Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel
zwei Stunden, Chefez in den Humusladen von dem Iraki hat reingehen sehen, du weißt doch, welchen ich meine?«, wandte er sich an Michael. »Wir sind mal dort hingegangen, in der Jirmejahustraße, hinter dem Schrottplatz, da gibt’s so ein Loch, quasi bloß mit so einem Petroleumkocher, ja? Wie in der Altstadt, ja? Erinnerst du dich, wovon ich rede?« Michael nickte, halb zur Bestätigung, halb zur Beschleunigung. »Jedenfalls, Ezechiel hat Chefez zu dem Iraki reingehen sehen, ›wie ein Dieb‹, hat er zu mir gesagt, also Ezechiel über Chefez, ›schaut nach rechts und nach links, und drin ist er, als ob man ihn verschluckt hat‹, das hat er mir erzählt, zufällig, aber so hab ich schon ein Ende von einem Faden, quasi was in der Hand gehabt, um ihm, also Chefez, anzudeuten, dass ich weiß, dass er das Gebäude verlassen hat. Und nicht nur das, ich hab zu ihm gesagt, dass das genau die Stunden waren, in denen noch ein Mord in Zusammenhang mit dem Fall verübt wurde, und dass er, Chefez, als Verdächtiger gelten könnte, und ab da lief alles schon wie geschmiert. Kann man hier noch irgendeinen Kaffee kriegen?«
»Aber er hat geschlossen, der Iraki, nach drei oder vier hat er nicht mehr auf«, bemerkte Eli Bachar, als jemand Balilati einen randvollen Becher mit schwarzem Kaffee reichte.
»Normalerweise schon«, erwiderte Balilati, »aber wenn du ein wichtiger Mensch bist«, er seufzte, »oder wenn du zum Beispiel den Direktor der Sendebehörde quasi heimlich treffen willst, was dann passiert, ist, dass der Besitzer des Lokals – wenn man den Humusschuppen von dem Iraki als Lokal ansehen will – höchstpersönlich und eigenhändig für dich aufmacht, auf dich wartet, bis du daherkommst.«
»Moment mal, das verstehe ich nicht«, wandte Wachtmeister Ronen ein, »wen kennt er, der Iraki?«
»Beide«, sagte Balilati ungeduldig, »Chefez und den Sendedirektor, aus der Kindheit kennt er sie, sie sind zusammen in Bagdad zur Schule gegangen, waren Nachbarn im Transitlager, alle drei oder zwei, ich hab’s nicht genau mitgekriegt … ich glaube, auch die Familie von Chefez, aber vielleicht weniger lang. Jedenfalls, wichtig daran ist, sie sind so eine Art Clique, diese drei, noch aus den Tagen, wo sie so waren …«, Balilati zeigte mit der Hand nahe überm Boden an, wie klein sie damals waren. »Und zusammen haben sie die ganze Welt gehasst, das Durchgangslager, die Aschkenasim, die Lehrer, die Jewish Agency und was sonst noch alles … jedenfalls, für sie macht der Iraki eigens auf. Er hat ein Hinterzimmer, da wohnt er übrigens … habt ihr nicht gewusst, was?« Aller Augen hingen erwartungsvoll an ihm, warteten darauf, dass er endlich zur Hauptsache käme, doch Balilati fuhr unbeeindruckt fort: »Also ich – wenn ich da nach drei vorbeikomme, brauch ich gar nicht erst anfangen, ich hab nicht mal eine Chance, Humus im Pita zum Mitnehmen zu kriegen, ›Küche geschlossen‹ heißt es, aber der Herr Chefez mit dem Herrn Ben-Ascher? Was immer sie wollen. So ist das, nicht dass es mir was ausmacht, ist schließlich bloß ein Humusschuppen …«
»Sag mal«, fuhr Eli Bachar dazwischen, »warum kommst du nicht endlich zur Sache? Ein Mal nur …« Michael warf ihm einen müden, aber strengen Blick zu, und er verstummte schleunigst, zog den Becher Kaffee zu sich heran, der sich abgekühlt hatte, und starrte auf das Fenster gegenüber, das immer noch dunkel war.
»Die Hauptsache hab ich euch doch gesagt – er hat das Gebäude verlassen, das ist beim Sicherheitsoffizier registriert, für eineinhalb Stunden«, sagte Balilati, »und hat mit dem Sendedirektor zusammen gesessen. Sie haben Pläne gemacht, für Kürzungen und Sparmaßnahmen sozusagen, aber wenn ihr mich fragt – Arschkriecher- und Kastrationspläne, denn diesem Direktor hat Zadiks Tod eine Menge erspart, da ist nichts zu sagen.«
»Trotzdem, sagen Sie etwas, auch wenn es nichts zu sagen gibt«, schlug Schorr vor.
»Das ist alles ziemlich bekannt«, seufzte Balilati und musterte den Plastikbecher mit unverhohlenem Abscheu, bevor er sehr geräuschvoll den letzten Schluck Kaffee hinunterkippte, »dieser Intendant jetzt, ich brauch euch seine Lebensgeschichte nicht zu erzählen, die könnt ihr in der Zeitung lesen; aber was man im Zusammenhang mit ihm erwähnen muss, ist, wie dringend er den Aschkenasim eins reinwürgen will, weil die ihn sozusagen erniedrigt haben. Keiner weiß, wie er genau ins System gerutscht ist, er hat im Radio bei Kol Israel auf Arabisch
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