Ocean Rose. Erwartung (German Edition)
wegzuschnappen, umzubringen und Betty zurück nach Hause zu schleppen?« Ich schaute Caleb an. »Hörst du eigentlich selbst, was du da sagst?«
»Okay, weißt du vielleicht, was mit dem Vater von Zara und Paige passiert ist?«, fragte er. »Haben sie jemals über ihn gesprochen?«
»Nein«, gab ich zu. »Aber vielleicht reden die Marchands einfach nicht gern über private Dinge. Ich weiß schließlich auch nicht, was Paiges Lieblingsfarbe ist oder wann Zara Geburtstag hat.«
»Du hast nichts von ihrem Vater gehört – genauso wenig wie sonst jemand in Winter Harbor –, weil es vermutlich zwei davon gab und Raina sie beide nach der Paarung umgebracht hat.«
»Klar. Äh … Simon?« Er hielt das Lenkrad so fest umklammert, dass seine Knöchel weiß hervortraten. »Wir könnten hier eine Stimme der Vernunft gebrauchen.«
»Caleb sollte ins Lighthouse gehen.«
Ich brauchte einen Moment, um zu erkennen, dass sichder Wagen nicht länger bewegte. Durch den Regen, der die Windschutzscheibe herunterströmte, versuchte ich zu sehen, wo wir uns befanden. »Wir sind beim Resort?«
Caleb ließ sich auf dem Sitz zurücksinken und warf einen Blick durchs Seitenfenster. »Und was wollen wir hier?«
Simon starrte nur weiter geradeaus. »Betty hat aufgehört, mit Oliver zu sprechen, nachdem sie an den Chione Cliffs die Nacht zusammen verbracht haben. Weil sie mit Raina schwanger geworden ist.«
»Und …?« Der Zusammenhang wollte mir nicht einleuchten.
»Laut Zaras Scrapbook lässt sie jeden Verehrer fallen, sobald sie eine Liebeserklärung bekommen hat. Danach verschwinden die Jungs üblicherweise.«
»Zara hat ein Scrapbook?«, fragte Caleb. »Ich hätte nicht gedacht, dass sie der Typ dafür ist.«
»Und jetzt«, fuhr Simon fort und ignorierte Calebs Bemerkung, »ist Paige schwanger.«
Mir wurde ganz schwach im Magen. Ich war so entschlossen gewesen, nichts von Olivers Behauptungen zu glauben, dass ich gar nicht darüber nachgedacht hatte, was es bedeutete, wenn er tatsächlich die Wahrheit sagte. »Jonathan.«
»Jonathan …«, wiederholte Caleb. »Meinst du Jonathan March? Was ist mit ihm?«
Ich schaute auf die Marina beim Lighthouse, wo Edelyachten verlassen auf dem unruhigen Wasser dümpelten wie Spielzeugboote. »Paige und er sind ein Paar.«
»Betty hat Oliver geliebt«, sagte Simon. »Sie wollte ihn beschützen. Deshalb hat sie ihn ignoriert, nachdem die beiden ihrem Verlangen nachgegeben hatten. Sie hätte ihn allzu leicht umbringen können, und es klingt ganz so, als wäre sein Tod besiegelt gewesen, wenn Betty nicht allein hier gelebthätte. Zwar wollte sie niemanden töten, aber es wurde von ihr erwartet. Weil ihre Familie auf diese Weise sicherstellte, dass nie jemand herausfand, was sie wirklich sind.« Ich starrte aus dem Fenster und fragte mich, wie ausgerechnet Simon so etwas sagen konnte. Was war mit seiner wissenschaftlichen Skepsis passiert? Mit der automatischen Überzeugung, dass übernatürliche Dinge unmöglich waren? Mit der Forderung nach handfesten Beweisen?
»Also müssen wir mit Jonathan reden und ihn vor Paige warnen, bevor ihm etwas geschieht.« Caleb klang resigniert.
»Nein, ich kenne Paige«, sagte ich mit einem Kopfschütteln. »Selbst wenn ihre Großmutter – mal hypothetisch gesprochen, in einer anderen Realität – von mörderischen Meerjungfrauen abstammt, dann hat Paige von diesem Genpool nicht viel abgekriegt. Oder zumindest weiß sie nichts von ihren Jagdinstinkten. Dafür ist sie zu nett, zu unschuldig. Außerdem habe ich sie zusammen mit Jonathan gesehen, und sie ist total verrückt nach ihm. Nie im Leben würde sie ihm etwas antun.«
Simon betrachtete mich. »Was ist mit Zara? Oder Raina?«
Mir schoss das Blut in die Wangen. Er meinte es ernst.
»Was soll ich Jonathan sagen?«, fragte Caleb. »Wie erklärt man jemandem .so eine Sache?«
Simon drehte sich zu seinem Bruder um. »Du erklärst ihm gar nichts. Wir wollen ja nicht, dass er Angst bekommt und womöglich anfängt, Paige auszufragen. Wer weiß, was sie an Raina weitererzählen würde. Und die drei misstrauisch zu machen ist schließlich das Letzte, was wir wollen.«
»Also soll ich einfach nur nachschauen, ob er okay ist? Mich überzeugen, dass es ihn noch gibt und er hoffentlich kein bisschen lächelt?«
»So ungefähr. Außerdem kannst du versuchen, mehr über Paige und die Beziehung der beiden herauszufinden. Ihrhabt doch zusammen gearbeitet, oder? Also sollte das nicht zu ungewöhnlich
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