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Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Titel: Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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Over.«
    »O.k., eingezeichnet. Over«, bestätigte Zila und fuhr erschreckt zurück, als sich Balilati unvermittelt über den Tisch beugte. »Hi, Junge, in dem Kiosk brauchst du gar nicht erst suchen, der ist schon seit dreißig Jahren zu. Das ist ein erbärm licher Kiosk aus der Zeit der Briten, niemand treibt sich dort herum. Ich befreie dich davon. Over.« Im Funkgerät herrschte Stille. Nicht einmal mehr Gebell war zu hören. Zila rief einige Male in den Lautsprecher hinein und starrte ihn ratlos an.
    »Ich schick Avital heim, er soll zu Hause warten«, sagte Balilati, »auf meine Verantwortung. Und ich werde auch mit dem Boss reden, dass er dort mit ihm spricht. Wo ist er?«
    »Wer? Wo ist wer?«, fragte Zila, ohne den Blick vom Lautsprecher zu lösen. Was sollte sie tun, wenn er ausgerechnet jetzt kaputt wäre?
    »Tu mir einen Gefallen, Süße, iss was, bevor du völlig im Arsch bist. Hast du den Reis probiert? Unser Boss, wo ist der eigentlich? Noch bei den Bascharis?«
    »Ruf ihn über den Beeper, woher soll ich das wissen? Was ist mit diesem Funkgerät los? Funktioniert es nicht mehr?«
    Wie als Antwort auf ihre Frage begann der Lautsprecher zu ächzen und zu knattern, und Ja’irs Stimme erfüllte den Raum: »Zila, Zila, hörst du mich? Over.«
     
    Später sagte Ja’ir, dass er sich dort nicht weiter aufgehalten hätte, wäre nicht diese Rose gewesen, auch wenn der Hund stur weitergebellt hätte. Ausgerechnet Einat, deren klare, tiefblaue Augen ihn mit ihrer Unschuld verlegen machten, gestand er, dass es die Rose, die er zum ersten Mal in seinem Leben im Herbst blühen sah, gewesen war, die ihn zu dem verlassenen Kiosk hingezogen hatte. »Für Menschen wie mich, die sich so viel Zeit mit Pflanzen und Treibhäusern beschäftigt haben«, erklärte er ihr verlegen, »ist diese Art der Old Rose eine ganz spezielle, teure Sorte, das ist wie ... wie eine seltene Briefmarke für Sammler, und in der ganzen Welt blüht sie im Frühling, einmal im Jahr, und hier hat sie auf einmal im Herbst geblüht.«
    Wegen dieser Rose, die vor der Eingangstür des Kiosks wuchs, sie in unzeitgemäßer Blüte größtenteils überwucherte, näherte er sich und sah auch die abgebrochenen Zweige direkt vor dem Eingang. Er stand davor und begutachtete aus unmittelbarer Nähe den Strauch, der vor altrosafarbenen Blüten überquoll, und Einat kam ihm nach. »Was für eine Pracht«, flüsterte sie bewundernd, »das schaut aus wie die Blumen auf diesen bestickten Kissen bei meiner Oma zu Hause, weißt du, was ich meine?«
    »Das«, murmelte Peter, der mit einem Mal unvermittelt hinter ihnen stand, »ist eine Centifolia, meiner Meinung nach, oder?«
    »Ich glaube, es ist eine Rosa gallica«, Ja’ir zögerte, »aber viel leicht ist es auch eine Centifolia, wie Sie sagen, man müsste nachschauen, auf alle Fälle ist es eine sehr alte Strauchsorte, sicher aus der Zeit der Briten, schauen Sie, wie sie das Ganze hier überwuchert«, sagte er und beugte sich über die Blütenkelche. Der Hund kam von hinten und jaulte.
    »Was gibt’s, Sa’ar?«, fragte der Hundeführer, und an Ja’ir gewandt: »Irgendwas hier regt ihn wirklich auf. Noch mehr als vor her.« Und erst da gewahrte Ja’ir, dass der Hund dicht neben seinem Hals hechelte, über dem feuchten, lockeren Erdhaufen an den Wurzeln des Rosenstrauchs, und er stieß mit seiner Schuhspitze hinein und zerstreute ihn. Der Hund stürzte sich sofort auf die Stelle und begann, wie wild mit den Pfoten zu scharren.
    »Da ist irgendwas«, wiederholte der Hundeführer, »aber wir haben nichts zum Graben dabei.« Der Spürhund ließ nicht mehr ab von dem Häufchen, bohrte seine feuchte Schnauze hinein, kratzte und scharrte unablässig jaulend im Dreck.
    »Besorgt mir eine Hacke«, rief Ja’ir in Richtung der Polizisten. Ein langer Augenblick verstrich, bis einer von ihnen im Laufschritt mit einer großen Spitzhacke in der Hand ankam. Ja’ir begann, das Häufchen aufzugraben, und spürte, wie weich das Erd reich hier war. »Halten Sie ihn jetzt zurück«, befahl er dem Hundeführer, »er stört mich beim Graben«, und im gleichen Moment kam die Leiche zum Vorschein, zuerst das schwarzweiße Fell, danach der zerschmetterte Schädel.
    »Oh my god«, rief Peter, »das ist Rosi, der Hund von Nesja.«

Elftes Kapitel
     
     
    »Es tut mir Leid für sie«, sagte Balilati, und seine Stimme verlor sich in der Zaunmauer, auf die er seine Ellbogen gestützt hatte, »vor allem für seine Frau, eine nette Frau,

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