Ochajon 04 - Das Lied der Koenige
heterosexuellen Paaren und anderen. Und wenn doch, dann scheint sie bei ihnen sogar ausgeprägter zu sein, die Eifersucht. Vielleicht machen sie sich wegen der Einsamkeit, zu der sie nach eigenem Dafürhalten verdammt sind, mehr voneinander abhängig. Bei Gabi und Isi war es so. Auf jeden Fall weiß ich, daß Sie noch nicht lange mit Nita zusammen sind.«
»Das ist unwichtig«, behauptete er.
»Wollen Sie plötzlich eine Familie, so ganz auf die schnelle? Mit einem Fertigbaby?«
»Was ist daran schlecht?« lehnte er sich auf und schluckte mühsam.
»Es ist nicht grundsätzlich schlecht, nur müssen wir eine Warteliste respektieren. Ich habe etwas gegen Protektion. Außerdem sind Sie alleinerziehend. Nita ist ohnehin nicht in der Lage ... Gegen Sie spricht in erster Linie, obwohl ich außerhalb dieses Raumes nicht darüber rede, da man mich für verrückt erklären würde, der Hauptgrund ist, daß ... daß Sie eine Art Detektiv sind, ein Kriminalkommissar«, sagte sie energisch. »Und ich sehe, daß Sie Ihre Arbeit gut machen.«
»Was hat das damit zu tun?« fragte er verblüfft. Er hatte ein Gespräch über Nitas Labilität erwartet, über ihre Verstrickung in zwei Mordfälle, darüber, daß sie zum Kreis der Verdächtigen gehörte, und vor allem eine professionelle, gut formulierte Aussage, daß sie vermutlich in dieser Situation überfordert sei.
»Wir überprüfen die berufliche Situation der Pflegefamilien. Sie verstehen, daß das, was für uns im Vordergrund steht, nicht Ihr Wunsch nach einem Kind ist, sondern das Wohl des Kindes.«
»Aber selbst Schwester Nechama, die bei uns war ...«
»Ich habe nicht behauptet, daß Sie sich nicht angemessen um sie kümmern, zumindest im Moment ...«, sagte Ruth Maschiach. Ihr Ausdruck wurde hart, entschlossen und sehr konzentriert, ihr Ton war kritisch. »Sie haben unge naue Angaben gemacht.«
Er schwieg.
»Aber was den Ausschlag gibt, ist unter uns gesagt die Tatsache, daß Sie bei der Kriminalpolizei sind.«
»Warum?« Seine Stimme wurde lauter. »Ich habe ein festes Gehalt und bin finanziell abgesichert ...«
»Wenn Nita wenigstens ein stabilisierender Faktor wäre ... Aber auch das trifft nicht zu. Die Konzertreisen, die sie wieder aufnehmen wird ... Es läßt sich nicht sagen, ob überhaupt und wenn, wie lange die Beziehung zwischen Ihnen halten wird ... Es ist unklar, ob Sie beide die Kraft haben, es aufzufangen.«
»Was muß aufgefangen werden?« Er bemerkte die feindlichen Schwingungen und war gewarnt.
»Denken Sie, es ist ein Zufall, daß Sie so viele Jahre allein gelebt haben? Ich habe mich ein wenig mit Ihnen beschäftigt.«
»Sprechen Sie auf die Arbeitszeiten an ...?«
»Auch die Arbeitszeiten«, unterbrach sie ihn. »Aber sie sind eine Belanglosigkeit gemessen an dem, was ich in den letzten Tagen über Sie erfahren habe. Ich habe Ihre ganze Geschichte gelesen. Sie sind sehr problematisch als alleiner ziehender Elternteil, und das sind Sie schließlich. Wollen Sie behaupten, daß Sie die Absicht haben, mit Nita zusammenzuleben?«
»Es war zunächst nicht meine Absicht«, gestand er, aus dem Gefühl heraus, daß es in diesem Fall besser war, offen und direkt zu sein. »Aber die Dinge ändern sich ...«
»Man kann nicht darauf bauen«, bestimmte sie, »es geht um ein Baby am Anfang seines Lebens, und Sie können ihm keine Beständigkeit bieten.«
»Das können Sie nicht wissen«, protestierte er wütend.
»Warum nicht? Wissen Sie nichts über Menschen? Kann man keine Schlüsse ziehen aus dem, was man über sie und ihre Persönlichkeit weiß? Ich sage Ihnen, daß ich das ganze Material, das es bei der Polizei über Sie gibt, gelesen habe.«
»Das sind interne Informationen!«
»Sie haben mit Ihrem Antrag Einblick in Ihre Akten erlaubt«, erwähnte sie frei von Angst. »Auch Ihre gesundheitlichen Daten haben Sie damit öffentlich gemacht. Ich bin sicher, Sie stimmen mit mir überein, daß man diese Dinge überprüfen muß, bevor man jemandem ein acht Wochen altes Baby ausliefert.«
»Ausliefert?!«
»Wenn Pflegeeltern und Kind nicht optimal zusammenpassen, kann es eine Auslieferung sein. Ich sage Ihnen noch einmal, daß ich allem, was ich über Sie weiß, entnehme, daß Sie sehr wohl verstehen, wovon ich spreche. Sie besitzen alle Fähigkeiten, die Dinge aus meiner Sicht zu sehen. Ihre Per sönlichkeit, wenn Sie mir meine Indiskretion verzeihen, Ihre Persönlichkeit ist nicht dazu geeignet, als Alleinerziehender ein Kind zu
Weitere Kostenlose Bücher