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Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Titel: Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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spürte er förmlich Balilatis brennende Neugier und sein angespanntes Bemühen, irgendein Wort aufzuschnappen.
    Im Flüsterton erzählte er Ada in Kürze, wie sie das Mädchen gefunden hatten: wie sie an die Mikve in der Schimschonstraße gedacht hatten, dann an das unterirdische Wasserreservoir, wie sie in dem zerfallenen Haus der Arbeiterpartei gesucht hatten, wie sie in alle Schutzräume der großen Wohnblocks gegangen waren und sie am Ende in dem aufgelassenen Kiosk Ecke Mordechai Hajehudi und Jehudastraße gefunden hatten. »Kiosk? Wo gibt es dort einen Kiosk?«, wunderte sie sich, und sagte dann auf seine genaue Erklärung hin: »Ist ja auch egal, Hauptsache, sie ist in Ordnung, und es hat nicht wieder etwas mit dem Speicher zu tun, es gibt in puncto Rationalität eine Grenze, die ein Mensch ... Hörst du mich noch?«
    »Ich bin nicht allein«, warnte Michael sie, »es sind noch andere Leute da ...«
    »Dann am Abend? Kommst du am Abend?«
    »Aber es kann spät werden«, sagte er zu ihr.
    Sie brachten Balilati zu seinem Wagen zurück, der auf dem schma len Bürgersteig in der Jiftachstraße geparkt war. Vor dem Eingang zum Wohnblock wartete Eli Bachar auf sie. »Alle Achtung«, sagte er, als er ins Auto einstieg und sich auf den Platz setzte, den Balilati räumte.
    »Es war reiner Zufall«, entschuldigte sich Ja’ir, und Balilati blickte sie einen Moment mit einem widerstreitenden Ausdruck im Gesicht an, wie ein Kind, dessen Spiel durch die Rufe seiner Mutter heimzukommen verdorben wurde.
    »So ist das bei unserer Arbeit, fast alles rein zufällig«, bemerkte Eli Bachar ohne jede Bitterkeit.
    »Hören Sie«, sagte Ja’ir, »da ist noch etwas, bevor wir ... ich sterbe auch vor Hunger, aber vielleicht, bevor wir zurückfahren, würde es Ihnen etwas ausmachen, nur für einen Moment ... ich habe vorher einfach die Nachbarin von oben sagen hören, dass das Mädchen viel in den Schutzraum gegangen ist, vielleicht wäre e s also ... und es gibt da noch etwas, aber vielleicht ist das ja auch bloß so.«
    Michael nahm die Hände vom Steuerrad, zog die Handbremse und drehte sich um, um Ja’ir ins Gesicht zu sehen.
    »Als ich sie gefunden habe, als wir gerade reingegangen waren, ja? Das war ein Geruch ... außer dem ganzen, außer diesem Gestank gab es noch einen anderen Geruch, ganz schwach, aber ich ... ich habe ihn schon mal gerochen, ich kann mich bloß nicht erinnern, wie von einem Parfüm oder Aftershave.«
    »Wie was? Paco Rabanne oder Hugo Boss oder ... das Parfüm einer Frau oder eines Mannes?«, fragte Eli Bachar.
    »Was weiß ich? Nein, kein Frauenparfüm, so etwas Bitteres, Scharfes, mit einer Spur Zitrone drin, so eines habe ich vor kurzem gerochen, aber ich kann mich einfach nicht mehr erinnern, vielleicht ein Deodorant oder ... gibt es ein Parfüm für Haare?«
    »Nach den zwölf Stunden, wo sie dort gelegen hat?«, zweifelte Eli Bachar, »vielleicht stammt das von einem von der Spurensicherung oder von den Leuten, die ...«
    »Nein«, beharrte Ja’ir, »das kam von ihrer Haut, vom Ge sicht. Ich habe mich gebückt, um nachzuschauen, ob sie noch atmet, und da habe ich es gerochen. Aber ich weiß nicht, was es ist.«
    »Lassen Sie sich Zeit, das ist so eins von diesen Dingen, die einem ganz plötzlich einfallen, sogar mitten in der Nacht«, tröstete ihn Michael, »wollt ihr jetzt noch in den Schutzraum oder nicht?«
    »Wir waren schon dort, am Anfang der Suchaktion«, er widerte Eli Bachar, »ich und noch zwei Polizisten. Es war aber nichts dort, außer ganz normalen Sachen – ein Bett mit kaputten Sprungfedern und Kartons mit Schrott.«
    »Wie ihr wollt«, sagte Ja’ir und sah zum Fenster hinaus. Einen Moment darauf öffnete er die Wagentür, stieg wieder aus und betrachtete die andere Straßenseite. Michael folgte seinem Blick bis zu dem überdachten Parkplatz, an dessen Rand, mit dem Rücken zu ihnen, Joram Benesch stand, mit kurzer Hose, weißem Sweatshirt und modischer Sonnenbrille, und Wasser aus einem Gummischlauch auf das Dach des roten Toyota spritzte. Um seine nackten Füße herum sammelte sich eine große Pfütze, und dumpfe, rhythmische Bassklänge drangen aus den offenen Wagentüren.
    Michael schaute noch einen Moment und stieg dann ebenfalls aus. Eli Bachar warf einen Blick auf seine Uhr und seufzte.
    »Was ist?«, fragte Michael.
    »Dieser Wagen war völlig sauber, mir kommt sogar vor, dass er ihn gestern gewaschen hat ...«, murmelte Ja’ir und schüttelte verwirrt den Kopf, »ist das

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