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Ochajon 04 - Das Lied der Koenige

Ochajon 04 - Das Lied der Koenige

Titel: Ochajon 04 - Das Lied der Koenige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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»Sie können sich solch eine Gelegenheit nicht durch die Lappen gehen lassen. Schließlich sind auch die Museumsleute zwanghafte Sammler. Und auch noch mit der Legitimation, dem Allgemeinwohl zu dienen. Und diese privaten Sammler! Sie sind eine Welt für sich. Es sind keine Menschen, die anderen ihr Vermögen präsentieren wollen. Das ist ein ganz bestimmter Menschenschlag. Es geht ihnen einfach darum, die Sachen zu haben. Wir reden über Leute, die irgendwelche Schlösser in irgendeiner Schweiz besitzen, Sommerresidenzen, Palä ste, so etwas eben. Das ist ein bestimmter Menschen schlag ... Sie haben eine Beziehung zu diesen Dingen, wie ... ich weiß nicht ... Es geht ihnen nicht um Geld, auch nicht um Geltung. Ich verstehe es nicht ganz«, gab er schließlich zu.
    »Das ist wirklich eine Sache, die man in Betracht ziehen muß«, murmelte Michael. »Man muß darüber nachdenken, um es zu verstehen.«
    »Was gibt es da zu verstehen«, protestierte Balilati. »Im Grunde ist es ganz simpel. Begriffe wie Habsucht, Geldgier, Machtgeilheit, alles, was für Geld und Vermögenswerte zutrifft, gilt auch hier«, sagte er verächtlich. »Daß es sich um Bilder handelt, um Kunst, scheint dich zu der Annahme zu veranlassen, daß es um höhere Beweggründe geht, aber das stimmt nicht. Es sieht nur so aus, als ob es sich um edlere Motive handelt. Tatsächlich ist es nichts anderes als – einfache Habsucht und Geldgier, in einem Bereich, der uns Respekt einflößt. Und du kannst einfach das Wort Bild, sagen wir aus dem 17. Jahrhundert, gegen das Wort Diamanten tauschen, und schon kapierst du, wie der Hase läuft.«
    »Ich sehe es nicht so«, bemerkte Michael. »Du hast selbst gesagt, daß sie keinen Profit damit machen. Die Dinge sind doch etwas komplexer. Es hängt mit der Liebe zur Ästhetik zusammen, mit dem ständigen, exklusiven Zugang zur Schönheit, mit dem Wunsch, die Schönheit bei sich zu verwahren, in unmittelbarer Nähe, beinahe in seinem Innern, und gerade die Geheimhaltung bewirkt, daß sie einem um so mehr gehört. Es ist wahrhaftig viel komplizierter. Vermutlich haben die Psychologen eine Theorie dazu.« Seine Stimme erlosch.
    Balilati verzog das Gesicht mit nachdenklicher Skepsis. Michael zündete sich eine Zigarette an und spürte, wie dieses Gespräch zu einer Art vorsichtigem Tanz um die Sache wurde, die anzusprechen man vermied. Zila hatte ihn am Eingang zum Gebäude getroffen. »Es wird nicht funktionieren«, hatte sie gesagt. Schon seit zwei Tagen überlegten sie hin und her, wie sie mit Balilati verfahren sollten. »Ich habe schon ein paar Anrufe erhalten, sie haben mich nach Einzelheiten gefragt. Beim Jugendamt schenkt man dem seelischen Zustand der Pflegemutter besonderes Augenmerk«, zitierte sie giftig und verzog die Lippen. »Bereite dich auf weitere Besuche vor«, warnte sie. »Sie sind ›unschlüssig‹, und ›es gibt keinen Präzedenzfall‹! Das waren ihre Worte.«
    »Aber es gibt doch nichts Neues von der Mutter? Kommen sie in dieser Sache nicht voran?« fragte er ängstlich.
    »Nichts«, sagte Zila. »Aber das hat nichts damit zu tun. Sie haben keinen Hinweis auf die Mutter, vor allem, weil das Baby älter als einen Tag ist und keiner genau sagen kann, wann und wo es geboren wurde. Anhand der Geburtsregister der letzten zwei Monate kann man so schnell nichts herausfinden. Aber die werden zur Zeit überprüft. Unterschätze Malka nicht, sie ist nicht so einfältig, wie sie aussieht. Sie ist sehr gründlich. Ich habe gesehen, wie sie die Liste der Geburten der letzten zwei Monate durchging.«
    »Man kann auch zu Hause gebären. Man braucht dazu nicht unbedingt ein Krankenhaus«, sagte Michael.
    »Vielleicht«, sagte Zila zweifelnd. »Vielleicht ist diese Mutter ja gar nicht mehr hier in Israel«, fügte sie hinzu. »Vielleicht ist sie ja irgendeine Beduinin oder Araberin, die in ihrem Dorf entbunden hat. Manchmal haben sie solche hellhäutigen Babys. Vielleicht sogar von einem Juden. Aber mit Balilati würde ich mich nicht anlegen.«
    »Was meint Eli dazu? Hast du mit ihm darüber gesprochen?« fragte er bekümmert.
    Er nahm an, daß sie es ihrem Mann erzählt hatte, auch wenn sie sich nicht abgesprochen hatten. Im Lauf der Jahre, die die drei zusammengearbeitet hatten, war Michael der engste Zeuge der Windungen ihrer Beziehung geworden. Zilas zartes, hartnäckiges Werben, die Hochzeit, die Geburt der beiden Kinder. Er hatte keine Angst vor einem Vertrauensmißbrauch. Nur die Verlegenheit, eine

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