Ochajon 04 - Das Lied der Koenige
Sie? Es ist ein Vermögen. Fast mehr als die Hälfte meiner Einkünfte, und die sind nicht gering. Sie kennen das, Nita sagte mir, daß Sie geschieden sind. Es nimmt kein Ende. Wie ist das bei Ihnen?«
»Etwas anders. Mein Sohn ist erwachsen, und meine Frau kommt aus einer reichen Familie. Ihr Vater hat ihr genug für den Rest ihres Lebens vererbt. Er war im Diamantengeschäft, und sie war ein Einzelkind. In diesem Zusammenhang hatte ich nur ein paar Jahre lang Probleme.«
»Es hat nicht immer etwas zu sagen. Manchmal ist es um gekehrt. Die Frau, die mir die meisten Probleme in dieser Hinsicht bereitet, ist gerade die, die aus einer vermögenden Familie stammt. Es ist für sie eine Art Rache«, erklärte Theo wie unter Gleichgesinnten.
»Mit dieser Sorte Frau kenne ich mich nicht sonderlich gut aus. Offensichtlich nicht so gut wie Sie. Wir lassen das jetzt. Sagen Sie«, warf er ein, als keime ein plötzlicher Gedanke in ihm, »diese Dame, mit der Sie nach Ihren eigenen Worten zusammenwaren, als Ihr Vater ermordet wurde, diese Kanadierin, ist sie häufig hier im Land?«
»Zwei-, dreimal im Jahr. Manchmal kommt sie nach Europa, oder wir treffen uns, wenn ich in New York bin. Toronto ist von dort ein Katzensprung. Ich weiß nicht, wie ich sie loswerden soll.«
»Und wir wissen nicht, wie wir sie finden sollen.«
»Das dürfte nicht allzu schwer sein«, sagte Theo giftig. »Sie ist eine verheiratete Frau mit Kindern, einem Haus und einem festen Wohnsitz. Sie gehört zu den Säulen der jüdi schen Gemeinde in Toronto. Sie zu finden dürfte Ihnen nicht schwerfallen.«
»Auf die Telefonnummer, die Sie uns gegeben haben, rea giert niemand. Es meldet sich nur ein automatischer Anrufbeantworter. Haben Sie eine andere Möglichkeit, sie zu erreichen?«
»Ich rufe nie bei ihr an«, sagte Theo mit einer Gleichgültigkeit, die den Wert, den er sich selbst beimaß, nicht verheimlichte. »Sie meldet sich bei mir. Ich habe keine Ahnung.«
»Sie sollten sich etwas mehr in dieser Angelegenheit bemühen. Sie ist Ihr Alibi für die Zeit, in der Ihr Vater ermordet wurde«, betonte Michael.
»Warum habe ich das Gefühl, daß Sie ... daß Sie mir eine Falle stellen wollen?« beklagte sich Theo.
»Wenn einer hier einem eine Falle stellt«, sagte Michael und zerrieb den Zigarettenstummel in dem blechernen Aschenbecher, »dann sind es nicht wir.«
»Wer denn sonst. Stelle ich Ihnen etwa eine Falle?« Er lachte unangenehm.
»Oder Sie sich selbst«, sagte Michael in seinem ruhigen Ton.
»Ich? Ich mir selbst? Was versuchen Sie ...?«
Das Telefon gab ein schrilles, langes Läuten von sich, das beide zusammenzucken ließ. Michael hob den Hörer ab.
»Eine freudige Nachricht. Sie hat ihr Kind«, sagte Zila von der anderen Seite der Leitung, »vor einer Stunde hat sie es bekommen. Mit einem Kaiserschnitt. Alles ist gut verlaufen.« Es verging eine Weile, bis er verstand, wovon sie sprach.
»Was ist es?« fragte er.
»Eine Tochter. Wir wußten es schon vorher, 2650 Gramm. Aber sie ist in keiner guten Verfassung.«
»Wer?«
»Beide. Das Baby litt zum Schluß an Sauerstoffmangel, und bei Dafna gibt es Komplikationen.«
»Und was ist mit Schorer?«
»Ich habe noch nicht mit ihm gesprochen«, sagte Zila. »Du bist nicht allein im Raum, nicht wahr?«
»Nicht wirklich«, sagte Michael und wich Theos Blick aus. »Gibt es Neuigkeiten in der anderen Angelegenheit?«
»Ich hatte keine Zeit, mich darum zu kümmern. Woher soll ich die Zeit nehmen, mit Malka zu reden?« Der nörgelnde Ton einer Verärgerung schlich sich in ihren Tonfall. »Ich stecke hier mit den Musikern fest. Eins nach dem anderen. Ich arbeite schon den zweiten Tag pausenlos daran. Keiner hat diesen Herzl am Mordtag von Felix van Gelden gesehen. Weder die Nachbarn noch sonst jemand. Auch nicht in der Nähe des Konzertzentrums, als Gabi ermordet wurde. Auch Isi und Ruth Maschiach hat niemand am Tag von Gabis Tod gesehen. Wir hatten einen Zwischenfall mit Frau Agmon, der Geigerin ...«
»Ich weiß, wer sie ist«, fiel Michael ihr ins Wort, »was ist mit ihr?«
»Nichts von Bedeutung. Sie ist durchgedreht, hat geweint, ist in Ohnmacht gefallen. Auch der erste Geiger, Awigdor, ist eine Nummer für sich. Man sollte meinen, man hat es mit Künstlern zu tun, aber vergiß es, sie führen sich eher auf wie Gewerkschaftsfunktionäre. Sie sprechen die ganze Zeit von Renten und festen Anstellungen. Ein junger Typ, der noch nicht so lange dabei ist, ist der einzige, der anders redet.
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