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Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort

Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort

Titel: Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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aussahen. Racheli wollte weg von hier, fühlte sich aber unfähig, auf den Lift zu warten oder sechs Stockwerke durch das enge Treppenhaus hinunterzugehen bis zur Tiefgarage. Und neben der Tür stand noch immer Kalizki, und der Geruch, der sie noch monatelang begleiten sollte, wurde fühlbar und klebte an ihrem Körper. Dita Fuchs, die drinnen mit grauem Gesicht an der Wand lehnte, wiederholte: »Was ist los? Was soll das heißen? Ich glaube es nicht«, und brach in hysterisches Geschrei aus.
    Sarah Amir hielt sie fest und murmelte unverständliche Worte, und auch ihrer Stimme war die Angst anzumerken. Nur Ja'el saß immer noch auf ihrem Stuhl, wie jene mittelalterliche Madonna, die Racheli einmal in einem Kunstbuch gesehen hatte, und sagte kein Wort. Dita Fuchs ging zum Fenster und atmete tief durch, und Tuwja Schaj schrie weiter unverständliche Wörter in den Telefonhörer, in einer Sprache, die Racheli fremd vorkam, und dann tauchte das Bild wieder auf, das sie in dem großen, prächtigen Zimmer Tiroschs gesehen hatte. Die Erinnerung überfiel sie mit aller Heftigkeit. Sie ließ sich auf den Boden fallen, direkt neben Zipi Lev-Ari.
    Vor der Tür standen viele Leute und wollten wissen, was los war, aber niemand gab ihnen eine Antwort. Durch das ganze Durcheinander bahnte sich ein dicker, großer Mann seinen Weg, der für Racheli von ihrem Platz auf dem Fußboden aus wie ein Riese wirkte, und der mit dröhnender Stimme fröhlich rief: »Adinaleh, was machen denn alle hier? Zehn Monate bin ich weg, und schon ist alles ein Chaos!« Und als Adina den Kopf hob, die Augen aufriß, den Mann anblickte und in Tränen ausbrach, wußte Racheli, daß Arie Klein zurückgekommen war.
    Tuwja Schaj starrte den Mann erschrocken an, legte den Hörer, den er noch immer in der Hand hielt, auf die Gabel und sagte: »Was machst du hier? Du hast mir doch geschrieben, daß du erst übermorgen kommst.«
    »Gut, wenn ihr nicht wollt, daß ich früher komme, dann gehe ich gleich wieder.« Plötzlich schien er zu begreifen, daß etwas geschehen war, und mit alarmierter Stimme, aus der jede Fröhlichkeit verschwunden war, fragte er: »Was ist hier passiert?«
    Alle schauten einander an und schwiegen. Diejenigen, die neben der Tür standen, warteten gespannt. Kalizki, mit einer Stimme, die noch dünner, zitternder und kurzatmiger war als sonst, berichtete: »Ido Duda'i ist gestern bei einem Taucherunglück umgekommen, und Scha'ul Tirosch ist gerade eben tot in seinem Zimmer aufgefunden worden.« Obwohl er so dicht neben Arie Klein stand, daß sein Kopf fast dessen Brust berührte, hatte Kalizki die Sätze fast geschrien. Vor dem Sekretariat waren entsetzte Ausrufe zu hören. Arie Klein schaute sich ungläubig um, dann machte er einen Satz zu Adinas Schreibtisch, beugte sich zu ihr hinunter, zog sie auf die Füße, packte sie an den Schultern und schüttelte sie, während er mit erstickter Stimme fragte: »Stimmt das, was er gesagt hat? Sag, stimmt das?« Adina schaute ihn an und schloß die Augen.
    »Ich möchte es sehen«, sagte Arie Klein mit einem Blick auf Aharonowitsch, der den Kopf schüttelte und ruhig antwortete: »Das solltest du lieber nicht tun. Er sieht ...« Seine Stimme brach.
    Klein öffnete den Mund, seine vollen Lippen zitterten, er wollte etwas erwidern, doch in diesem Moment erschienen die Sicherheitsbeauftragten der Universität an der Tür, dahinter zwei Polizisten in Uniform und zwei Männer in grünen Kitteln. Der Sicherheitsbeauftragte der geisteswissenschaftlichen Fakultät, den Racheli gut kannte, fragte: »Wo ist er, Adina? In seinem Zimmer?« Tuwja Schaj antwortete für sie und verließ hinter ihnen das Zimmer, wobei er vorsichtig Arie Klein aus dem Weg schob und sich einen Weg durch die Gruppe von Leuten bahnte, die von den Sicherheitsbeamten aufgefordert wurden, in ihre Zimmer zurückzugehen und den Fortgang der Untersuchung nicht zu stören. Türen begannen sich den Korridor entlang zu öffnen und zu schließen. Arie Klein sah Aharonowitsch zögernd an und sagte: »Trotzdem, ich gehe hin.«
    Er drehte sich um und ging zur Tür des Sekretariats, die noch offenstand, und stand einem großen, gutaussehenden Mann gegenüber, der mit seinen dunklen Augen die Anwesenden musterte. Auch Racheli hatte ihn bemerkt. Ruhig und bestimmt fragte er: »Entschuldigung, hat hier jemand ein Unglück gemeldet? Wir sind von der Polizei.«
    Klein antwortete: »Kommen Sie, ich zeige es Ihnen.« Er wartete einige Sekunden auf den Mann

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