Obsession (German Edition)
mich gegen die Wand und redet auf mich ein. »Beruhig dich, Shahin«, bittet er. »Komm wieder zu dir, es bringt doch nichts ... wir können im Moment absolut nichts machen.«
Als ich in meiner Gestik und meinem Fluchen innehalte, lehnt er sich gegen mich und schlingt seine Arme um meinen Nacken.
Ich bin so aufgeregt, dass ich nicht bemerke, was das bedeutet, und ich habe auch allen Grund dazu. Draußen, auf dem Gang vor dem Büro diskutieren Carola, denn Markus hat diese Woche Urlaub, Brix und Sven mit dem älteren Mann, der sich als »Staatsanwalt Schlapinski« vorgestellt hat und den Kriminalhauptkommissar Siegfried Brahms von der Kriminalistischen Einsatzbereitschaft gleich mitgebracht hat, als er hörte, dass ein Mitarbeiter von uns – Martin – einen Toten in der Toilette des Untergeschosses gefunden hat. Zum Glück waren kaum noch Gäste im Haus.
Und es scheint so, als hätten die Drei absolut keine Chance, diesen Schlapinski davon zu überzeugen, dass das »Addiction« eben kein Drogenumschlagplatz ist, sondern eine ganz normale, gut geführte Diskothek für Schwule und Lesben.
Und so kommt es, wie es kommen muss, die Spurensicherung sperrt das ganze Gelände ab, und die Staatsanwaltschaft Frankfurt, vertreten durch Staatsanwalt Schlapinski, verfügt die sofortige Schließung des »Addiction« und ein unbefristetes Betriebsverbot für die Diskothek. Mit den Worten, Brix solle froh sein, dass er nichts gefunden habe, was ihm einen Grund liefere, Kneipe oder Sauna mit in die Maßnahme einzubeziehen, verlässt dieser Staatsanwalt unser Haus – und wir stehen vor dem Ruin.
Alles vorbei?
Im Moment fühle ich mich ziemlich hoffnungslos, und ich bin froh, dass Lars bei mir ist, während Brix und Sven draußen mit Brahms diskutieren. Dieser ist über die Einmischung von Sven absolut nicht glücklich und gibt ihm deutlich zu verstehen, dass er keine Rücksicht auf uns nehmen kann, solange gegen uns ermittelt wird – auch wenn Lars und Sven, denn von mir war noch keine Rede, ins »Addiction« verwickelt sind.
Und damit wir auch auf gar keinen Fall auf dumme Gedanken kommen, lässt Brahms per eilig herbeigerufenem Gerichtsvollzieher die Tür zum »Addiction« behördlich versiegeln, was für uns bedeutet, dass wir, um von draußen zu unserer Wohnung zu gelangen, in Zukunft einen der Notausgänge oder Kneipe beziehungsweise Sauna als Ein- und Ausgang benutzen müssen. Mal völlig abgesehen von der Tatsache, dass unsere Einwände, zum Beispiel die Tatsache, dass der Tote weder eine Eintrittskarte bei sich hatte, noch auf unserer Videoaufzeichnung – denn wir schneiden alles mit, was sich im Eingangsbereich tut –, zu sehen ist und sich auch keiner an dieses Gesicht erinnern kann, absolut nicht berücksichtigt werden, ist schon der zweite Mensch in oder an unserem Haus ums Leben gekommen.
Und die Schließung bedeutet definitiv ernste Schwierigkeiten für uns, mal abgesehen von dem angedrohten Strafverfahren gegen die Betreiber des »Addiction«, also gegen Brix und mich, was Lars und Sven wahrscheinlich spätestens jetzt mitbekommen haben, verdienen wir Geld mit dem Laden – und eine dauerhafte Schließung treibt uns auf jeden Fall in ernstere finanzielle Schwierigkeiten, von den Personalkosten gar nicht zu sprechen. Schließlich habe ich das Geld dafür aufgetrieben, und ich bin gewisse Verbindlichkeiten eingegangen.
Ich beruhige mich wieder, und Lars lässt mich los, blickt mich zweifelnd an.
»Oh Mann, ich habe so viele Fragen an dich«, gesteht er mir. »Irgendwie versteh ich gerade gar nichts mehr.«
Ich mache eine fahrige Bewegung in Richtung Couch, die im Büro steht, und setze mich neben ihn hin, schaue ihn fragend an. »Dann schieß los, solange wir noch Zeit dazu haben.«
Lars sieht sehr beunruhigt aus, er schaut mir in die Augen, aber ich kann seinen Blick nicht halten, sehe zu Boden, bin offenkundig nervös.
»Also«, beginnt Lars langsam, während er sich immer wieder vergewissert, dass ich ihm nicht auf dem Sofa umkippe oder so. »Was hast du nun genau mit der MH-GmbH zu tun?«
Ich lächele bitter. »MH steht für Mendelssohn und Houssaine, was bedeutet, dass das »Addiction« Brix und mir gehört.«
Lars’ Blick wird noch zweifelnder, aber er konzentriert sich weiter auf mich. »Aha. Und wie kann es dann sein, dass du so verdammt echt gewirkt hast, als wir uns neulich im Park getroffen haben?«
Ich grinse verkniffen. »Das hat damit zu tun, dass ich den Job früher mal gemacht habe,
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