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Ochajon 04 - Das Lied der Koenige

Ochajon 04 - Das Lied der Koenige

Titel: Ochajon 04 - Das Lied der Koenige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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nicht viel Zeit«, fügte er hinzu und sah herausfordernd auf seine Uhr, »heißt wohl, daß Sie Herzl ausschließen? Ist es das, was Sie sagen wol len? Konzentrieren Sie sich auf Isi Maschiach, Theo und Nita van Gelden?«
    »Mehr oder weniger«, stimmte Balilati zu. »Ich habe gestern abend mit ihr gesprochen. Stundenlang. Mindestens zwei Stunden lang. Während der Durchsuchung ihrer Wohnung«, sagte er nachdenklich.
    »Mit Nita?« fragte Michael.
    »Ja«, antwortete Balilati und schien plötzlich verlegen. »Es war, bevor Ruth Maschiach mit ihren Leuten kam ...«, sagte er leise zu Michael. »Ich war vorher schon dort ... ich wußte nichts davon ...«
    »Es ist jetzt nicht wichtig«, unterbrach Michael ihn nervös. »Wir lassen das jetzt. Was ist bei dem Gespräch mit Nita herausgekommen?«
    »Ich habe ihr noch einmal erklärt, daß sie unbewußt etwas weiß, und wenn wir uns intensiv miteinander unterhalten würden, könnte vielleicht herauskommen, was es ist. Aber es kam nichts dabei heraus! Als ob sie gar nicht da wäre. Sie weiß nichts, wir haben sie an den Lügendetektor angeschlossen«, fügte er rasch hinzu.
    »Wann?« fragte Michael, der versuchte, einen beherrschten Ton zu bewahren. »Gestern nacht?«
    »Gestern nacht. Wir haben keine Widersprüche festgestellt. Auch nicht, als ich sie fragte, mit wem Gabi an dem Pfeiler stand. Ich habe es mit allen Namen versucht. Der Zeiger ist nicht ausgeschlagen. Weder als ich sagte: ›Theo stand dort bei ihm‹, noch als ich behauptete: ›Es war Herzl‹. Nichts. Das einzig Neue, das ich von ihr erfuhr, war, daß sie sich vor Herzl fürchtete, als sie ein kleines Kind war. Schon wegen seines Äußeren«, sagte er. »Bevor sie an den Lügendetektor angeschlossen wurde, hat sie mir gesagt, daß sein Aussehen ihr schon Angst einjagte, als sie ihn das erste Mal sah. Sie wußte noch genau, daß sie klein war, vielleicht drei Jahre alt. Es ist eine ihrer ersten Kindheitserinnerun gen. Sie kam unter dem Tisch hervor – so hat sie es erzählt –, sie hatten einen großen Tisch in dem Geschäft, wo sie die Rechnungen ausstellten, und sie spielte darunter. Ihr Vater rief sie, sie sollte dem Onkel ›Guten Tag‹ sagen. Du kannst dir die Aufnahme anhören. Sie sah ihn an, und selbst seine Schuhe machten ihr angst, obwohl sie auch sein Gesicht sah, das gar nicht erschreckend war. Sein Haar stand zu Berge, und das versetzte sie in Schrecken. Heute weiß sie, daß er selbst auch Angst hatte. Nicht wegen ihr, aber weil er gerade erst ins Land gekommen war.«
    »Das paßt zeitlich nicht zusammen«, sagte Michael. »Sie ist erst achtunddreißig. Er kam 1951 nach Israel. Da war sie noch gar nicht auf der Welt. Sie kennt ihn schon seit ihrer Geburt. Wenn du jemand von Anfang an kennst, fürchtest du dich nicht plötzlich mit drei Jahren vor ihm. Es sei denn, er hat etwas getan.«
    Balilati war verwirrt. Er heftete seine Augen auf Michael und rechnete. »Gut, ich weiß nicht«, er schüttelte sich. »Was spielt das für eine Rolle? So hat sie es auf jeden Fall dargestellt.«
    »Es ist wichtig«, sagte Schorer. »Wir reden hier über Herzl Cohen, den Angestellten ihres Vaters, in dessen Küche Sie das gestohlene Bild gefunden haben. Ich verstehe«, er nickte Michael zu, »daß es verschiedene mysteriöse Ungereimtheiten im Zusammenhang mit ihm gibt und daß sie sich vor ihm fürchtete.«
    »Gut, vielleicht hat sie ihn vorher nicht bemerkt. Vielleicht hatte sie ihn zum ersten Mal genau betrachtet. Hört euch doch selbst die Kassette an«, sagte Balilati mit offenem Verdruß. »Was auf alle Fälle wichtig ist, ist, daß sie Angst vor ihm hatte. Aber sie sagt, daß sie genau wußte, daß er nichts Böses im Schilde führte. Daß er ein guter Mensch ist. Dennoch hat sie sich vor ihm gefürchtet. Sie ist sicher, daß er nichts Böses getan hat, schon gar nicht ihrem Vater.«
    »Und dem, der ihrem Vater etwas angetan hat? Der ihn erstickte? Hätte er ihm etwas anhaben können? War er fähig, ihn zu bestrafen?« fragte Eli Bachar. »Hast du sie danach gefragt?«
    »Du wirst dich wundern«, sagte Balilati, »ich habe sie danach gefragt. Sie sagte, sie hat keine Ahnung. Sie kann ihn sich nicht gewalttätig vorstellen. Aber wir wissen, und sie hat es auch gesagt, daß er ein paar Anfälle hatte.«
    Dalit berührte seinen Arm, und er beugte sich zu ihr. Sie flüsterte ihm etwas ins Ohr, und wieder stieg in Michael eine große Welle der Wut auf über die Familiarität, die ihr gestattet war,

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