Ocean Rose. Erwartung (German Edition)
entgangen war. Hastig stopfte sie das Tagebuchzurück in die Schublade und das pinkfarbene Scrapbook oben auf ein weißes Bücherregal. »Sie war gerade dabei, aus dem Auto zu steigen.«
Paige schnappte sich meine Hand und zog mich zur Tür. Eigentlich konnte ich gar nicht schnell genug aus dem Raum kommen, aber als Paige den Flur erreichte, blieb ich abrupt stehen.
»Was?«, fragte sie und schaute mich an. »Was ist los?«
Ich stand noch immer in Zaras Zimmer. Mit angehaltenem Atem schaute ich langsam zurück über die Schulter. An den drei Wänden, wo sich keine deckenhohen Fenster mit Blick aufs Meer befanden, hingen stattdessen deckenhohe Spiegel. Das hatte ich vorher nicht bemerkt, weil sie mit schneeweißen Gardinen verhängt waren. Die Vorhänge hatten sich nicht gerührt, solange Paige und ich auf dem Bett saßen, aber nun schwebten sie wie von einem Luftzug bewegt empor, obwohl die Fenster noch immer geschlossen waren. In der Tiefe funkelten grelle silberne Lichter auf, als würden vor jeder Spiegelwand tausend Paparazzi stehen und gleichzeitig ihre Blitzlichter losgehen lassen.
»Paige!«
Zaras Stimme ertönte von unten, und der Druck in meinem Kopf schien zu explodieren, aber ich fühlte den Schmerz kaum.
»Wenn du nachher Louis siehst, kannst du ihm ein paar sehr deutliche Worte von mir ausrichten!«
Paige drückte kurz meine Hand. Falls sie die Lichter ebenfalls sah, ließ sie sich nichts anmerken. »Ich gehe nach unten und versuche, das Ungeheuer zu zähmen. Wir treffen uns gleich in meinem Zimmer.«
Ich folgte Paige, die auf die Treppe zurannte, aber als sie halb unten war, drehte ich mich noch einmal um. Obwohl wir die Tür von Zaras Tür hinter uns geschlossen hatten,glühte der lavendelfarbene Flurteppich regelrecht von dem gleißenden Licht, das unten durch die Ritze strömte.
Du findest ihn nur, wenn er das will …
Ich stand vor der geschlossenen Tür, und das Herz hämmerte mir gegen die Rippen. Nichts wollte ich weniger, als noch einmal Zaras Zimmer betreten, aber mein Körper schien sich trotzdem in diese Richtung zu bewegen, ohne erst mein Gehirn um Erlaubnis zu fragen. Irgendetwas zog mich dorthin zurück. Eine mächtige Kraft, der es egal war, ob Zara mich entdeckte.
»Das Licht kommt nur von einer Discokugel«, flüsterte ich und legte eine Hand auf den Türknauf. »Nur eine Discokugel, in der sich die Sonne bricht.«
Ich musste die Augen schließen und sie mit beiden Armen schützen, kaum dass ich die Tür geöffnet hatte. Der ganze Raum war von einer blendenden silbernen Lichtwolke erfüllt. Mein Herz sprang mir fast aus der Brust, während ich abwartete, und nach ein paar Sekunden schien die Wolke ein wenig zu verblassen. Ich öffnete vorsichtig die Augen. Nun konnte ich immerhin in das Zimmer blicken, ohne vor Schmerz zusammenzuzucken, also trat ich ein.
Die Vorhänge schwebten einladend empor, während ich mich durch den glitzernden Nebel bewegte. In den Spiegeln tanzten noch immer die funkelnden Lichtpunkte, aber sie waren jetzt kleiner und weniger grell, als seien die tausend Paparazzi von einer Million Glühwürmchen ersetzt worden.
Nur ein Lichtstrahl durchschnitt fast noch heller als zuvor den Nebel und lenkte meinen Blick wie ein Leuchtfeuer in Richtung des oberen weißen Bücherregals.
Es ist okay, Nessa … Alles wird gut …Ich bin bei dir …
»Ich weiß nicht, was ich hier mache«, flüsterte ich mit gebrochener Stimme. »Ich verstehe nicht, was ich tun soll.«
Während ich mich auf das Regal zubewegte, schrie mein Verstand, dass ich die Finger davonlassen sollte. Mein Gehirn befahl mir, sofort kehrtzumachen und nicht nur aus dem Zimmer, sondern aus dem Haus zu verschwinden. Aber meine Füße setzten ihren Weg fort. Sie blieben nicht stehen, bis ich direkt vor dem Regal stand, eingehüllt in silbernes Licht.
Er will, dass man ihn findet … aber er ist vom Licht geblendet …
Meine Hände zitterten, als ich die Arme zum Regal hochstreckte. Ich erwartete das Schlimmste, sowie meine Finger den Spitzenstoffberührten: einen stechenden Schmerz, verbrannte Handflächen, oder vielleicht würde ich als Pfütze auf dem Fußboden enden. Aber nichts dergleichen geschah, stattdessen wurden meine Hände ruhiger, und ich konnte das Scrapbook vom Regal ziehen. Ich hielt es auf einen Arm gestützt, während ich es durchblätterte. Nach Xavier Cooper kamen Alex Smith, John Martinson, Trevor Klemp, Zach Holbrook, Eric Park, Max Hawkins und mindestens ein Dutzend
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