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Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand

Titel: Ochajon 05 - Denn die Seele ist in deiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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Untersuchungsausschüssen wegen dieser entführten Babys und auch Rabbi Meschulam, der eine, der ...«
    »O.k., hab schon kapiert, ich bin ja nicht blöde, du brauchst mir nicht zu erklären, wer dieser Rabbi Meschulam ist«, Zila war eingeschnappt.
    »Entschuldige«, sagte Michael, und sein Blick wanderte gedankenverloren hinaus, von der Türschwelle in den Hof. Es war früher Abend, gleich Feiertagsbeginn, und trotzdem standen vier ältere Frauen am Zaun zwischen den beiden Haushälften, ihre gesenkten Köpfe berührten einander fast. Eine von ihnen, mit Haube und abgetragenem Kittel – es war die, die vor einigen Stunden den Teppich geklopft hatte –, erklärte den anderen mit gedämpfter Stimme etwas, und sofort blickten alle zur Haustür der Bascharis.
    »Was Sie nicht sagen!«, rief die Älteste unter ihnen, mit stark gekrümmtem Rücken und einer baumelnden Plastiktüte in den gichtigen Fingern, aus der irgendeine milchige Flüssigkeit auf den steinernen Pfad tropfte. »Sie haben’s doch gehört«, erwiderte die mit der Haube in schrillem Sopran, »haargenau so ist es!« Fast kreischend schickte sie hinterher: »Sie kennen mich doch, Frau Sima, nie würd ich lügen«, und aller Augen waren nun auf den Hof gerichtet. »Denken Sie gut dran, was ich gesagt hab«, ermahnte sie ihr Publikum, während sie ruckartig nach rechts und nach links spähte, wie ein Vogel, bevor er sich auf den Wurm stürzt, bis ihre Augen auf Michael, Zila und Wachtmeister Ja’ir fielen. Einen Moment verweilte ihr Blick neugierig auf ihnen, dann marschierte sie kurz entschlossen schnellen Schritts auf sie zu.
    »Entschuldigen Sie, entschuldigen Sie einen Moment«, sagte sie überstürzt, »stimmt das, was man sagt? Ist Zohra wirklich erwürgt worden? Stimmt das, dass man ihr das Genick gebrochen hat? Dass es ein Perverser ist oder ... und stimmt das, dass sie vor her ...« – pulsierende Röte schoss in die rosa Warze neben ihren Lippen, ihre hellen, farblosen Augen huschten nach allen Seiten, und ihre Stimme senkte sich zu einem durchdringenden Flüstern – »vergewaltigt worden ist? Diese Araber, die in dem Gebäude ge arbeitet haben ...«
    Michael wedelte abwehrend mit dem Arm und ließ schleunigst den Pfad hinter sich, ignorierte die Dutzende Menschen, die sich auf dem Bürgersteig vor dem Haus drängelten und tuschelnd Informationsbrocken austauschten. Im Vorbeigehen erfasste er das erschrockene Gesicht einer blonden Frau um die Sechzig, deren gelbes Haar zu einem Knoten zusammengefasst war, dessen Stil ihm bekannt vorkam, doch es wollte ihm nicht einfallen, woher. Sie stieg aus einem Subaru vor dem Haus, ihre Finger tasteten wie Halt suchend nach der Perlenkette um ihren Hals, und ihre Rechte fuhr zum Mund, als erstickte sie einen Schrei. Aus dem Wagen war auch ein junges Mädchen ausgestiegen, das sofort den Saum ihres Minirocks über die entblößten Schenkel zerrte. Die ältere Frau zog sie am Arm eilig auf das Tor zu. »Was ist pas siert?«, fragte sie mit zitternder Stimme.
    »Frau Benesch«, trompetete die Frau mit der Haube, »fragen Sie nicht, Frau Benesch.« Doch Michael wartete nicht auf die Fortsetzung, sondern hastete zu dem weißen Toyota, dessen Motor und Blaulicht bereits eingeschaltet waren. Hinter dem Steuerrad blickte ihm Eli Bachar mit verkniffenen Lippen entgegen. Seine eine Hand hing aus dem Fenster, seine Finger trommelten gegen das weiße Blech, und Michael, der schon die Beifahrertür erreicht hatte, nahm gerade noch wahr, dass vom Ende der Straße her jemand mit ausholenden Schritten auf ihn zusteuerte: ein hoch gewachsener älterer Mann in einem dünnen Mantel, eine abgewetzte Baskenmütze auf dem Kopf, und mit ihm das dicke Mädchen im blauen Trainingsanzug. Sie hielt seine Hand fest, und mit der Rechten zerrte sie angestrengt den Hund hinterher. Als sie den Kopf hob, starrte sie wie gebannt auf das flackernde Blaulicht. Das Gesicht des Mannes war von unzähligen Falten durchzogen, doch aus seinen blauen Augen blitzte die Lebens kraft, auch als er sie, geblendet von der untergehenden Sonne, zu sammenkniff. Als Eli Bachar ihn bemerkte, veränderte sich sein Gesichtsausdruck schlagartig, noch bevor Michael überhaupt zu einem Versuch ansetzen konnte, ihn wegen der langen Wartezeit zu beschwichtigen.
    »Hallo, Eli«, sagte der Mann, der nun auf die Straße trat und sich zum Fahrerfenster hinunterbeugte, und in britischem Englisch fuhr er fort, er habe gehört, dass ein Unglück passiert sei, und fragte,

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