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Obsession

Titel: Obsession Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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sauber, aber auch nicht richtig schmutzig. Sein Haar war länger beim letzten
     Mal, als Ben ihn gesehen hatte.
    «Ich wollte etwas mit dir unternehmen, Jacob. Hast du Lust dazu?»
    «Er heißt Steven.» Cole bückte sich und hob den Jungen hoch, als würde er nichts wiegen. Während Ben sich aufrichtete, hielt
     er ihn lässig in seiner Armbeuge. «Sie wollten ihn sehen. Das haben Sie nun.»
    «Es war vereinbart, dass ich etwas mit ihm unternehme.»
    Sandra Cole schob sich mit vor Wut verzerrter Miene vor. Das Revers ihres Bademantels war aufgegangen und entblößte ihre Brüste
     noch mehr. «Warum verschwinden Sie nicht einfach? Lassen Sie uns in Ruhe!»
    |161| «Zieh dich an», sagte Cole. Sie warf ihm einen bösen Blick zu und stürmte dann ins Haus. Eine Tür knallte.
    Ben unternahm einen neuen Versuch. «Ich habe ein Anrecht darauf, einmal im Monat Kontakt mit ihm zu haben. Das war ein Teil
     der Abmachung.»
    Cole starrte ihn an und hob dann seine freie Hand. Ben spannte sich sofort an, aber es gab keinen Schlag. Cole drehte seine
     Hand und musterte sie, während er langsam die Finger spreizte, als wären ihm die Bewegungen neu.
    «Es hat sie umgebracht», sagte er und beobachtete noch immer fast abwesend seine Hand. «Dass sie ihn verloren hat. Es hat
     sie umgebracht. Sie haben gesagt, es war ein Unfall, aber das war es nicht. Ich kannte sie. Ich hatte es kommen sehen, aber
     ich konnte nichts tun. Jeanette hat ihn neun Monate ausgetragen, geblutet und geschrien, um ihn zu gebären, und dann kommt
     irgendeine Schlampe vorbei und nimmt ihn mit, bevor sie überhaupt die Möglichkeit hat, ihn richtig zu halten.»
    Die Hand ballte sich zu einer Faust. Das Gelenk des Zeigefingers war furchtbar schwielig, in die Haut hatte sich Öl eingefärbt.
     Cole rieb mit dem Daumen darüber, was ein leichtes Kratzen erzeugte. Dann senkte er die Hand, als würde es ihn langweilen,
     und schaute wieder Ben an. Sein Blick war unerträglich.
    «Er hat sie nie kennengelernt. Seine eigene Mutter, und er hat sie nie kennengelernt. Und jetzt kennt er mich nicht. Er spricht
     nicht. Das hat Ihre Nutte ihm angetan. Sie hat mir meine Frau und mein Kind weggenommen. Sechs Jahre. So lange hatte sie ihn.
     So lange dachte ich, er wäre tot. Sechs Jahre. Und jetzt kommen Sie hierher und wollen ihn wieder wegnehmen.»
    Ben wollte ihm sagen, dass er unrecht hatte, dass er ungerecht |162| war. Aber er wusste, dass es nichts geändert hätte. Die Sichtweise des Mannes war so unnachgiebig wie sein Körper. «Das stimmt
     nicht. Ich möchte nur   ...»
    «Er will Sie nicht. Er braucht Sie nicht. Sie sind kein Teil des Systems mehr.»
    Ben hatte keine Ahnung, ob er richtig gehört hatte, er wusste nicht, worüber der Mann eigentlich sprach. «Hören Sie, es war
     abgemacht. Jacob würde nicht verstehen, warum er mich nicht mehr sehen darf und   ...»
    «Er heißt Steven.»
    Ben verkniff sich eine Entgegnung. Eins nach dem anderen. «Sie können uns nicht einfach so auseinanderbringen.»
    «Ich kann machen, was ich will.»
    Es klang weder gereizt noch prahlerisch. Während Ben ihn anschaute, wusste er, dass er sagen konnte, was er wollte, dass kein
     Erinnern an Rechte oder Gerichtsbeschlüsse irgendetwas ändern würde. Jacob saß offenbar zufrieden auf dem Arm des Mannes.
     Er wackelte mit den Fingern. Nach einem Augenblick wurde Ben klar, dass er Coles frühere Bewegungen mit der Hand nachahmte.
    «Können wir wenigstens darüber reden? Vielleicht können wir uns hinsetzen und   ...»
    «Ich will Sie nicht in meinem Haus haben.»
    «Ich bitte Sie, das wird jetzt langsam lächerlich.»
    Noch während er die Wahl der Worte bereute, ließ ihn Coles Pfeifen aufschrecken. Im Haus hörte man das Scharren von Pfoten.
     O nein, dachte Ben, als er den Bullterrier vom Schrottplatz im Flur auftauchen sah. O-beinig vor lauter Muskeln, trottete der Hund herbei. Als er sah, wie auch Jacob versuchte zu pfeifen, fühlte er sich auf kindische
     Weise betrogen.
    Der Hund blieb in der Tür stehen und starrte ihn finster |163| an. Aus seiner Kehle kam ein bedrohliches Knurren. Ben vergewisserte sich schnell, wie weit es bis zum Zaun war. Cole senkte
     eine Hand über den Kopf des Tieres und hielt ihn ohne eine Berührung im Zaum.
    «Ab.»
    Ben dachte, Cole würde mit dem Hund reden, doch dann wurde ihm klar, dass er gemeint war. Er zuckte zurück, als der Bullterrier
     ein einzelnes, schnappendes Bellen von sich gab, wobei die Vorderläufe für einen kurzen

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