Obsession (German Edition)
und betrachte ihn noch einmal gründlicher. Er hält meinem Blick stand, wie ich positiv registriere, seine innere Kraft scheint stärker als ich zuerst dachte. Kein Junge, der sich leicht einschüchtern lässt.
»Aha ...«, grinse ich mit einem fiesen Gesichtsausdruck, denn so einfach will ich die beiden nicht davon kommen lassen. »Dann meldet euch doch am besten gleich beide bei Shahin ...« Mit diesen Worten öffne ich ihnen demonstrativ die Toilettentür und deute auf den dunklen Gang davor, gewähre ihnen den Vortritt. ›Der hat sicher für alles Verständnis‹, denke ich und kann mir ein Lächeln nicht verkneifen. Zum Glück ist nichts passiert.
53
Shahin
Als ich aufschaue, sehe ich Fabrice, wie er um die Ecke schleicht. Ich winke ihn sofort zu mir herüber und setze ein wirklich tadelndes Gesicht auf. Aber als er dann näher kommt, wird mir klar, dass Brix diesen Job wohl schon übernommen hat. Fabrice hat die Schultern hochgezogen und sieht so aus, als würde er jeden Moment losheulen – oder die Flucht ergreifen. Direkt hinter ihm geht ein Typ, den ich nicht kenne, der aber sicher der Grund für Fabrice’ Verschwinden war. Wie auch immer, Fabrice hätte sich bei uns abmelden müssen – auch, wenn seine Hormone mit ihm durchgehen! Und so, wie ich Brix kenne, hat er Fabrice bestimmt schon darauf hingewiesen. Oder etwas Ähnliches, aber der Sinn ist garantiert angekommen.
Die beiden kommen also zu mir, und ich bin erstaunt, dass Fabrice’ neue Bekanntschaft sich diesem Gespräch stellt. Denn was hat er damit zu tun? Könnte ihm doch egal sein ... Es sei denn, er ist genauso verknallt wie Fabrice ... auch etwas, das mir gerade klar wird.
»Shahin«, beginnt Fabrice und schluckt. Seine Augen irren unruhig durch den Raum. »Brix hat gesagt, ich soll mich bei dir melden ...«
Ich nicke und sehe ihn ernst an, was dazu führt, dass sich seine Augen mit Tränen füllen. Aber er blinzelt sie tapfer weg. Wahrscheinlich will er sich die Peinlichkeit ersparen, vor dem anderen Typen herumzuflennen.
»Ich denke, wir hatten eine Absprache, Fabrice«, beginne ich sachlich.
Er nickt. »Es tut mir leid, ich ... ich habe daran überhaupt nicht mehr gedacht! – Bitte, du willst mich doch nicht rausschmeißen?!«
Ich verdrehe die Augen und hoffe, dass er nicht gleich noch vor mir auf die Knie fällt. Die Aufmerksamkeit der Kollegen ist uns jedenfalls jetzt schon sicher. »Bitte, Shahin ... ich habe wirklich nicht nachgedacht. Es tut mir leid!«
Ich lege die Stirn in Falten. »Rausschmeißen, hm? Meinst du aus dem Job oder aus unserer Wohnung?«
Fabrice’ Kiefermuskeln beginnen, verdächtig zu zucken, da schaltet sich der Typ neben ihm ein. »Ich wollte Fabrice nicht in Schwierigkeiten bringen«, erklärt er. »Aber ich finde es schon ein bisschen hart, ihm gleich zu kündigen.«
Ich sehe ihn an ... keine Spur von Unsicherheit. Er hat sich wohl vorgenommen, Fabrice zu verteidigen, komme, was da wolle.
»Und wer bist du?«, will ich wissen.
»René. – Ich habe Fabrice heute Abend kennengelernt und wohl ... ziemlich abgelenkt. Wenn ich gewusst hätte, dass ihr das so streng handhabt mit euren Mitarbeitern, hätte ich einfach die Finger von ihm gelassen.«
Ich bin überrascht, dass René uns – Brix und mich – offensichtlich gleich in die Kategorie »Chef« einordnet. Kluger Bursche – und er sieht verdammt gut aus. Vom Typ her ähnelt er Brix, und ich bin mir sicher, dass er auch genauso arrogant sein kann. Im Moment macht er sich allerdings nur Sorgen um Fabrice. Ein Zug, der ihn sehr sympathisch macht.
In diesem Moment kommt Brix um die Ecke. Er sieht, dass er mich ablösen soll ... und ich erhasche im Vorbeigehen einen seiner Gedanken. ›Gut, dass Du keine Kinder in die Welt setzen willst ... das wäre eine erzieherische Katastrophe‹. Ich grinse Brix an, denn wo er recht hat, hat er recht ... aber ich finde, bei ihm habe ich schon gute Arbeit geleistet.
Brix übernimmt also wieder seinen Job an der Kasse, und ich erkläre ihm kurz, dass ich die beiden in unsere Wohnung begleiten werde. Nachdem Nora sie geschützt hat, wird es dort wohl nicht besonders turbulent zugehen ... zumindest nicht im magischen Sinne. Also, heute keine astralen Begegnungen. Außerdem möchte ich René den Sachverhalt erklären, und das kann ich hier nicht, ohne noch mehr Aufsehen zu erregen und unser Inkognito zu gefährden.
Brix nimmt das kommentarlos und mit einem Schulterzucken hin. Er
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