Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand
Rändern. »Und ich bin sicher, dass es in der Gegend noch ein paar solche gibt, oder ähnliche, oder Fetzen davon, etwas, das die Spurensicherung finden kann«, fügte er mit Gewissheit hinzu.
»Sagen Sie, sind Sie sicher, dass man an einem Blatt ... an einem einzigen Blatt einen ganzen Strauch identifizieren kann?«, fragte Michael zweifelnd und schaute auf die offene Hand.
»Nein«, erwiderte Ja’ir, »wollen Sie die Wahrheit hören? Nicht hundertprozentig.« Aus der anderen Hosentasche zog er eine Blüte und legte das Blütenblatt daneben: »Sehen Sie? Das sieht ganz ähnlich aus, aber die Blüte habe ich heute abge pflückt, und das Blatt ... es ist vielleicht seit gestern dort, es hat schon nicht mehr den gleichen Farbton«, sagte er bedauernd, »es reicht nicht, um irgendetwas zu beweisen, außer vielleicht die Spurensicherung oder ein großer Experte, und ich bin überhaupt kein Experte in Rosen, aber vor allem – die Farbe, das ist eine seltene Art heutzutage, sie haben hier im Garten keine sol chen Rosen, ich war schließlich schon in diesem Garten. Sie haben moderne, einfache Rosen, dieser eine hat mir gesagt, der Australier, Peter, dass das Bak’a das Viertel der Rosen ist, aber das gehört nicht hierher, jedenfalls gibt es hier keine solche Rose. Und dieses Blatt ist nicht von vor einer Woche, ich hab’s schon gesagt – höchstens von gestern Nacht, und die Farbe – man muss es untersuchen, aber so eine gibt es hier nicht.« Er schlug die Augen nieder und trat von einem Fuß auf den ande ren, bevor er verlegen flüsternd hinzufügte: »Ich hab selber gesehen, wie Sie weniger als das benutzt haben, um jemandem die Zunge zu lockern.«
»Das heißt, du hast wirklich die Absicht, die Spurensicherung zu holen?«, sagte Eli Bachar, der hinter ihnen stand, »ich hab gedacht, das sei bloß ein Trick.«
»Nein, kein Trick, wegen dem Inhalt des Staubsaugers und auch dem Inneren des ganzen Wagens, denn ich möchte wetten, dass ...«
Die Haustüre öffnete sich. Joram Benesch stand im Eingang, fuhr mit einem Arm in den langen Ärmel eines blauen Hemds. Er knöpfte sich das Hemd langsam zu, krempelte die Ärmel bis unterhalb der Ellenbogen auf und tätschelte sich die Wangen. Die Shorts hatte er gegen lange Hosen eingetauscht.
»Also bringen wir den Wagen zur Spurensicherung«, stellte Eli Bachar lakonisch fest.
»Wie willst du das denn machen?«, flüsterte Michael, »ohne seine Einwilligung geht das nur mit einem Gerichtsbeschluss, wir haben jetzt aber keine Zeit ...«
»Ihr geht hinein«, bestimmte Eli Bachar, »und ich kümmere mich um den Rest.«
»Und nachher wird das vor Gericht nicht anerkannt«, warnte Michael, »und was haben wir dann damit gewonnen?«
»Wie sagt doch unser Freund vom Nachrichtendienst immer so schön? Du willst es vor Gericht anerkannt haben? Kein Prob lem, wir machen’s dir anerkannt«, versprach Eli Bachar, und seine grünen Augen funkelten sichtlich vor Vergnügen. »Ihr geht jetzt hinein und überlasst das mir, o.k.?«
»Moment, warte einen Augenblick«, sagte Michael, »wenn du schon ins Büro zurückfährst, tu mir den Gefallen, und fang du schon mal mit Mosche Avital an. Er wartet seit sechs Uhr morgens auf mich, und ich sehe nicht, wie ich ...«
»Kein Problem«, erwiderte Eli Bachar und grinste übers ganze Gesicht, »darf’s noch was sein? Nicht dass es dir einfällt, wenn ich gerade weg bin.«
Joram Benesch rückte ein wenig zur Seite, um sie eintreten zu las sen, und starrte demonstrativ weiter zu Eli Bachar hinüber, der immer noch neben dem Toyota stand. Vielleicht entging ihm deswegen, dass sich die Nasenflügel des Wachtmeisters mit einem Mal weiteten, als er die Schwelle überschritt. Ja’ir verharrte einen Augenblick witternd und warf Michael dann einen beredten Blick zu, als wollte er sagen: »Das ist es, das ist der Geruch«, und Michael sog tief den schwachen Duft von bitterer Zitrone gemischt mit Moschus ein.
Joram Benesch schloss die Tür und ging voran ins Wohnzimmer. Er deutete mit der Hand auf das weiße Ledersofa, und die beiden ließen sich dort nieder, ihm gegenüber, der in einem zweisitzigen Ledersessel versank. Er schob eine schlanke hohe Vase beiseite, fixierte die Blüten der Strelitzien, die abzustürzen drohten, und legte dann mit demonstrativer Entspanntheit sein eines Bein auf die massive grünliche Glasplatte des Wohnzimmertisches. Die Lederschuhe, die er trug, wirkten neu, und Michael schien, dass der linke Knöchel dicker
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