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Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren

Titel: Ochajon 03 - Du sollst nicht begehren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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steckte sich eine neue an.
    »Nur Sie können mir sagen, wer durch die Hintertür hinausgegangen ist«, sagte Michael. »Nur Sie, sonst niemand.«
    Jankele schwieg lange. Michael hielt die Luft an. »Sie ist hinausgegangen«, sagte Jankele schließlich. »Sie ist heimlich durch die Hintertür hinausgegangen. Schnell. Niemand hat gemerkt, daß sie weggegangen ist.«
    Jetzt war Gutas Atem laut und deutlich zu hören. Sie sagte nichts.
    »Und was haben Sie gemacht?« fragte Michael. Er legte die Hand auf Jankeles verschwitzten Arm. »Erzählen Sie es mir ganz genau.« Er sprach, wie er zu Juwal gesprochen hatte, als der noch ein kleiner Junge war, und versuchte, einen Ton in seine Stimme zu legen, der Schutz und Verständnis versprach.
    »Ich bin ihr den halben Weg nachgelaufen, aber dann hat sie sich umgedreht, und ich bin zurück in den Speisesaal gerannt«, sagte Jankele. Er senkte den Blick. »Ich habe gedacht, daß sie ... daß sie traurig ist oder so.«
    »Sie wollten auf sie aufpassen«, sagte Michael.
    »Ich wollte nicht, daß ihr etwas passiert«, sagte Jankele. »Ich wollte ... ich weiß nicht...« Er schaute zu Guta hin über. Diese rührte sich nicht. Ihre Augen brannten, sie hielt sich am Türpfosten fest. Mit dem Rücken lehnte sie an der Wand daneben. Ihr Gesicht war blaß.
    »Nur den halben Weg?« fragte Michael. »Weiter sind Sie nicht gegangen?« Jankele nickte.
    Guta machte den Mund auf, aber Michael, der jede ihrer Bewegungen registrierte, warf ihr einen warnenden Blick zu. Dann fragte er plötzlich, mit einer anderen Stimme: »Wenn Sie ihr nicht den ganzen Weg nachgegangen sind, haben Sie sie überhaupt neben Srulke gesehen?«
    Jankele begann zu stottern. Er zitterte womöglich noch stärker. »Ich weiß alles über Dworka«, sagte er. »Alles weiß ich.«
    Guta seufzte laut, dann räusperte sie sich. »Er redet über Dworka!« flüsterte sie. Michael schwieg. »Die ganze Zeit redet er über Dworka!«
    Jankele bedeckte sich das Gesicht mit den Händen.
    »Sie können gehen«, sagte Michael leise.
    Sie bewegten sich nicht. Dann setzte sich Guta auf das Bett. Michael verließ das Zimmer und zog vorsichtig die Tür hinter sich zu.
     
    Er brauchte nur einmal an die Tür zu klopfen, da kam aus dem Zimmer auch schon die Stimme: »Ja.«
    Sie war nicht erstaunt, ihn zu sehen, aber sie lud ihn nicht ein, sie blickte ihn nur fragend an.
    »Ich möchte mit Ihnen sprechen«, sagte Michael und trat ein.
    Sie machte den Fernseher aus und deutete auf einen Sessel. Die Klimaanlage war nicht angeschaltet, es war sehr heiß im Zimmer. Sie zog ihre Hose gerade und legte sich die Hand aufs Knie. Sie schaute ihn mit einem Blick an, den man als gelassene Erwartung deuten konnte, doch die Luft war geladen. Einige Sekunden vergingen, dann sagte er: »Sie haben nicht gesagt, daß Sie am Abend von Schawu'ot den Speisesaal verlassen haben. Sie haben nicht gesagt, daß Sie Srulke gesehen haben.«
    »Wenn ich es nicht gesagt habe«, meinte Dworka ruhig, »liegt es vielleicht daran, daß es nicht so war. Ganz einfach.«
    Michael betrachtete prüfend ihr Gesicht. Sie achtete darauf, keine Miene zu verziehen. »Aber Sie haben den Speisesaal verlassen«, sagte er schließlich.
    »Ich habe den Speisesaal verlassen«, stimmte Dworka zu. »Und was schließen Sie daraus? Warum glauben Sie, daß ich zu Srulke gegangen sei?«
    »Ich glaube es nicht«, sagte Michael, »ich weiß es.«
    Dworka schaute ihn ohne Angst an. »Ich kann nichts sagen, außer daß Sie sich irren«, sagte sie dann.
    »Und warum sind Sie dann nicht zu einem Verhör mit dem Detektor bereit? Wer nichts zu verbergen hat, kann das doch ruhig tun.«
    »Ich bin nicht daran gewöhnt, daß meine Aussagen kontrolliert werden«, sagte Dworka fest. »Mein ganzes Leben lang hat niemand meine Worte angezweifelt. Ich bin vier undsiebzig Jahre alt, junger Mann, vergessen Sie das nicht.«
    »Ich möchte Sie etwas anderes fragen«, sagte Michael plötzlich, »etwas ganz anderes.« Er sah eine Spur von Interesse in ihren Augen aufblitzen. »Ich möchte verstehen, warum Sie gestern die › Kehilatenu ‹ zu der Versammlung mitgenommen haben.«
    In den Sekunden, die sie brauchte, um sich zu fassen, wechselte ihr Gesichtsausdruck von Überraschung zu Angst, um dann der gewohnten Ausdruckslosigkeit Platz zu machen, die alles überdeckte. »Ich verstehe Ihre Frage nicht«, sagte sie schließlich.
    »Sie laufen doch nicht ständig mit diesem Buch herum«, sagte Michael. »Vielleicht ist

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