Ocean Rose. Erwartung (German Edition)
segelt, schnappst du es dir.«
»Ich bin nicht mehr zum Silberputzen verbannt?«, fragte Paige.
»Sobald auch nur ein Stück Geschirr auf dem Boden landet, ist deine Freundin hier raus, und du kannst dich wieder mit Löffeln beschäftigen.«
Als Zara verschwunden war, stieß Paige ein begeistertes Quietschen aus, nahm meine Hand und zog mich durch die Küchentür.
»Paige«, fragte ich, als wir eine Abstellkammer am Ende der Küche erreicht hatten, »nimm mir das nicht übel, aber wenn du so eine Gefahr für das Inventar bist, warum darfst du noch hier arbeiten? Ich meine, für Zara bist du offenbar eine Art Prügelknabe … und wenn das Fischerhaus tatsächlich immer so voll ist und der gute Ruf so wichtig, warum behalten sie dann jemanden, den man ihrer Meinung nach ständig, na ja –«
»… babysitten muss?« Grinsend nahm sie eine Schürze vom Haken und hielt sie mir entgegen. »Z ist hier die Einzige, die glaubt, man muss mich beaufsichtigen wie ein Krabbelkind in einem Raum voller offener Steckdosen. Da sie meine ältere Schwester und ein Kontrollfreak ist, vergebe ich ihr.«
Ich nahm die Schürze entgegen. »Aber es stimmt, dass du ziemlich viel kaputtmachst, oder?«
»Ja klar.« Sie reichte mir einen Block und Kugelschreiber. »Und wenn du mich fragst, ob es besser wäre, weniger glitschige Finger zu haben …? Vielleicht. Das würde jedenfalls Geld sparen, aber auf der anderen Seite hätte das Küchenteam weniger zu lachen.«
Ich band mir die Schürze um und nahm Block und Stift entgegen.
»Die meisten Leute hier sind einfach froh, dass ich überhaupt da bin. Und wenn ich ›die meisten‹ sage, meine ich damit alle außer Z.« Sie beugte sich zu mir vor. »Vielleicht ist es dir noch nicht aufgefallen, aber mit meiner Schwester klarzukommen ist nicht ganz einfach.«
»Nein, ehrlich?«, scherzte ich.
Sie zupfte unten am Saum, bis meine Schürze faltenfrei saß. »Das Personal kann Zara nicht besonders gut leiden, aber die Gäste – besonders die männlichen – lieben sie ganz einfach. Muss an den Genen liegen. Sie kann einen Charme versprühen, bei dem Colatrinker plötzlich auf Edelbier umschwenken, Väter ihren Fastfood-Kids etwas Teureres bestellen als Grillkäse und Ehemänner ihre diätbesessenen Frauen zu einem Schokobrownie-Eisbecher überreden. Und die ganze Zeit glauben sie, dass sie selbst auf die Idee gekommen sind.« Sie schaute mich direkt an. »Wenn Zara nicht jeden Abend mindestens tausend Dollar an Trinkgeld reinbringen würde, könnten wir zumachen.«
»Und das Fischerhaus hat nie zu.«
»Und die Trinkgelder werden unter allen aufgeteilt.«
Ich nickte. »Also müssen die Mitarbeiter mit ihr zurechtkommen.«
»Genau aus diesem Grund bin ich da. Ich bin der Puffer, der Filter, der Übersetzer … du verstehst schon. Wenn Z hier reingerannt kommt und rumschreit, weil ein Essen zu lange braucht, dann renne ich direkt hinterher, um sie zu beruhigen.« Sie blieb mit einer Hand an der Schwingtür stehen. »Ich mache meine Arbeit gut – zumindest diesen Teil –, aber selbst ohne mich müsste das Personal mit Z zurechtkommen.«
»Wieso das?«
Sie grinste. »Unserer Familie gehört das Restaurant. Betty ist meine Großmutter.«
Bevor ich noch eine Frage stellen konnte, verschwand sie durch die Küchentür.
Glücklicherweise ging der Morgen schnell vorbei. Ich vertraute mich Paiges Führung an und merkte schnell, wie effizient sie arbeitete, wenn man von ihren glitschigen Fingern absah. Es gab nur zwei Beinahe-Unfälle: eine Kaffeetasse und einen Brotteller. Beide Male warf ich mich rechtzeitig darunter und rettete das Geschirr.
»Wie kann es jetzt schon Mittag sein?«, fragte ich vier Stunden später, als wir hinter der Bar standen und Servietten falteten.
»Würdest du bitte da rübermarschieren und deinen speziellen alten Freund bedienen?«
Zara war neben uns aufgetaucht. Sofort begann es, in meinem Kopf zu pochen, und ich fragte mich, ob mich eine Person tatsächlich so nervös machen konnte, dass mein Körper mit einem augenblicklichen Migräneanfall reagierte.
»Ähm, Z, ich bin ziemlich beschäftigt«, meinte Paige.
»Ähm, P … niemand ist beschäftigter als ich. Und heute habe ich weder die Zeit noch die Geduld für seine dummen Spielchen.«
»Du hast nie Geduld. Man muss einfach nur wissen, wie Oliver zu nehmen ist.«
Ich sah Zara an, dass sie kaum wusste, worüber sie sich mehr aufregen sollte – dass es einen Gast gab, der sich nicht von ihr
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