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Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel

Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel

Titel: Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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hat, hat keinen festen Schlaf mehr. Und wenn du sechs Kinder großgezogen hast – erübrigt sich jedes Wort, da lauschst du immer mit einem Ohr, um jedes Weinen von ihnen zu hören. Seit sie geboren worden waren, hörte sie jeden Laut. Laut? Sogar wenn es nicht einmal einer war, es genügte, dass sich jemand in der Nacht bewegte. Auf Zehenspitzen, barfuß, war Schimschi in die Küche gegangen. Nicht einmal einen Kaffee hatte er getrunken oder das Licht angemacht. Und wie oft hatte sie ihm gesagt, dass Krieg keinen Sinn machte, dass die Fabrikbesitzer am Ende gewinnen würden, wie immer – die Reichen bereichern sich an allem und jedem und nur die Armen gehen zugrunde; schade um das Leben, sie hätten sowieso schon alles verloren, es sei besser, die Abfindungen zu nehmen und zu sehen, was kommen würde. Aber Schimschi – der konnte nicht aufgeben, und vor allem musste er, als Vorsitzender des Betriebsrats, ein Beispiel geben. Aber warum hatte er Avram mitnehmen müssen, wo Sarit in dem Zustand war, und bis sie überhaupt schwanger geworden war … und nicht nur Avram. Auch vier Fabriklaster hatte er sich genommen.
    Seit er in der Nacht das Haus verlassen hatte – hätte sie ihn nicht gekannt, hätte sie seinem Gesicht nach, als sie ihn erwischte, denken können, er würde zu einer anderen Frau gehen –, ging ihr der Film im Kopf herum, den sie vor einiger Zeit im Fernsehen gesehen hatte. Ein ums andere Mal sah sie diese Bilder aus dem Film mit Clint Eastwood, sie erinnerte sich nicht, wie er geheißen hatte, über einen Mann, der in den Tod ging, um jeden Preis seinen Weg ging, gegen die Schurken, selbst wenn er daran sterben würde. Waren sie vielleicht keine Schurken? Sie wusste, dass sie wirklich Schurken waren, alle in der Regierung und auch diese Ministerin, der man ganz genau ansah, dass sie für niemanden einen Finger rühren würde. Sie hatte zu ihm gesagt, nur über meine Leiche, und versucht, sich vor die Tür zu legen, und wenn er probiert hätte, mit ihr zu kämpfen, hätte sie ihn garantiert abhalten können, mit Zähnen und Klauen hätte sie ihn aufgehalten. Aber Schimschi war nicht dumm. Er kannte sie zu gut. Er kämpfte nicht. Stattdessen stellte er sich neben sie an die Tür, ging auf die Knie und sagte ganz, ganz leise zu ihr: »Rachel, tu mir den Gefallen, ich habe keine andere Wahl, falls nicht – dann wird mir nicht mal mehr meine Würde bleiben. Sie spielen mit uns, sie machen sich über uns lustig, das ist eine Ehrensache, versteh doch, das ist stärker als alles, stärker als jede Stromrechnung.« Da hatte sie ihn nicht aufhalten können. Seinen ganzen Plan und was sie genau vorhatten – das wollte er nicht sagen, und sie hatte gedacht, sie würden sich in der Fabrik einsperren. Aber jetzt, als sie es im Fernsehen sah – sie hatte doch keine Ahnung gehabt, dass von Dynamit die Rede war, von Tunnel sprengen und die Ministerin entführen. Nicht die leiseste Ahnung hatte sie gehabt. Und dass sie ausgerechnet Dani Benisri wollten. Aber Schimschi hatte sie mit diesem Blick angesehen, und da hatte sie nicht mehr das Herz gehabt, ihm noch weiter Schwierigkeiten zu machen, sie hatte auch begriffen, dass es nichts helfen würde.
    Man musste den Aschenbecher ausleeren und noch einen Tee kochen. Rachel Schimschi kniff ihre Augen zusammen. Im Fernsehen dehnten sie die Zeit, und die ganzen Mädchen hier warteten, als sei sie ihre Anführerin. Nicht genug, dass ihr Mann der Vorsitzende des Betriebsrats war. Fanni, die an den Strähnen ihres gelben Haars zog, klopfte dem Baby in ihren Armen auf den Rücken, obwohl es schon still war, und rauchte in einem fort. Und auch Sarit, samt ihrem Bauch, sogar nachdem sie schwanger geworden war, hatte mit den Zigaretten nicht aufgehört. Und Rosi mit ihren vom Zucker angeschwollenen Beinen. Wenn man sie sich alle so anschaute, sah man es gleich – arm, da gab’s nichts zu sagen, arm dran. Und die Kinder. Was würde aus den Kindern? Besser, sie sagte nichts davon, was sie dachte, keinen Ton, was aus ihnen werden würde. Sie wusste ganz genau, was passieren würde – Benisri hin oder her, am Schluss würden sie im Gefängnis enden. Alle. Ihr Schmischi, Fannis Gerard und Simis Meir genauso wie Sarits Avram. Eine Frau in ihrer ersten Schwangerschaft so allein zu lassen nach all den Schwierigkeiten, die es gegeben hatte, und mitten in der Nacht mit diesen ganzen Alten zu gehen, die nichts mehr zu verlieren hatten, das hatte sie selbst zu Schimschi gesagt, als sie

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