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Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort

Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort

Titel: Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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sonnigen Tagen auf dem Rasen gesessen hatten, erinnerte sich an die Minikleider, an die Beine Niras, seiner früheren Frau, und an seine Lust, sie an warmen Frühlingstagen zu streicheln, während sie nebeneinander auf dem Rasen lagen und lernten, eine Lust, die geradewegs zur Geburt Juvals geführt hatte. Er dachte oft an seine ersten Jahre auf der Universität, fast immer voller Sehnsucht nach den Rasenflächen vom Giv'at Ram, nach der Intimität der Gebäude. Er sah den Einband des Buches von Le Mont vor sich, mit dem sich alle Studenten der Geschichte auf ihre Examen vorbereiteten. Einige Ehen sind aus den Prüfungen zur Geschichte des Mittelalters entstanden, dachte er und fragte sich, ob auf diesem Campus, auf dem Har ha-Zofim, in diesen Häusern aus Stein und Marmor, in die die Sonne kaum hineindrang, ebenfalls Paare entstanden. Und dann die Cafeteria, dachte er, sie haben keine richtige, überfüllte Cafeteria, wie wir sie damals hatten, sie haben nur Plätze, wo sie Kaffee trinken können, luftig und unpersönlich, wie alles hier.
    Ihm war heiß in den hellen, ausgebleichten Jeans, dem letzten sauberen Paar, das er im Schrank gefunden hatte. Er lauschte den schnellen, lauten Schritten der Männer, die vor ihm hergingen, unterschied deutlich den Klang seiner eigenen Schuhe, sah den Rücken Gils, des Polizeipressesprechers, der in seiner Khakiuniform ihm vorausging, mit blitzenden Abzeichen auf seinen Schulterklappen, und er sah, wie der Sicherheitsbeauftragte der Universität zwischen den anderen schwebte wie einer, der endlich seine wahre Bestimmung gefunden hat. Vor dem Zimmer des Verwaltungsdirektors, im blauen Flügel, packte der Polizeichef Michael an der Schulter. Der Druck seiner fleischigen Hand drückte ihn nieder, mehr aber noch das, was der Mann sagte. »Ochajon«, sagte Arie Levi und lockerte seinen Griff nicht, »das hier ist keine normale Geschichte, ich möchte, daß eine Sonderkommission einberufen wird.« Michael antwortete nicht und betrat mit den anderen den Raum. Als sich die Tür hinter ihm schloß, spürte er, wie ihn die Müdigkeit überfiel, trotz des Wochenendurlaubs in Eilat.
    Er kannte diese Müdigkeit, die unmittelbare Reaktion auf das Gefühl, verloren zu sein, nicht zu wissen, wo er beginnen sollte. Sie kam immer nach der zweiten Welle. dem Entsetzen, das ihn bei jedem neuen Fall erfüllte, dem Gefühl, daß alles, was er einmal gekonnt hatte, wie weggewischt war, sich in Luft aufgelöst hatte. Die erste Welle war immer eine Reaktion auf die Höflichkeit, auf die Ungeheuerlichkeit des Todes selbst. Am Anfang hatte er immer die schreckliche Gewißheit, daß es diesmal keine Lösung des Falls gäbe. Und dann kam diese Müdigkeit, begleitet von Stimmen, die ihn an die Nichtigkeit des Lebens erinnerten, an die Nichtigkeit des Todes, daran, daß sich am Ende, wenn jemand eine wohlverdiente Strafe bekam, nichts ändern würde. Er schob die Gedanken beiseite und wandte sich an Arie Levi. »Herr Kommandant?«
    Arie Levi, der Polizeichef von Jerusalem, sagte: »Gut, ich glaube, daß Sie die Leitung übernehmen sollten. Ich hätte gern, daß Sie und Bachar den Stab zusammenstellen. Das Präsidium der Universität, die Presse und die verdammte ganze Welt sitzt uns im Nacken. Ich brauche eine schnelle Lösung des Falles.«
    Oberinspektor Ochajon nickte. Er kannte das alles gut. Immer war es ein besonderer Fall, immer sollte er möglichst rasch gelöst werden, auch wenn nicht jedesmal der Oberinspektor gebeten wurde, die Leitung der Kommission zu übernehmen. Jemand klopfte an die Tür. Der Pressesprecher, der diesmal eine besonders heikle Aufgabe hatte, wie ihn der Polizeichef gewarnt hatte, öffnete die Tür, und der Dekan der Universität trat ein.
    Arie Levi verhielt sich ihm gegenüber so, als sei der Rektor noch immer der Vertreter Israels bei der UNO, und Michael betrachtete die blaue Krawatte auf dem strahlendweißen Hemd und fragte sich, wie der Mann es schaffte, an einem so heißen Tag wie heute so auszusehen, so kühl und fleckenlos, während er selbst sich klebrig fühlte in seinen Jeans und dem hellblauen Hemd, das er an diesem Morgen selbst gebügelt hatte und das vermutlich jetzt aussah, als habe er es gerade aus dem Korb mit der dreckigen Wäsche gezogen. Das Zimmer füllte sich mit dem Duft teuren Rasierwassers, und Michael atmete ihn gierig ein, in der Hoffnung, dadurch den anderen Geruch loszuwerden, der alles überdeckte. Herr Marom, der Rektor, war blaß, und in seinen

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