Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel
einheimisch, und er ist am Sicherheitsoffizier vorbeigekommen – ich weiß es, denn sie haben mich von unten angerufen, sagten, Aviva, hier ist einer, der sagt, er hat einen Termin mit Zadik? Hatte er. Sie haben den Kalender gesehen. Ich habe ihn eingetragen – Zadik sagte zu mir, ›schreib S.‹. Ich hab nicht nachgefragt. Hab’s aufgeschrieben. Nachher kam er dort wieder heraus und verschwand. Als ob ihn niemand gesehen hätte. Haben Sie ihn danach gesehen? Haben Sie ihn gefunden? Genau das sag ich ja – verschwunden.
Überhaupt, das war der Tag des Verschwindens – alle waren sie verschwunden. Es reichte, dass man jemanden brauchte – du konntest wetten, dass er verschwunden war. Der Morgen hat damit angefangen, dass sie verschwanden. Zuerst – die Meldungen über diese Frauen der Fabrikarbeiter mit den Flaschen – sind die Lastwagen verschwunden samt den Flaschen. Haben Sie so was schon gehört? Wie in Napoli, ich war einmal in Napoli, nur einen Tag war ich dort, aber ich werde das nie vergessen, denn ich war da mit einem – ich will keine Namen nennen, denn alle kennen ihn … und ich kann auch nicht ›Geizkragen‹ sagen, denn andererseits … aber letztendlich – ein Geizkragen. Egal, sowohl verheiratet als auch ein Geizhals und das Ganze in Süditalien und noch dazu in Napoli – wir haben einen Trip übers Wochenende gemacht, das heißt, ist nicht so wichtig … mehr Ende als Woche … aber warum ist mir das eingefallen? Ach ja, wegen den Arbeiterfrauen – nachher stellte sich heraus, dass sie sie genommen haben, losgefahren sind, ausgekippt haben, alles. So ist es in Napoli – es gab einen Zugstreik … unwichtig … jeder macht, was er will. Die Ampeln – eine rote Ampel? Da muss man nicht halten, das ist quasi bloß eine Empfehlung … also, am Morgen berichten sie … zuerst das mit den Lastwagen, die sie gestohlen haben, und nachher – eine nach der anderen melden sie uns die ganzen zentralen Kreuzungen – die Checkposten-Kreuzung und die Einfahrten nach Tel Aviv vom Derech-Haschalom und nach Jerusalem, und Dani Benisri – sie finden ihn nicht. Ist nicht. Verschwunden. Ungefähr vier Stunden hat es gedauert, bis sie ihn gefunden haben, und er ist schließlich ihr Mann, der von den Arbeitern, mein ich … bis jetzt hab ich keine Ahnung, wo er war, das war schon ein Zeichen, wie der ganze Tag werden würde. Das erste Zeichen.
Danach hat Zadik zu mir gesagt: ›Aviva, hol mir Benni Mejuchas‹ – und ich fang zu suchen an, wo hab ich nicht überall gesucht! Nichts, ist nicht. Der Mensch ist verschwunden, nicht mal Rubin hat eine Ahnung, wo Benni ist, und er ist sein bester Freund. Noch von … vor … kann ich ein bisschen Wasser haben? Sie entschuldigen, mit diesen ganzen Pillen, ich weiß schon gar nicht mehr, was … aber jedes Mal, wenn ich es wieder vor mir … egal, Benni Mejuchas ist noch vorher verschwunden, Sie wissen schon, bevor Zadik … entschuldigen Sie, dass ich weine, aber da arbeitet man mit jemandem Jahre, jahrelang, und plötzlich endet er so … so wie … ich glaub’s immer noch nicht … Zadik so zu finden, und er ist nicht irgendwer … wir reden vom Intendanten des staatlichen Fernsehens! Mitten in … mit diesem ganzen Blut … abgeschlachtet, wie kann man denn einen Menschen so schlachten, wie denn? Ein ganzes Leben, und innerhalb eines Moments … haben Sie gesehen, wie man ihn abgeschlachtet hat?! Entschuldigen Sie, dass ich so … alles in allem war er ein guter Mensch, nicht einer, der … egal. Ich schwöre Ihnen, von Anfang an, wie ich am Morgen bloß die Augen aufgemacht habe, dachte ich schon, das wird ein schlimmer Tag. Ja, es gibt Menschen, die spüren das, glauben Sie das nicht, dass es solche Menschen gibt, die es im Gefühl haben? Nicht alle, aber es gibt solche, sensible, die Vibrationen auffangen, ich bin so eine … nennen Sie es, wie Sie wollen, ich habe etwas gespürt. Das Erste heute Morgen – ich bin um halb acht gekommen, denn Zadik … entschuldigen Sie, könnte ich noch Wasser haben? Zadik hatte mich gebeten, früh zu kommen, denn er hatte die wöchentliche Redakteurssitzung und er war auf Probleme gefasst wegen … das ist jetzt nicht mehr wichtig, aber er hat darum gebeten, Zadik und ich … seit so vielen Jahren sind wir … ich kenne ihn und … denken Sie bloß nicht an irgendetwas Schmutziges, zwischen uns war rein gar nichts … wie soll ich sagen … anfangs hatte seine Frau Angst, als ich seine Sekretärin wurde, kam sie immer
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