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Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort

Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort

Titel: Ochajon 02 - Am Anfang war das Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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zwanghafte Ordnung wunderte, erwähnte er »eine Reihe junger Kindermädchen, die man Fräulein nannte, Gouvernanten, weißt du, wie in Büchern. Sie haben mich eigentlich aufgezogen, und ihnen habe ich es vermutlich zu verdanken, daß ich bis heute nicht geheiratet habe.«
    Er war erst zwanzig gewesen, als er nach Israel kam, und niemand erinnerte sich, ihn je anders gekleidet gesehen zu haben.
    »Und was macht er bei der Armee?« hatte Aharonowitsch einmal Tuwja gefragt, noch nicht einmal spöttisch, sondern in einer Art säuerlichen Erstaunens. »Wie schafft er es bei der Armee, sich so zu kleiden? Und ich meine nicht nur seine Kleidung, sondern auch seine ausgefallenen Eßgewohnheiten. Angeblich trinkt er Weißwein zum Essen und am Abend Brandy aus einem ganz bestimmten Glas. Ich frage mich bloß, warum eine so bedeutende Persönlichkeit uns, die Provinzler, mit seiner Anwesenheit beehrt, statt die große Welt in einer echten Metropole, Paris zum Beispiel.« Ruchama erinnerte sich sogar, wie geräuschvoll Aharonowitsch seinen Kaffee geschlürft hatte, bevor er lächelnd weitersprach: »Andrerseits, an einem Ort wie Paris hätte man nicht jedes Niesen und jedes Gähnen bemerkt, das der Herr von sich zu geben geruht, während in unserem winzigen Land, wie der Dichter sagt, ein Mann leichter zur Legende wird. Die Presse berichtet immer prompt über jeden Besuch des Herrn Tirosch in irgendeinem Salon.« Tuwja war damals Student, kurz vor seinem Abschluß als Bachelor of Arts, er war noch nicht Tiroschs Assistent und hatte noch keine besondere Beziehung zu ihm.
    »Dieser Mann ist eine fremde Pflanze in unserer Landschaft«, hatte Aharonowitsch behauptet, und Ruchama erinnerte sich, daß sie ein Lächeln unterdrücken mußte, »obgleich er sich einen hebräischen Namen zugelegt hat. Scha'ul Tirosch! Ich frage mich, ob sich jemand an seinen ursprünglichen Namen erinnert. jedenfalls bin ich sicher, daß er sich nur ungern an ihn erinnert: Pavel Czasni. Wußtest du das?« Mit roten, zusammengekniffenen Augen hatte er sich zu Tuwja umgedreht. Damals hatten die anderen noch nicht aufgehört, in Tuwjas Anwesenheit über Tirosch zu sprechen, und verhielten sich ihm gegenüber noch nicht so, als leide er an irgendeiner geheimnisvollen Krankheit.
    »Pavel Czasni«, hatte Aharonowitsch mit unverhohlenem Vergnügen weitergesprochen, »so hieß er ursprünglich, obgleich ich nicht annehme, daß er gern daran denkt. Ich glaube, er ist überzeugt, daß sich keine Menschenseele mehr daran erinnert. Diejenigen, die Bescheid wissen, sagen, es sei seine erste Handlung hier im Land gewesen, seinen Namen zu ändern.«
    Ruchama hatte das, was Aharonowitsch sagte, nie ernst nehmen können, immer mußte sie ein Lächeln unterdrükken. Sie konnte sich nicht entscheiden, ob seine Art zu sprechen Teil einer Inszenierung war oder ob er nicht wußte, daß es eine andere Art der Kommunikation gab. Besonders amüsierte sie die Art, wie er Wörter wie zum Beispiel »obgleich« oder »andrerseits« mit seinem ashkenasischen Akzent aussprach.
    Schon damals hatte Tuwja gesagt: »Was macht das schon? Warum kümmert ihr euch um solche unwichtigen Einzelheiten? Wichtig ist doch nur, daß dieser Mann ein großer Dichter ist, daß er über Bildung und Wissen verfügt wie keiner von uns. Er ist der brillanteste Lehrer, den ich je hatte, ein Mann, der absolut zwischen gut und schlecht unterscheiden kann. Angenommen, er hatte es nötig, sich zu einer Legende hochzustilisieren: Was stört euch das?« So hatte Tuwja damals gesprochen, mit derselben Gradlinigkeit und Einfachheit, die für ihn so typisch waren, bevor ein großer, dunkler Schatten auf seine Welt fiel und er seinen Weg verlor.
    Damals, als dieses Gespräch stattfand, hatte Tuwja Aharonowitsch noch gemocht und ihm so vertraut, daß er zu seinem engeren Bekanntenkreis gehört hatte und er ihn oft zu sich nach Hause einlud. »Stimmt, stimmt, ich gebe es zu«, antwortete Aharonowitsch, »aber da gibt's auch noch ein paar andere Sachen. Ich ertrage es nicht, wie die Frauen ihm nachlaufen, vor ihm auf die Knie fallen, wie sie seinem Charme erliegen, ich ertrage ihre hypnotisierten Blicke nicht, wenn er sie anschaut.« Mit einem tiefen Seufzer fügte er hinzu: »Es stimmt, dieser Mann kann zwischen einem guten und einem schlechten Gedicht unterscheiden, es stimmt auch, daß er der geistige Vater und der Beschützer junger Dichter ist – aber, mein Freund, vergiß nicht: Nur wenn sie ihm gefallen, nur

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