Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand
der Kurs ist für Kinder von dort gemeinsam mit Kindern aus unserem Viertel, ein Töpferkurs, und wir«, sie deutete auf ihre Gefährtin und auch auf das Grüppchen auf der anderen Straßenseite, »sind Intellektuelle, Künstler und Denker, wir haben kein Interesse an Gerüchten und politischer Aufwiegelung. Genau gegen solche Dinge haben wir die Bewegung ins Leben gerufen – wir sind ein säkularer und par teiloser Block«, betonte sie, »›Bürger für den anderen‹. Wir sind für eine Annäherung an den anderen, Sie haben sicher von uns gehört, denn wir sind in dieser Hinsicht an Peace Now verzweifelt und ... egal, bei uns begegnet man sich in Zusammenkünften aus allen Bereichen und Schichten und auch ...«
Eli Bachar sandte Michael einen gepeinigten Blick. Michael seufzte, stieg lustlos aus dem Wagen, in den er sich bereits zurückgezogen hatte, und stellte sich vor die Frauen. »Momentan sind wir bei einer ersten Klärung«, schnitt er ihren Redestrom ab, »und wir haben keinerlei Möglichkeit zu ... vielleicht ist es im weiteren Verlauf eine ausgezeichnete Idee, eine Versammlung zu organisieren, wir werden darüber nachdenken. Haben Sie Zohra Baschari gekannt?«
»Nur ... nicht persönlich, ich habe sie einmal singen gehört«, erwiderte die Frau, und ihre Gefährtin, die eine Strähne ihres fahlbraunen Haars zwischen den Fingern zerpflückte, blickte ihn an und holte Luft, als wollte sie gleich wieder zu reden anfangen. Doch Michael breitete schon mit hilfloser Geste die Arme aus und sagte leise: »Das wär’s im Augenblick.« Er wartete, bis sie sich mit demonstrativer Unzufriedenheit abgewandt hatten, und sein Blick begleitete sie, als sie die Straße überquerten, um zu ihrem Grüppchen zurückzukehren.
»Schau dir diese Leute an. Denen geht’s wohl zu gut im Leben«, knurrte Eli Bachar, »sie haben keine anderen Probleme, außer das Viertel hübsch zusammenzuhalten, schade, dass Balilati nicht hier ist, er hätte wieder mal sagen können: Die da, alles Linke sind die. Man spuckt sie an und sie sagen ›es regnet‹. Und sicher hätte er gesagt: Ich hab gedacht, dass diese ganzen Linken wegen der neuen Intifada was kapiert hätten, aber ich seh schon, überhaupt nichts haben sie kapiert.«
Der Hund zerrte wild an der Leine, und das dicke Mädchen ließ sich in Richtung des Wohnblocks hinterherziehen. Am Zaun blieb sie stehen und schaute den glänzend roten Toyota an, der hinter einem staubigen Ford stand. Ihre Augen hingen mit furchtsamer Bewunderung an dem Fahrer, der über den Ärmel seines blauen Jacketts strich und mit dem kleinen Fingernagel einen Fusel vom Rand seiner hellgrauen Krawatte schnipste.
»Darf ich vielleicht vorstellen«, sagte Eli Bachar und wies mit der Hand auf den Mann mit der Baskenmütze, »das ist Peter O’Brian, von dem ich dir erzählt habe, du erinnerst dich? Ich hab’s dir erzählt, er wohnt im Viertel, oben«, Eli nickte mit dem Kopf zur anderen Seite der Bethlehemer Landstraße hinüber.
»Doch, doch, ich erinnere mich, du hast es mir erzählt«, versicherte Michael, während er Peter O’Brians Hand drückte. Aus den Augenwinkeln beobachtete er den Besitzer des Toyotas, der seine langen Beine ausschüttelte, wie nach einer ermüdend langen Fahrt, und auf den Schlüsselbund in seiner Hand drückte. Der Wagen ließ ein langes Piepsen ertönen, und erst nachdem es verstummt war und er sein Haar mit der Hand in Form gebracht hatte, widmete er seine Aufmerksamkeit dem Menschenauflauf, überquerte im Laufschritt die Straße und stieß das eiserne Tor des benachbarten Hauses auf.
»Eli hat mir von Ihnen erzählt«, sagte Peter, »er wollte, dass wir uns würden treffen, ja?«
»Treffen sollten, dass ein Treffen stattfindet«, half ihm Eli, »vielleicht können wir ihn ja auf einen Humus mitnehmen.« Er blickte Michael dabei abwartend an.
»Gern, wenn wir mit dem Ganzen fertig sind, dann gern«, murmelte Michael und warf einen Blick zu dem Haus gegenüber.
»Aber natürlich«, entschuldigte sich Peter und straffte sich kurz. Dann erklärte er, dass er jetzt, in seinem Schabbatjahr, die Absicht habe, drei Monate am Stück hier zu bleiben, und sich glücklich schätzen würde, Michael einmal zu bewirten, denn das Kochen sei eine seiner großen Leidenschaften und sie hätten stän dig Gäste da. Michael schnitt ihn mit der Frage ab, ob er die Ermordete in letzter Zeit gesehen hätte, worauf Peter sich stotternd entschuldigte, er sei erst vor zwei Tagen eingetroffen
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