? Wenn es einem immer den Kopf streicheln wollte; es läßt mich aber nicht in Ruhe, so wie in der Schule die Raufbolde den ruhigen Schüler necken, ihn bald heimlich kneifen oder plötzlich von vorne heranstürmen und mit Sand bestreuen ... ich hält's nicht aus!«
    »Du bist auch zu ruheliebend. Was ist denn geschehen?«
    »Ein zwiefaches Unglück.«
    »Was denn für eins?«
    »Ich bin ganz zugrunde gerichtet!«
    »Wieso?«
    »Ich werde dir vorlesen, was der Dorfschulze schreibt ... Wo ist der Brief? Sachar! Sachar!«
    Sachar fand den Brief. Stolz durchflog ihn und lachte, wahrscheinlich über den Stil des Dorfschulzen.
    »Was der Dorfschulze für ein Schuft ist!« sagte er. »Er hat die Bauern fortgelassen und beklagt sich noch! Es wäre am besten, ihnen die Pässe zu geben und sie, wohin sie wollen, ziehen zu lassen.«
    »Aber ich bitte dich, da werden ja alle fortwollen«, entgegnete Oblomow.
    »Laß sie nur fort!« sagte Stolz sorglos. »Derjenige, dem das Bleiben angenehm und einträglich ist, geht nicht fort; wenn das aber nicht der Fall ist, dann ist's auch für dich nicht einträglich; wozu ihn also halten?«
    »Was du dir ausdenkst!« sagte Ilja Iljitsch. »Die Bauern in Oblomowka sind ruhig und seßhaft; warum sollen sie sich herumtreiben? ...«
    »Weißt du denn nicht«, unterbrach ihn Stolz, »daß man in Werchljowo einen Hafen einrichten will und eine Landstraße geplant wird, so daß Oblomowka von der Chaussee nicht weit entfernt sein wird, und in der Stadt wird man einen Jahrmarkt abhalten ...«
    »Ach du mein Gott!« sagte Oblomow. »Das hat noch gefehlt! Oblomowka war so ruhig abseits gelegen, und jetzt kommt ein Jahrmarkt, eine Chaussee! Die Bauern werden in die Stadt gehen, und die Kaufleute werden zu uns kommen – alles ist verloren! Es ist ein Unglück!«
    Stolz lachte.
    »Wieso, ist denn das kein Unglück?« sprach Oblomow weiter. »Von den Bauern hat man früher weder Gutes noch Schlechtes gehört, sie haben ihre Arbeit getan und haben nirgends hin wollen; und jetzt werden sie verdorben werden! Sie werden sich Tee, Kaffee, Sammethosen, Harmonikas und Schmierstiefel anschaffen ... es wird dabei nichts Gutes herauskommen!«
    »Ja, wenn es so ist, wird natürlich nichts Gutes dabei herauskommen«, bemerkte Stolz. »Richte aber im Dorfe eine Schule ein ...«
    »Ist es nicht zu früh?« sagte Oblomow. »Die Bildung schadet dem Bauer; wenn man ihn lernen läßt, wird er vielleicht gar nicht pflügen wollen ...«
    »Die Bauern werden doch dann lesen, wie sie pflügen müssen, du komischer Kauz! Aber höre einmal ernstlich: Du mußt in diesem Jahre selbst auf dem Gute sein.«
    »Ja, das ist wahr; aber mein Plan ist noch nicht ganz fertig ...« bemerkte Oblomow schüchtern.
    »Du brauchst ihn ja gar nicht!« sagte Stolz. »Fahre nur hin; du wirst an Ort und Stelle sehen, was zu tun ist. Du arbeitest schon so lange an dem Plan; ist's möglich, daß noch nicht alles fertig ist? Was machst du denn?«
    »Ach Bruder! Habe ich denn nur mit dem Gut zu tun? Und mein zweites Unglück?«
    »Was für eins denn?«
    »Man jagt mich aus der Wohnung hinaus.«
    »Wieso jagt man dich hinaus?«
    »Man sagt mir, ich soll ausziehen und sonst nichts.«
    »Nun also!«
    »Was also? Ich habe mir den Rücken und die Seiten abgewetzt, soviel wälze ich mich vor Sorgen hin und her. Ich bin ja allein; es ist bald das eine, bald das andere notwendig; ich muß die Rechnungen durchsehen, hier

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