Obsidian (German Edition)
ich dir geben. So wie man von fast überall in der Stadt die Kirche sehen kann, sieht man von der Statue aus bis weit hinaus auf das Meer und in das Hinterland von Katalonien. Neben der Sagrada Familia ist das die eindrucksvollste Kirche in der Stadt. Und im Vergleich zur Sagrada ist diese Kirche schon fertig gebaut.“
„ Von der Sagrada Familia habe ich auch schon gelesen. Immerhin hat unser lieber Gaudi sie erbauen lassen. Sie ist noch immer im Bau, wobei einige Türme noch fehlen, das Innenleben aber schon recht weit ausgebaut ist und inzwischen sogar schon Messen abgehalten werden können. Wir sollten uns dieses Bauwerk auch unbedingt ansehen.“
Monja und Eric überlegten, ob sie der Kirche auf dem Tibidabo einen Besuch abstatten sollten. Nach einer kurzen Schweigeminute entschieden sie sich, zuerst Salvatore Barbier-Mueller zu besuchen. Bei aller Begeisterung für die Stadt, ihre Suche nach dem Obsidianstein war für sie wieder in den Vordergrund getreten.
Das Haus war zehn Gehminuten von der Kirche entfernt. Monja und Eric spazierten die engen Kurven der Straße hinab. Rund um sie blühten die Bäume und Wiesen und durch die Büsche sahen sie über die Stadt bis hinaus auf das Meer. Etwas weiter vor ihnen ragte der Fernsehturm in den blauen Himmel. Es gab nur wenige Häuser hier, allesamt groß angelegten Anwesen mit bestens gepflegten Gärten. Manche der Villen standen fast direkt am steilen Abgrund. Auch das gesuchte Haus verfügte auf der Rückseite über einen großen Balkon, der einen uneingeschränkten Blick über Barcelona bot.
Vor dem zweistöckigen Haus standen mehrere geparkte Wagen an der bislang sehr ruhigen Straße.
Ein Stiegenaufgang aus massiven Steinen führte zum Eingang der Villa. Das Haus war, wie die Nachbarhäuser, in hellem Gelb und Weiß gestrichen. Eric kontrollierte nochmals die Adresse. Die massive Eingangstür aus Holz war nur angelehnt.
„ Ich glaube nicht, dass die Tür für uns offen steht“, meinte Monja, bei der sich ihre Nervosität wieder meldete.
„ Keine Sorge, dieses Mal werden wir nicht gleich wieder in Schwierigkeiten geraten“, gab sich Eric zuversichtlich.
Er ging zur Tür und klopfte. Vom Inneren waren mehrere Stimmen zu hören, aber niemand schien Notiz von ihnen zu nehmen. Eric schob die Tür langsam auf. Vor ihnen war ein meterlanger Vorraum. Rechts und links waren Kleiderständer, die voller Mäntel waren. Weiter hinter waren viele Personen zu sehen, die standen und miteinander sprachen. Alle Anwesenden trugen Schwarz. Monja trat einen Schritt in vor. Sie betrachtete die Leute und wandte sich dann an Eric.
„ Weißt Du, nach was das hier aussieht?“
Eric nickte und ging an ihr vorbei. Eine ältere Dame, komplett in Schwarz angezogen, sah ihn und kam näher. Sie war blass und hatte einen traurigen Blick in den Augen.
Auf Spanisch begrüßte sie Monja und Eric, reichte ihnen die Hand und versuchte zu lächeln.
„ Ich nehme an, sie sind Studenten aus dem Kurs meines Mannes“, sprach sie mit trockener Stimme.
„ Nein, werte Frau“, übernahm Eric das Reden, „wir kommen aus Wien und wollten Salvatore Barbier-Mueller besuchen, da er …“
„ Dann wissen Sie gar nicht, dass mein Mann vor einer Woche verstorben ist?“
„ Nein, wir haben nur die Nachricht beim Museum gelesen, als wir ihren Mann aufsuchen wollten. Mein herzliches Beileid.“
Eric drehte sich zu Monja.
„ Wir haben zu lange gewartet. Unser gesuchter Mann ist letzte Woche gestorben“, sagte er auf Deutsch zu Monja.
„ Kommen Sie doch herein“, bat die Dame und ging wieder zurück in den großen Saal. Monja und Eric folgten ihr.
Der Raum vor ihnen bot mit seiner Glasfront einen freien Blick über die Stadt. Wie schon auf ihrem Weg zur Villa war es eindrucksvoll von hier aus über Barcelona zu blicken. Besonders deutlich war der Stadtteil Eixample zu erkennen, mit seinem quadratischen Straßenmuster und der unverkennbaren Kirche Sagrada Familia.
Es waren rund zwanzig Personen anwesend. Die meisten waren sichtlich über sechzig, doch es waren auch einige jüngere Personen im Raum. An einem Tisch stand ein großes Bild des Verstorbenen. Salvatore Barbier-Mueller sah jünger aus als seine Trauergemeinde, er dürfte noch keine sechzig Jahre erreicht haben. Auf dem Bild hatte Barbier-Mueller ein sympathisches Lächeln, zeigte seine weißen Zähne und trug einen hellen Anzug. Sein dichter Bart war wie seine welligen Haare tiefschwarz.
Im Raum hangen unzählige Bilder von
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