Obsession
gerne klarstellen, dass ...»
«Mr. Carlisle», unterbrach Rogers ihn, «es wird mit Sicherheit geklärt werden müssen, warum Mrs. Coles Vergangenheit übersehen worden ist, aber das ist nicht der |355| Zweck dieser Sitzung. Wir wollen hier einschätzen, wie die gegenwärtige Situation ist und wie damit umgegangen werden soll,
und uns nicht gegenseitig die Schuld zuweisen oder Ausreden erfinden.»
Carlisle schien etwas entgegnen zu wollen, doch der Mann, in dem Usherwood seinen Amtsleiter vermutet hatte, legte eine Hand
auf seinen Arm und hielt ihn zurück.
«Entschuldigen Sie uns.»
Sie tauschten sich kurz im Flüsterton aus. Dann lehnte sich Carlisle errötet zurück. Er sah aus, als hätte er in eine Zitrone
gebissen. Ben spürte eine gewisse Schadenfreude.
Doch als der Sozialarbeiter die Ergebnisse ihrer Nachforschungen beschrieb, konnte er spüren, dass Cole ihn anstarrte. Sein
Blick war magnetisch. Es bedurfte einer körperlichen Anstrengung, nicht in seine Richtung zu schauen, dabei wollte Ben seinen
Blick in diesem Moment gar nicht erwidern. Er merkte nicht einmal, dass er den Ausführungen nicht mehr zuhörte, bis ihn der
Klang seines eigenen Namens aus der Versenkung riss.
«Würden Sie uns die gerne näher erklären, Mr. Murray?»
Ben sah Rogers für einen kurzen Augenblick verwirrt an. Sie hielt Kopien der Fotos hoch, die er von Jacob und Cole gemacht
hatte. Als er sich umschaute, sah er, dass ihn jeder erwartungsvoll betrachtete. Oder fast jeder. Sandra saß noch immer vornübergebeugt
auf ihrem Stuhl.
Und Cole fixierte ihn sowieso die ganze Zeit mit seinem leeren Blick.
Er spürte ihn wie eine Last, als er stockend beschrieb, was er im Garten gesehen hatte.
«Wenn Sie besorgt waren, warum haben Sie sich dann nicht gleich an das Jugendamt gewandt, bevor Sie anfingen, die Fotos zu
machen?», fragte Rogers irgendwann.
|356| «Es war sinnlos. Ich hatte es bereits versucht.» Er schaute zu Carlisle. «Ich wusste, dass mir niemand glauben würde.»
«Und Sie hielten es auch nicht für angebracht, Ihre Bedenken Mr. Cole gegenüber zu äußern?»
«Er hatte mich bereits gewarnt, was passieren würde, wenn ich ihm erneut unter die Augen treten sollte», sagte Ben. «Und als
ich wieder bei ihm war, hat er mich zusammengeschlagen und seinen Hund erschossen.»
Darauf kam es zu einem kleinen Aufruhr unter den Anwesenden, Coles Anwalt protestierte, doch Ben hörte nicht zu. Er zwang
sich, Coles starrem Blick standzuhalten.
In diesen Augen sah er seinen Tod.
Während der Beratung mussten sie den Raum verlassen. Man hatte die Wahl, entweder draußen auf dem Gang oder in einem angrenzenden
Vorzimmer zu warten. Ben zögerte, bis sich die Coles und ihr Anwalt für das Vorzimmer entschieden hatten, und ging dann hinaus
auf den Gang. Usherwood begleitete ihn. Sie unterließ jede Spekulation, wofür er dankbar war. Er holte für beide Kaffee aus
einem Automaten, dann saßen sie schweigend da.
Bevor sie hinausgegangen waren, hatte Rogers Cole gefragt, ob er etwas sagen wollte. «Vielleicht möchten Sie sich zu den bisherigen
Ausführungen äußern oder etwas hinzufügen, ehe wir zu einer Entscheidung über Jacob kommen.»
Er hatte sich zu ihr umgedreht und sie angeschaut. «Steven. Er heißt Steven.»
Mehr hatte er nicht gesagt.
Als Ben bei seinem dritten Kaffee war, wurden sie zurück in den Sitzungssaal gerufen. Er stellte den Plastikbecher unter die
Bank und sagte sich beim Aufstehen, dass er nur |357| durch das Koffein so zitterte. Die Coles saßen schon am Tisch, als er und Usherwood eintraten. Er nahm Platz und spürte, dass
Cole ihn bereits wieder anstarrte. Sandra vermied noch immer jeden Blickkontakt. Ihre Augen waren rot und geschwollen, und
sie knabberte an ihrem Daumennagel.
Rogers wartete, bis sich jeder hingesetzt hatte. «Wir haben die Situation besprochen und können nun auf der Grundlage der
Informationen, die wir gehört haben, Empfehlungen für einen Sorgeplan aussprechen. Obwohl Mrs. Coles Vergangenheit in Betracht gezogen werden muss, sind wir bereit zu akzeptieren, dass die Vorgänge vor zwölf Jahren nicht
unbedingt eine Auswirkung auf ihre gegenwärtige Familiensituation haben müssen. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass Jacob ...», sie schien seinen Namen mit Nachdruck zu betonen, «... vorsätzlich physische Schädigungen erlitten oder in Zukunft zu befürchten hat. Aufgrund seiner besonderen Bedürfnisse
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