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Ochajon 04 - Das Lied der Koenige

Ochajon 04 - Das Lied der Koenige

Titel: Ochajon 04 - Das Lied der Koenige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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Michael gelächelt. Balilati brach das Schweigen als erster. »Ich dachte, wir sind Freunde«, sagte er gekränkt. »Aber ich sehe, daß du mir nicht vertraust.«
    »Es ist keine Frage des Vertrauens«, sagte Michael eilig, »du weißt doch, daß ich hier bin, um es dir zu sagen, dein Tempo ...«, fügte er anerkennend an. »Es ist erst zwei Tage her, und schon blickst du durch.«
    »Also, ich muß doch schwer bitten«, winkte Balilati ab, »wo leben wir denn. Ich weiß schon eine ganze Weile von dieser Sache«, sagte er verlegen, ohne zu kichern.
    »Noch bevor van Gelden ermordet wurde?!« staunte Michael.
    »Natürlich vorher.«
    »Was? Spionierst du mir nach?«
    »Komm schon!« winkte Balilati ab. »Es war reiner Zufall. Durch Zufall bin ich dahintergekommen.«
    »Was heißt das, durch Zufall?!« erschrak Michael. »Reden sie hier schon darüber? Sind alle eingeweiht? Wenn es zur Fürsorge dringt, zum Jugendamt, und wenn sie herausfinden, daß ich und Nita nicht wirklich ...«
    »Nicht wirklich?« wunderte sich Balilati. »Was heißt, nicht wirklich?«
    »Nita und ich ... Wir ... Es ist nichts zwischen uns«, Michael wand sich und spürte, wie er errötete. »Das heißt, nicht das, was du denkst.« Mit jedem Wort fühlte er sich plumper. Wo ist deine Gerissenheit, wer hat dich überhaupt gefragt, ob zwischen euch etwas läuft oder nicht? Seit wann erteilst du freiwillig Auskunft über dein Liebesleben? Was geht es dich an, wenn sie davon ausgehen? Du kannst ihm die Sache mit dem Baby ohnehin nicht erklären. Was willst du ihm denn sagen? schimpfte er sich selbst schweigend aus. Willst du ihm etwas von einer zweiten Chance erzählen? Von deiner Phantasie, diesmal alles anders zu machen?
    Ein belustigtes Grinsen zeichnete sich in Balilatis Mundwinkeln ab, und er sagte: »Ich kann mich nicht erinnern, daß ich eine Andeutung gemacht hätte, ich weiß nicht, was zwischen euch läuft, ich weiß nur, daß du bei ihr wohnst ...«
    »Es ist nicht ganz so«, Michael war nervös und spürte, wie er mit jedem Wort tiefer in die Falle trat, die er sich selbst gelegt hatte.
    »Und daß ihr auch ein Baby bei euch habt, dessen Vater niemand kennt«, sagte Balilati nonchalant. »Und auch von dem Baby, das ihr gefunden habt, daß ihr eine Pflegefamilie seid. Weiß der Geier, was nicht sonst noch alles.«
    »Reden sie schon darüber? Wissen alle Bescheid?« Wie sehr er sich für diese Frage verachtete.
    »Keiner außer mir weiß etwas«, versprach Balilati eifrig. »Ich habe kein Sterbenswörtchen darüber verloren.«
    »Und woher weißt du es?«
    »Ich bin per Zufall draufgekommen.« Balilati stellte sich unschuldig. »Ich schwöre, es war reiner Zufall.«
    Michael hob die Augenbrauen.
    »Was spielt es für eine Rolle«, hielt Balilati ihn mit sichtlichem Vergnügen hin.
    »Balilati«, drohte Michael.
    »Weißt du noch, der Kinderarzt? Der, der nach dem Feiertag bei euch war?«
    Michael nickte.
    »Seine Frau ...«
    »Und?«
    »Sie ist die Cousine meiner Schwägerin!«
    »Und?«
    »Der Arzt ist dir mal bei uns begegnet. Oder sie, irgendeiner, ich weiß es nicht mehr. Er hat dich erkannt und sich erinnert, daß wir miteinander zu tun haben. Er hat mich beschworen, kein Wort darüber zu verlieren, weder vor dir noch vor sonst jemandem. Aber er hat gefragt, was Sache ist. Er dachte, daß ich eingeweiht bin, denn er ging davon aus, daß wir Freunde sind. Als er herausfand, daß dem nicht so war, daß ich nichts wußte, hat er es sehr bereut!«
    »Ich könnte ihm den Hals umdrehen«, flüsterte Mi chael.
    »Zum Glück war ich derjenige. Nur ich weiß Bescheid«, sagte Balilati und senkte scheinheilig den Kopf, »von mir er fährt keiner ein Wort.«
    »Der Junge ist ihr Kind«, sagte Michael. »Ich bin nicht der Vater.« Der Geschmack des Verrats lag in diesen Worten.
    Balilati schwieg.
    »Ich sage es dir noch einmal, ich bin nicht der Vater«, sagte er gegen seinen Willen. » Warum sollte ich lügen?«
    »Okay. Es ist gut. Aber vielleicht erklärst du mir einmal die ganze Geschichte.«
    Michael erzählte ihm von der Pappschachtel, vom Jugendamt, von der Fürsorge, von Nita.
    Balilati lauschte konzentriert. »War das alles? Ist das die ganze Geschichte?« fragte er schließlich, als Michael noch eine Zigarette aus der Schachtel zog. Michael nickte. »Jetzt weißt du alles«, sagte er und forschte in seinem Innern, ob er nun irgendeine Erleichterung verspürte. Nichts von dem quälenden Druck, der zuvor auf ihm gelastet hatte, war

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