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Obsession

Titel: Obsession Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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sich angewöhnt,
     ihre morgendlichen Tiraden zu überhören. Es war einfach ihre Art, sich auf den Tag einzustimmen.
    Während er in einer Schublade nach einem Schraubenzieher suchte, polterte sie durch das Atelier. «Na großartig! Wir |74| haben keine Milch mehr!» Die Kühlschranktür wurde zugeschlagen. «Haben sie angerufen und gesagt, wann die Klamotten vorbeigebracht
     werden? Wie spät ist es? Halb elf? Scheiße, sie hätten längst hier sein müssen! Wo ist die verdammte Nummer?»
    Der Wortschwall und die Flüche wirkten im Grunde beruhigend auf Ben. Nach all den Problemen, in denen er steckte, waren sie
     wie ein Balsam der Normalität. Als er nach Sarahs Tod zum ersten Mal wieder ins Atelier gegangen war, hatte Zoe ihm verlegen
     ihr Beileid ausgesprochen und war dann herumgeschlichen, als könnte ihn das kleinste Geräusch erschüttern. Alle paar Minuten
     hatte sie ihm ängstliche Blicke zugeworfen, bis er ihr schließlich sagte, dass sie um Himmels willen damit aufhören solle.
     Sie hatte ihn verletzt und erschrocken angesehen, und Ben dachte:
Gott, bitte lass sie jetzt nicht
auch noch weinen
, denn das hätte er nicht ertragen. Dann waren ihre Wangen rot angelaufen, und sie hatte die Kleider, die sie gerade im Arm
     trug, auf den Boden geworfen.
    «Entschuldige, dass ich überhaupt atme!»
    In ihrer schlechten Laune hatte sie vergessen, dass er zu der außerirdischen Art der Hinterbliebenen gehörte, und ihn wieder
     wie einen normalen Menschen behandelt. Während er nun mit halbem Ohr zuhörte, wie Zoe die Leute verfluchte, die für die Lieferung
     der Model-Kleider verantwortlich waren, schob Ben die Schublade zu und begann, die Lampen aufzustellen.
    Gott sei gedankt dafür, dachte er inbrünstig.
     
    Kurz nach sieben Uhr hielt er vor dem Haus von Tessa und Keith an. Sie wohnten in einer Villengegend unweit der Portobello
     Road. Ein halbes Dutzend Stufen führte hinauf zu der schweren, schwarzlackierten Eingangstür. Sie wohnten |75| mittlerweile seit drei Jahren dort, und Ben fragte sich, wann sie wohl die nächste Sprosse auf der Leiter der Wohnkultur erklimmen
     würden. Lange dürfte es bestimmt nicht dauern, vermutete er angesichts von Keiths Erfolg in der Unterhaltungsbranche und Tessas
     Fähigkeit, damit hausieren zu gehen.
    Ben drückte auf die Türklingel aus poliertem Messing und gähnte, obwohl er eigentlich nicht müde war. Die Aufnahmen waren
     gut gelaufen, aber die Zufriedenheit darüber war in dem Moment verpufft, als er seine Parallelwelt aus Bildausschnitten, Licht
     und Schatten verlassen hatte und wieder in der Wirklichkeit aufgetaucht war.
    Die Tür wurde von Scott geöffnet, der Ben mit einer knappen Kopfbewegung grüßte, sich dann umdrehte und verschwand, sodass
     es Ben überlassen war, die Tür wieder zu schließen. Mit seinen neun Jahren wirkte der Junge auf ihn bereits wie ein unangenehmer
     kleiner Mistkerl, obwohl Ben nicht im Traum daran denken würde, Tessa oder Keith darauf hinzuweisen. Er vermutete, dass Keith
     es bereits wusste, während Tessa die Augen davor verschloss.
    Und natürlich habe ich selbst überhaupt keine Probleme.
    Die antiken Möbel strömten einen starken Geruch nach Bienenwachs aus, als er durch den langen, mit dickem Teppich ausgelegten
     Korridor ging. Aus irgendeinem Zimmer konnte er Keith brummend telefonieren hören. Am Ende des Korridors ging eine Tür auf,
     und Tessa kam heraus. In dem braunen, knielangen Kleid mit weißem Spitzenkragen wirkte sie, wie gewohnt, als hielte eine Zeitschleife
     sie in den Achtzigern der Laura Ashley gefangen. Als sie sein Haar sah, hielt sie inne, entschied sich dann offenbar, nicht
     darauf einzugehen, konzentrierte ihren Blick stattdessen auf sein Gesicht und setzte ihr typisches Lächeln auf.
    |76| «Wir dachten schon, du kommst nicht mehr», sagte sie heiter, doch Ben kannte sie gut genug, um den Ärger über seine Verspätung
     herauszuhören.
    «Tut mir leid. Es hat länger gedauert, als ich erwartet hatte.»
    «Ja, das haben wir uns gedacht.»
    Die überschwänglichen Hilfsangebote, die Tessa nach Sarahs Tod gemacht hatte, waren eindeutig ausgereizt. Er wusste, dass
     er für die Tage, an denen er zu beschäftigt war, um Jacob von der Schule abzuholen, bald eine andere Lösung finden musste.
     Und er konnte nur hoffen, dass es nicht zu lange dauerte, bis der Junge sich auf die Veränderung seiner täglichen Routine
     eingestellt hatte. Dann kam ihm der Gedanke, dass er sich um diese Dinge

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