Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel
anschließend seine kleinen blauen Augen auf, richtete den feuchten Blick direkt in die Kamera und platzte wieder in die Worte des Moderators. »Entschuldigen Sie bitte vielmals!«, trompetete er feierlich. »Ich, als Schlachtvieh für den Massenmord, werde nicht noch einmal … in Auschwitz waren wir schon!« Wieder wurde laut geklatscht, und er neigte den Kopf, als überließe er sich einen Augenblick den harten Bildern, und die Kamera beschrieb einen Kreis um den Tisch und verweilte auf seinem Stiernacken.
»Nun halt schon dein großes Maul«, forderte Niva und schrie: »Jemand soll den Sound runterdrehen!«
Keiner reagierte. »Wo ist die Fernbedienung, nu? Eres, gib mir das Ding«, schimpfte sie und zog sie unter einem Papierhaufen in ihrer Nähe heraus, ließ das Bild verstummen. Der Mund des Mannes war noch offen, seine wulstigen Lippen bewegten sich, aber seine Stimme war nicht mehr zu hören.
»Aber ich muss das hören«, protestierte der Korrespondent für Polizeiangelegenheiten. »Gleich reden sie über den Jerusalemer Mord, ich muss dann auch runter, sie wollen mir eine Vorwarnung geben, ich möchte Bescheid wissen«, beschwerte er sich, griff sich die Fernbedienung und erhöhte die Lautstärke wieder genau in dem Moment, in dem die Stammteilnehmerin der Diskussionsrunde sagte: »Wer sagt, dass bei uns jüdisches Vermächtnis nicht geachtet wird? Hier bitte, es ist eine Tatsache, dass im staatlichen Fernsehen, das nach allgemeiner Ansicht eine säkulare Institution ist, jetzt eine Geschichte von Agnon produziert wird. Was ist das denn, wenn nicht jüdisches Erbe?«, fragte sie hitzig und rückte ihren runden Hut zurecht.
»Die auch, mit ihrem umgestürzten Topf auf dem Kopf, jede Woche ein anderer Topf«, kommentierte Niva feindselig und fuhr mit den Füßen in ihre schweren Pantinen. »Schon seit achtundvierzig Stunden bin ich da, zwei, drei hab ich vielleicht geschlafen, ich mach den Laden dicht«, verkündete sie. »Brauchen Sie mich auch zum Befragen?«, wandte sie sich mit schiefem Mund an Michael, als ob ein Gespräch mit ihm das Allerletzte sei, das ihr noch fehlte, doch er erkannte, dass sie im Grunde sehr gerne befragt werden würde, und da Chefez noch auf sich warten ließ, sagte er: »Das könnte sehr hilfreich sein, ich stelle mir vor, dass Sie die Person sind, die am meisten von allen weiß …«
»Dann kommen Sie, setzen wir uns kurz wohin«, sie deutete mit gekünstelter Unlust auf eines der abgeteilten Büros, und er folgte ihr. Bis sie die Tür geschlossen hatte, hörte er noch die Stimme eines Mannes schreien: »Sagen Sie bloß nicht ›Agnon‹! Sie haben Agnon gemacht, weil sie eine Zuwendung erhalten haben, Benni Mejuchas hat persönlich Gelder bekommen, um …«
Michael hatte nicht vorgehabt, mit Niva in diesem Stadium zu sprechen, und er hatte sie auch, zumindest im Moment, Lilian zugedacht, wegen seiner These (es gab einige, die ihn deswegen des Chauvinismus bezichtigten, und Zila bezeichnete es als eine primitive These, die sich nicht einmal mit einem Gramm seiner Erfahrung belegen ließe), dass Frauen gegenüber Frauen offener wären. Doch Niva wollte reden.
»Hören Sie«, sagte sie zu ihm, kaum dass sie saßen, »ich kann Ihnen eine Menge erzählen, aber was wollen Sie hören?«
»Zunächst vor allem«, antwortete Michael, »dieser Tod von Tirza Rubin, im Verlauf der Filmarbeiten zu ›Ido und Einam‹, ich wollte …«
»Was? Quasi der Unfall?«, fiel ihm Niva ungeduldig ins Wort.
»Wieso ›quasi‹?« Er spannte sich. »War es denn kein Unfall?«
»Doch, doch«, wiegelte sie rasch ab, »hab ich bloß so gesagt, wie man eben so sagt, Sie wollen was über den Unfall wissen?«
»Auch darüber, aber zuerst einmal, was … haben Sie je mit ihr gearbeitet? Kannten Sie sie?«
»Tirza war fern von dem allem«, Niva deutete auf den Nachrichtenraum. »Das hat sie nicht interessiert … sie hätte eigentlich überhaupt am Theater arbeiten sollen als … aber wegen Rubin … sie waren ja verheiratet, zuerst sie mit Rubin und danach sie und Benni, also war es ganz natürlich, dass sie mit Benni arbeitete, wenn es irgendeine Produktion von ihm gab, nicht dass es so viele gewesen wären.«
Michael fragte, ob auch sie, wie viele andere, den Eindruck hätte, dass das Verhältnis zwischen Benni Mejuchas und Arie Rubin durch »dieses romantische Dreieck« nicht beeinträchtigt worden wäre.
»Na gut«, sagte Niva, »das ist Rubins Verdienst, denn er ist ein edelmütiger Mensch
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