Obsession
mich.»
Er verließ den Esstisch in vollem Bewusstsein, dass es |107| unhöflich war, aber er wusste auch, dass alles, was er vielleicht gesagt hätte, wenn er sitzen geblieben wäre, nur noch unhöflicher
hätte ausfallen können. Das Bad befand sich im ersten Stock. Ben schloss sich ein. Eigentlich hatte er nicht vorgehabt, seine
Blase zu erleichtern, aber wo er nun schon einmal dort war, tat er es. So hatte er wenigstens etwas zu tun, um sich von seiner
Verärgerung abzulenken. Nachdem er fertig war, klappte er die aus rosa Marmor gemachte Klobrille herunter und drückte auf
den vergoldeten Spülungsknopf. Die Hähne des Waschbeckens waren ein Paar stilisierter und vage japanisch aussehender Delphine.
Während er sich die Hände mit einem der weichen, pinkfarbenen Handtücher trocknete, musste er daran denken, wie Keiths Studentenbude
ausgesehen hatte. An Dekor hatte es lediglich Poster und leere Flaschen Newcastle Brown gegeben. Man musste nicht lange spekulieren,
wer hinter der Einrichtung des Hauses steckte.
Mit kühlerem Kopf ging er wieder nach unten. Ein Streit mit Tessa lohnte sich nicht, schon allein um Keiths willen. Und nachdem
sie ihm in den letzten drei Wochen mit Jacob geholfen hatte, hatte sie wohl auch ein Recht zu fragen, wie seine Pläne aussahen.
Es war nicht ihr Fehler, dass er keine hatte.
Der dicke Orientteppich dämpfte seine Schritte, als er ins Esszimmer zurückging. Ehe er die Tür erreichte, hörte er Stimmen
von drinnen.
«... aber das ist er doch», sagte Scott gerade. «Ich verstehe nicht, warum er immer herkommen muss.»
«Das ist mir egal. Ich habe dir schon tausendmal gesagt, du sollst ihn nicht so nennen», schimpfte Tessa leise.
«Warum nicht? Er kann uns sowieso nicht verstehen.»
«Darum geht es nicht! So etwas sagt man einfach nicht.»
|108| «Na und? Er ist und bleibt ein Spasti. Und du willst ihn doch auch nicht hier haben. Ich habe gehört, wie du mit Papa geredet
hast.»
«Man belauscht andere Menschen nicht! Und ich sage es dir nicht noch einmal ...» Sie verstummte, als Ben hereinkam. «Oh.» Hastig versuchte sie, wieder ein Lächeln aufzusetzen. «Wir, äh ... wir haben nur ...»
«Ja, habe ich gehört.» Er ging zu Jacob. Der Junge hatte das Kinn auf die Brust gepresst und machte ein niedergeschlagenes
Gesicht. Ben tat es in der Seele weh, dass er dort gesessen hatte, während über ihn geredet wurde. «Komm, Jacob, Zeit, nach
Hause zu fahren», sagte er und nahm seine Hand. Er warf Scott, der mürrisch auf den Tisch starrte, einen bösen Blick zu. «Danke
fürs Essen, Tessa. Sag Keith, ich melde mich später bei ihm.»
«Ben, es gibt keinen Grund ... Ich meine, denk jetzt bitte nicht ...»
«Wir finden allein hinaus.»
Sie folgte ihm dennoch mit einem besorgten Lächeln in den Flur. «Willst du wirklich nicht zum Nachtisch bleiben?»
«Ich glaube nicht, Tessa.»
Er öffnete die Tür und ging hinaus, ehe sie noch etwas sagen konnte. Sein Golf stand ein Stückchen die Straße hinunter. Obwohl
es nicht weit war, hob er Jacob hoch und trug ihn. Am liebsten hätte er geheult. Dann musste er wieder an Tessa denken und
wurde stattdessen wütend.
Als sie am Wagen waren, setzte er Jacob ab. Und während er die Tür aufschloss, hörte er einen Ruf. Er drehte sich um und sah
Keith von seinem BMW herbeieilen. Von Tessa keine Spur.
«Wo willst du hin?», fragte Keith atemlos.
«Jacob ist müde, deshalb fahren wir nach Hause.»
|109| «Nach Hause? Ich dachte, du wolltest reden.» Er griff nach Bens Arm. «Komm schon, du kriegst einen schnellen Drink ...»
«Schon gut. Ich ruf dich an.»
Keith ließ seine Hand fallen. «Was ist los?»
«Nichts. Ich will nur Jacob nach Hause bringen, das ist alles.»
Sie schauten sich an. Keith sah zum Haus hinüber. Er schien leicht zusammenzusacken, dann straffte er seine Schultern. «Lass
uns im Wagen reden, wenn du es eilig hast.»
Jacob spielte auf dem Rücksitz mit einem Puzzle, während Ben das Treffen mit Quilley beschrieb. Als er fertig war, knetete
Keith seinen Nasenrücken. Sein Gesicht war blass und aufgedunsen. Durch sein dünnes Haar sah man die Kopfhaut. Er sieht alt
aus, dachte Ben mit einem leichten Schock.
«Tut mir leid, Ben. Wenn ich gewusst hätte, dass er solche Spielchen treibt, hätte ich ihn dir nie empfohlen.»
«Du konntest es nicht wissen.» Doch er war noch immer verärgert.
«Ich weiß, dass es nichts hilft, aber ich werde mich darum
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