Obsession (German Edition)
um mein Studium zu finanzieren.« – »Was hast du denn studiert?« – »Mathematik und Physik auf Diplom«, antworte
ich, doch ich bemerke, dass meine Antwort Lars nur noch mehr verwirrt.
»Darf ich mal ehrlich zu dir sein?«, fragt Lars.
»Klar«, ich nicke.
»Ich glaube dir absolut kein Wort. Das alles klingt so ... unglaublich, so fantastisch.«
Ich stehe wortlos auf, gehe um den Schreibtisch an den Safe, öffne ihn unter den erstaunten Augen von Lars und halte ihm den Handelsregisterauszug der »Addiction«-GmbH und den der »MH-GmbH« unter die Nase. In Letzterem stehen unsere Namen.
»Lies«, ist alles, was ich sage, während ich mein Portemonnaie zücke, ihm meinen alten Studentenausweis mit Heidelberg und später Darmstadt als eingetragenen Studienort und Exmatrikulationsvermerk »Sommersemester 2002 mit Diplom« unter die Nase halte und ihn fragend ansehe.
»Aber ...«, Lars schaut den Studentenausweis beinahe fassungslos an. »Wieso begibst du dich dann so sehr in Gefahr? Und vor allem, wieso, zum Teufel, hast du dann solche Kontakte zum LKA?«
Ich zucke mit den Schultern. »Meine Eltern, beziehungsweise Freunde meiner Eltern standen mal im Verdacht, einer muslimischen Extremistenorganisation anzugehören. Ich bin in Bad Godesberg bei Bonn zur Schule gegangen und habe dort mein Abitur gemacht. In der elften Klasse kamen irgendwann ein paar Leute in der Mittagspause, haben mich abgeholt und mir ein Angebot gemacht: Ich sollte herausfinden, was da abläuft und darüber Bericht erstatten, und man würde im Gegenzug dafür sorgen, dass ich in Deutschland bleiben dürfte. So wurde dann im Laufe der Zeit aus einer kleineren Zusammenarbeit eine feste Vereinbarung. Ich blieb als freier Mitarbeiter in den Diensten des Verfassungsschutzes, erhielt dafür die deutsche Staatsbürgerschaft und ein paar kleinere Gefallen ... die Kontakte ergaben sich dadurch von selbst. Der Verdacht gegen meine Eltern war übrigens unberechtigt, und das Ermittlungsverfahren wurde eingestellt. Als ich mich mit neunzehn Jahren bei meinen Eltern als homosexuell outete, bekam ich zu hören, ich sei nicht mehr deren Sohn und war von einem Tag auf den anderen obdach- und mittellos. Mein damaliger Führungsbeamter Horst Schmeling besorgte mir damals eine Wohnung, einen Job und den Studienplatz in Heidelberg, verbunden mit der Bitte, ein paar kleinere Erkundigungen über ein paar Kommilitonen einzuziehen. Das habe ich auch gemacht, zwar nicht gerne, aber ich hatte keine andere Wahl. Schmeling wusste das und hat mich seitdem auf meinen persönlichen Wunsch nicht wieder eingesetzt. Ich hatte mir meine Ruhe aber auch teuer erkauft und die letzten sechs Jahre sehr viel selbst erledigt. Sogar meine Cousins, meine Brüder und mein Onkel, die mich in Heidelberg in der Fußgängerzone zusammen- und krankenhausreif geschlagen hatten, weil ich schwul bin, habe ich alleine dazu gebracht, mich in Ruhe zu lassen. Bis jetzt hat mein Traum von der Freiheit auch gut funktioniert ...« – »Aber warum hast du dann diesen Blittersberg angerufen?«
Ich zucke wieder mit den Schultern. »Weil ich die Wahl hatte, entweder die Situation entgleisen zu lassen, denn diese war mir zu diesem Zeitpunkt viel zu heikel und vor allem viel zu gefährlich geworden, oder aber noch rechtzeitig Hilfe zu besorgen. Und dann habe ich mich für das entschieden, was ich besser mit meinem Gewissen vereinbaren konnte.« Ich schweige, lehne mich zurück, schließe die Augen.
Lars kommt zu mir. »Setz dich am besten wieder«, schlägt er mit leiser Stimme vor und führt mich zur Couch zurück.
Ich folge ihm willenlos, setze mich, lasse es zu, dass er mich hält. »Kannst du bitte Brix rufen?«, frage ich ihn mit matter Stimme.
»Okay«, flüstert Lars, steht auf, geht zur Tür und öffnet diese. »Brix, kannst du bitte mal kommen? Ich glaube, Shahin geht es nicht so gut.«
Er öffnet die Tür und tritt heraus. »Sven, ich muss mal dringend mit dir reden.«
Dann kommt Brix zu mir und nimmt mich in den Arm. »Ganz ruhig, Hase«, flüstert er mir zu, und ich lehne mich an, genieße seine Vertrautheit und die Tatsache, dass ich nicht mehr alleine bin, mich festhalten und einfach nur ausruhen kann. Zeit zum Nachdenken habe ich später.
Nach einer ganzen Weile klopft es draußen an der Tür. Brix streichelt mir über die Wange, steht dann auf und öffnet die Tür, tritt zur Seite, damit Lars und Sven hereinkommen können.
»Wenn ihr beide wollt«, schlägt Sven mit ernstem
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