Obsession (German Edition)
– und Letzteren so, dass Brix nicht einmal den Hauch einer Ahnung bekommt, was ich mir für ihn erdacht habe.
Aber es ist gar nicht so schwer, genügend gut aussehende Männer zusammen zu bekommen, die sich zugunsten der AIDS-Hilfe versteigern lassen. Dazu noch ein paar Szenepromis wie Norbert vom »Engel«, Brix vom »Addiction« und Peter Markstein, Stadtverordneter und Mitglied der CDU-Fraktion im Römer, die das Angebot verfeinern, und schließlich ein paar hochgebildete Künstler, Tänzer und Uniprofessoren, die mir Jakob vermittelt. Insofern alles kein Problem. Das Einzige, was mich wurmt, ist, dass die spanische Polizei bis heute jegliche Kooperation mit uns abgelehnt hat. Die Tatsache, dass wir ihnen die vermutlichen Täter auf dem Silbertablett präsentieren können, wird von der zuständigen Polizeipräfektur schlicht und einfach ignoriert, während man sich dort erfolglos auf Ermittlungen im persönlichen Umfeld von Ferdinand beschränkt.
Wie vereinbart, hinterlege ich ein Ticket für Ducky im Reisebüro und verabrede mit ihm für kommenden Samstag eine Zeit, zu der ich ihn am Frankfurter Flughafen, Terminal eins, am Company-Meeting-Point direkt gegenüber Ausgang B, abholen werde.
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Shahin
Natürlich habe ich die sich bietende Gelegenheit genutzt, viel zu früh zum Flughafen zu fahren. Ich bin gerne an Flughäfen, sie haben für mich eine ganz besondere Ausstrahlung vom Duft der großen weiten Welt. Es sind Momente, in denen mich das Fernweh packt, und für einen winzigen Moment überlege ich mir, ob ich nicht die fünftausend Euro, die ich bei mir trage, lieber nutze, um mir ein Flugticket zum Beispiel nach Kuba zu kaufen.
Aber dieser Gedanke verblasst schnell wieder, denn Brix sitzt zu Hause, und der hat Angst vorm Fliegen – weswegen mein Traum von Südamerika wohl nur per Schiff möglich sein wird.
›Wobei, so eine Kreuzfahrt hätte auch was für sich‹, schmunzele ich, während ich auf der Besucherterrasse stehe und den startenden und landenden Maschinen zusehe. Die »Latte macchiato«, die ich mir im Bistro in der Ankunftsebene gönne, schmeckt wie in Italien, und so hätte ich vor lauter Träumen beinahe die Landung der Maschine aus Berlin verpasst, in der Ducky sitzt. Zum Glück bekomme ich den Aufruf mit und schaffe es gerade noch rechtzeitig, am Company-Meeting-Point zu sein, bevor sich bereits die Türen der Gepäckabfertigung öffnen und die ersten Passagiere herauskommen.
Ich setze mich auf eine der Bänke aus grauem Stahlrohr, die um die meterbreite Säule gruppiert sind, presse meine Fingerspitzen aufeinander und fixiere die Schiebetüren, aus denen ... beziehungsweise aus einer von denen ... Ducky hoffentlich möglichst spät herauskommen soll – wie gesagt, ich sauge die Atmosphäre des Flughafens förmlich in mich auf, als sich meine Nackenhaare aufstellen.
Dieses Gefühl ist so absolut untypisch für mich, dass es mich in höchste Alarmbereitschaft versetzt, denn es ist mein untrüglicher Sinn für Gefahr. Langsam lehne ich mich zurück und mustere die Reisenden in meiner unmittelbaren Nähe, vorsichtig und total unauffällig, fast schon zurückhaltend. Aber hier ist nichts, das diesen Zustand hätte hervorrufen können!
Kurz bevor ich mich selbst für verrückt erklärt hätte, sehe ich, weshalb meine Intuition so extrem reagiert hat. Keine drei Meter rechts von mir, ein wenig verdeckt durch das Telefon, mit dem Reisende hier bei Fragen die Information anrufen können, steht ein mittelgroßer Mann, schätzungsweise dreißig, auf den die Umschreibung »Muskelprotz mit Spatzenhirn« gut zutreffen würde. Er trägt eine blaue Jogginghose und ein weißes Muskelshirt mit roter Naht, das seine Formen kaum bändigen kann. Das erreicht man nicht mit Training, weiß ich, da hat jemand Mutter Natur etwas nachgeholfen und Steroide oder Anabolika gespritzt ... aber so extrem, dass der Typ vor lauter Kraft vermutlich kaum richtig laufen kann. Auf seinem breiten Kopf, den er kahl geschoren hat, thront eine Ray-Ban-Sonnenbrille, der man das billige Imitat schon auf drei Meter ansieht. Seinen Mund umspielt ein brutaler, grausamer Zug, doch meine Irritation rührt nicht vom Äußeren dieses Mannes. Nicht direkt jedenfalls. Was mich so wahnsinnig aus dem Konzept gebracht hat, ist die Kette aus silbernen Gliedern, die dieser Typ um den Hals trägt. Und der goldschwarze Skarabäus, der daran baumelt. Außerdem hat der Kerl eine unheimliche
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