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Ocean Rose. Erwartung (German Edition)

Ocean Rose. Erwartung (German Edition)

Titel: Ocean Rose. Erwartung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tricia Rayburn
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Knie stieß gegen den Couchtisch, als ein Blitz den Himmel zerteilte und die Erde zum Beben brachte. Von dem Stoß wurde Calebs Tasse zu Boden geschmettert. »Sorry«, sagte ich und beeilte mich, die Scherben aufzusammeln. »Tut mir leid.«
    Simon stand auf, um mir zu helfen, aber da hatte ich schon alles zusammengesammelt, was meine Hände tragen konnten, und hastete in die Küche. Dort blieb ich vor dem Tisch stehen, spürte mein Herz klopfen und Calebs Worte durch meinen Kopf wirbeln, so dass ich die Scherben, die ich hielt, kaum noch wahrnahm.
    Kaum hatte er es ausgesprochen, war mir bewusst geworden, dass ich den gleichen Verdacht schon länger gehegt hatte. War es möglich, dass Zara nicht nur für die tödlichen Unfälle der vielen Jungen und Männer in diesem Sommer verantwortlich war, sondern auch Justine auf dem Gewissen hatte? Durch Calebs Worte war aus diesem Gedankenspiel Realität geworden, aber ich verstand trotzdem nicht, wie das möglich sein konnte.
    Ich starrte auf den kleinen Spiegel über dem Küchentisch und umklammerte die Scherben. Tee tropfte mir von den Fingern. Ich wusste nicht, ob Simon und Caleb im Wohnzimmer weitersprachen, ich merkte nicht einmal, ob ich noch atmete oder mein Herz noch schlug. Doch irgendwann spürte ich Simons Gegenwart hinter mir.
    »Tut mir leid«, flüsterte ich. Meine Finger lösten sich, und die Scherben fielen mir aus der Hand. Klirrend fielen sie auf den Tisch und den Fußboden, wo sie in noch kleinere Stücke zerschellten. Ich starrte auf das Chaos und beugte mich herunter, um alles wieder aufzusammeln. »Ich bringe das schon in Ordnung«, erklärte ich mit heiserer Stimme.
    Aber ich konnte nicht sehen, was ich tat – es gab zu viele Scherben, und meine Augen waren verschleiert von Tränen, die mir gleich darauf über das Gesicht liefen. Ich sank auf den Boden und weinte.
    Simon versuchte nicht, mich zu beruhigen. Er setzte sich nur in meine Nähe und ließ mich trauern. Am Ende, als meine Augen leer geweint und mein Körper erschöpft war, rutschte ich auf den Fliesen zurück und lehnte mich neben ihn an die Wand. Ich zog die Knie an die Brust und ließ meinen Kopf auf Simons Schulter sinken. So wartete ich auf die Fragen, die ohne Zweifel kommen mussten. Ich beobachtete den Sekundenzeiger der Küchenuhr, aber nach fünf Umdrehungen schwieg Simon immer noch und fragte nicht, ob mit mir alles okay war. Da wandte ich den Kopf in seine Richtung. Unter meiner Wange fühlte ich, wie Simons Schulter sich spannte. Ich hob das Kinn, bis sich mein Mund nur Millimeter von seinem Hals befand. Mit angehaltenem Atem beobachtete ich, wie seine Brust sich rascher hob und senkte.
    Wir waren Freunde. Sehr gute Freunde. Vielleicht hätte ich mir Sorgen machen sollen, ob sich daran etwas ändern würde, wenn ich diesem überwältigenden Drang nachgab. Hier war vermutlich weder der richtige Ort noch die richtige Zeit. Bestimmt musste Simon glauben, dass ich einen Nervenzusammenbruch gehabt hatte und übergeschnappt war … denn Vanessa, das Mädchen mit Angst vor dem eigenen Schatten, tat solche Dinge einfach nicht.
    Aber trotz alledem – oder vielleicht gerade deswegen – tat ich es doch.
    Ich schloss die Augen und presste meine Lippen auf seinen Hals.
    Simon erschauderte. Ich zögerte und wartete darauf, dass er mich fragte, was ich da tat, oder vor mir zurückwich. Als nichts von beidem geschah, küsste ich denselben Punkt noch einmal und wanderte weiter zu der weichen Einbuchtung unter seinem Kiefer.
    Er drehte den Kopf und presste sein Gesicht in mein Haar.
    Also fuhr ich damit fort, seinen Hals zu küssen, und fühlte jedes Mal, wenn meine Lippen seinen Adamsapfel streiften, wie sich sein Puls beschleunigte. Meine Küsse wurden schneller und energischer. Mit geschlossenen Augen lauschte ich seinem Atem, spürte die Wärme seiner Haut und meinen eigenen Herzschlag, der wie bei einer Verfolgungsjagd im dunklen Wald hämmerte, obwohl ich dieses Mal kein bisschen ängstlich war.
    Nach einigen Minuten zog er mich auf seinen Schoß, und diesmal schauderte ich zusammen, als er mein Gesicht berührte und seine Finger über meine Stirn, meine Wangen, mein Kinn streichen ließ.
    »Vanessa …«
    Ich schlug die Augen auf. Sein Gesicht war so nah, dass ich seinen warmen Atem an meinen Lippen fühlte. Er sah aus, als wolle er etwas fragen, sich vielleicht doch versichern, ob ich okay war und ob ich wirklich tun wollte, was wir hier taten.
    Ich antwortete, indem ich meinen Mund

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