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Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Titel: Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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jemenitisches Kulturerbe das fortschrittliche Image der Synagoge beeinträchtigen würde. Er hatte sich auch beherrscht und nicht zu ihr gesagt, dass ihre Obsession, die historischen Wurzeln der jemenitischen Gemeinde und ihrer Familie zu erforschen, ihm irgendwie merkwürdig vorkam, was seinen Widerstand und in letzter Zeit auch Besorgnis hervorrief.
    Ein wenig tröstliche Entspannung fand er bei dem Gedanken an den frischen Wind, der durch die Synagoge wehte, die jahrelang halb verwaist gewesen war und in der nur ein paar alte Män ner aus der persischen Gemeinde und Bauern, die im Viertel übrig geblieben waren, gebetet hatten. Schließlich war er es gewesen, der den neuen Prozess ins Leben gerufen hatte, indem er die Alten im Viertel dazu überredet hatte, die Synagoge auch anderen zugänglich zu machen und ihr eine fortschrittliche und interaktive Ausrichtung zu geben (»modern« war das Wort, das er der Hand voll Greise gegenüber benutzt hatte, die die Synagoge treu und verlässlich am Schabbat und Feiertag aufsuchten). Er wollte sie in einen Ort verwandeln, an dem auch Aschkenasim beteten und besonders die neuen Einwohner des Viertels, die, die nach dem Sechstagekrieg aus den USA, Südafrika und Europa eingetroffen waren (sofern sie konservativ waren und keine »echten Schwarzen« – er scheute sich nicht, bei den Versammlungen des Synagogenrats die extrem Orthodoxen so zu bezeichnen).
    Warum war Zohra so böse auf ihn? Alles, was er wollte, war, das verödete Gebäude in ein soziales Zentrum zu verwandeln, das auch kulturelle Veranstaltungen und Familienfestivitäten anlässlich freudiger Ereignisse unter seinem Dach beherbergte. Es bedurfte vielerlei Anstrengungen, um den Widerstand der Stamm klientel zu brechen, die eine aschkenasische Machtübernahme keineswegs mit Wohlgefallen sahen; geduldig und diplomatisch manövrierte er zwischen ihnen hin und her, bis er ihr Einver ständnis erlangt hatte; »Amerikaner und Franzosen«, hatte er ihnen versichert, »sind keine normalen Aschkenasim, nicht wie die Alteingesessenen im Land aus Polen und Russland, es sind eigentlich überhaupt keine Aschkenasim«. Das hatte er behaup tet und zu Gunsten der Idee sogar den Namen seines Vaters, einer der Lieblinge der Gemeinde, ins Feld geführt, dessen Gleichgültigkeit glücklicherweise als positive Stellungnahme ausgelegt wurde. Alle seine Versprechen hatte er erfüllt: Er hatte versprochen, das Gebäude überholen zu lassen und aus ihm »einen Palast zu machen«, und siehe da, wenn es fünf Jahre später auch kein echter Palast geworden war, so bestritt doch niemand, dass die Synagoge geradezu fantastisch saniert worden war; er hatte versprochen, dass es ein »Haus für alle Einwohner des Viertels« würde, und in der Tat fand nun fast jeden Abend eine kulturelle oder gesellschaftliche Aktivität darin statt, wie im Gemeindezentrum in Rechavia, dem Deutschenviertel, oder in einem gehobenen Stadtteiltreffpunkt. Sogar jetzt – fünf Jahre nachdem er das Dutzend Altbeter dazu überredet hatte, ihn gewähren zu lassen –, entfuhr ihm des Öfteren noch ein Seufzer der Erleichterung, wenn er sich an die Zustimmung erinnerte, die er ihnen abzuringen vermocht hatte, sei es, weil er selbst aus einer jemenitischen Familie kam oder weil die Jahre sie gelehrt hatten, dass man gegen die Umwälzungen, die das Gesicht des Viertels veränderten, nicht ankämpfen konnte.
    Wie konnte ihm Zohra da »soziales Desinteresse« vorwerfen, nachdem er den Großteil seiner freien Zeit der Renovierung gewidmet und sich auch das Amt des Synagogenvorstehers gerne hatte aufbürden lassen. Sogar der Bitte, die Rolle des Kantors während der hohen Feiertage einzunehmen, war er nachgekommen – ohne auch nur im Geringsten durchblicken zu lassen, dass damit sein größter Wunsch in Erfüllung ging. Und nach all dem warf ihm Zohra Zweckopportunismus vor. Dieser Vorwurf war wirklich schwer nachvollziehbar, denn was hatte er letztendlich schon gewollt? Die Beziehungen innerhalb des Viertels fester knüpfen? Es war doch ein Viertel, in dem sowieso jeder jeden kannte, warum sie also nicht alle zu einer einzigen Gemeinde ver einen? Es war einfach beinahe unglaublich, welche Hindernisse da vor jemandem auftauchten, der etwas verändern wollte – der Rabbiner Stiglitz, zum Beispiel, der aus dem orthodoxen Kirjat Mattersdorf zu ihnen gekommen war, man hätte den Verstand verlieren mögen über eine derartige Unsensibilität des Religionsministeriums und der

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