Obsidian (German Edition)
Ausgrabungsstätten und alten Schriften an den Wänden. Inzwischen hatte Eric genug Erfahrung, um zu erkennen, dass es sich um Schriften aus Mexiko handelte. In einer Ecke stand ein Sekretär aus dunklem Holz. Auf dem Tisch lagen einige Bücher, darüber hing ein Gemälde von Salvatore Barbier-Mueller, umgeben von Pyramiden und Maya-Bauwerken.
„ Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?“, wurden sie von einem vorbeigehenden Diener gefragt. Eric schüttelte den Kopf. Er fühlte sich unwohl, ungefragt in die Trauerfeier zu platzen. Monja ging es ähnlich, noch dazu tat sie sich noch schwer, die Sprache zu verstehen. Sie bemühte sich zwar schon seit ihrer Ankunft, aber ihr Gehirn war noch nicht wieder auf Höchsttouren. Außerdem lernte sie Spanisch und in Barcelona wurde neben Spanisch auch katalanisch gesprochen, was teilweise komplett unterschiedlich war.
Die Dame, die sie begrüßt hatte, hob ihr Glas und wartete kurz, bis alle Gespräche im Raum verstummten.
„ Wir sollten gehen, Eric. Wir gehören nicht hierher“, flüsterte Monja. Eric nahm sie bei den Schultern und wollte mit ihr voran zur Tür gehen, als die Ansprache begann. Anstandshalber blieben sie stehen und lauschten.
„ Liebe Familie, liebe Freunde. Es ist schön, dass ihr alle gekommen seit und von meinem geliebten Mann Salvatore Abschied zu nehmen. Sein Tod ist für uns alle immer noch so unvorstellbar. Bis heute ist nicht klar, wer diese Einbrecher waren, die meinen Mann im Museum ermordet hatten und nichts gestohlen haben. Aber lassen Sie mich von den schönen Erinnerungen sprechen …“
Monja und Eric blickten sich entgeistert an, beiden schoss derselbe Gedanke durch den Kopf. Wieder einmal war die rote Bruderschaft schneller gewesen.
„ Dann haben sie die Unterlagen bekommen“, mutmaßte Monja. Eric nickte nur stumm. Er horchte nicht mehr zu, sah hinaus auf Barcelona und war in Gedanken versunken.
Salvatore Barbier-Mueller war ihre einzige Chance gewesen, die Spur zu dem dritten Stein und damit der Legende um den Mayatempel aufzunehmen. Mit seiner Ermordung hatten sie nun nichts mehr in der Hand, keine Hinweise, keine Möglichkeiten weiter zu machen. Monja hatte gerade erst neuen Mut gefasst und wäre bereit gewesen, weiter dieser Legende, für die ihr Vater sterben musste, nachzugehen. Nun standen sie da, hatten zwar zwei dieser Obsidiansteine, aber alle Personen, die ihnen weiterhelfen konnten, waren tot.
Es wäre wohl am klügsten, die Zeit hier mit Monja zu genießen und zu versuchen, zusammen glücklich zu werden, dachte Eric. Wenn sie schon nicht das Rätsel von Walter Knoth lösen konnten, vielleicht war dieses Abenteuer dennoch ein persönlicher Erfolg für sie beide, wenn auch mit hohen privaten Verlusten.
Ein leichter Stoß in die Rippen riss ihn aus seinen Gedanken.
Barbier-Muellers Frau hatte ihre Rede beendet und Monja wollte das Haus so schnell wie möglich verlassen. Die anwesenden Gäste wandten sich wieder ihren Gesprächspartnern zu und niemand nahm Notiz von Eric und Monja, die langsam in Richtung Vorraum gingen.
Plötzlich stellte sich ein Mann in ihrem Alter vor sie.
„ Euch beide habe ich noch nie bei den Vorlesungen von Professor Barbier-Mueller gesehen“, sprach er sie skeptisch und unhöflich an.
„ Das ist richtig. Meine Freundin wollte Herrn Barbier-Mueller aufsuchen, da er ihren ebenfalls verstorbenen Vater kannte“, erklärte Eric dem Mann und wollte schon weitergehen, als Salvatores Ehefrau zu ihnen stieß. Monja blickte ratlos zwischen den beiden Männern und der Witwe hin und her.
„ Ihr Vater?“, fragte die Frau neugierig, „Wie hieß er denn?“
Das verstand auch Monja. Im brüchigen Spanisch sagte sie: „Mein Vater hieß Walter Knoth. Wir haben … hatten einen Brief von ihrem Mann, in dem er ihm etwas schrieb, bezüglich Mexiko.“
„ Knoth? Ich habe gestern bei der Durchsicht der Unterlagen diesen Namen gesehen. Ich glaube, mein Mann hat einen Brief an ihn verfasst“, erinnerte sich die Frau, „Wenn ihr noch etwas Zeit habt, werde ich ihn holen.“
„ Sehr gerne, das wäre sehr zuvorkommend.“ Eric nahm Monja bei der Hand und übersetzte ihr, was Barbier-Muellers Frau gerade gesagt hatte.
Der Student sah sie immer noch sehr misstrauisch an. Während die Witwe zum Sekretär ging, fixierte er Monja und Eric.
„ Wisst ihr vielleicht auch etwas über den Einbruch im Museu Barbier-Mueller D’Art?“, fragte er argwöhnisch.
„ Nein, leider“, erklärte Eric ihm ruhig,
Weitere Kostenlose Bücher