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Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel

Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel

Titel: Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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ihn bei dem Versuch ertappte, um zwei in der Nacht aus dem Haus zu gehen, ohne dass sie es merke. Er hatte sich wohl gedacht, sie sei schon so eine Alte, die nichts mehr hörte. Du bist alt, hatte sie zu ihm gesagt, du hast keine Kraft mehr für solche Kriege. Gerade deswegen, hatte er zu ihr gesagt, weil ich alt bin und nichts zu verlieren habe, was habe ich denn schon zu verlieren?, sagte er zu ihr. Nicht dass sie ihn nicht verstehen würde. Aber dass ein Mensch wie er, mit seinem Verstand, einer, der an seine Kinder und Enkel dachte und auch an den kleinen Dudi, der in einem Monat seine Bar-Mizwa haben würde, wie konnte es sein, dass er alles das organisiert hatte … Feuer und Rauch … und sie hatten die Ministerin entführt – ohne ihr ein Wort davon zu sagen. Nur ein Selbstmörder entführte die Ministerin für Arbeit und Wirtschaft und stellte das Ultimatum, sich selbst und das Ganze in die Luft zu jagen. Und hier schrien die Mädchen. Was gab es denn da zu schreien, nur Gott konnte jetzt helfen, nur er wusste, was werden würde.
     
    *
     
    Auf dem Rücksitz des Sendewagens, der zur Tunnelstraße raste, tauschte Dani Benisri das blaue Hemd gegen einen schwarzen Rollkragenpullover aus, den er im Rucksack hatte, und überschlug im Kopf, dass er alles in allem zwanzig Minuten hatte, bis er wieder vor der Kamera stehen würde; zwanzig Minuten, bis sie an der Einfahrt zum Tunnel wären. Zwanzig Minuten, in denen er Tikva irgendetwas sagen und auch seine Mutter beruhigen musste. Er durfte keinesfalls elegant oder selbstzufrieden wirken, das könnte auf dem Bildschirm sehr schlecht ankommen, wenn er vom Ort des Geschehens aus berichtete und noch dazu in den Tunnel mit dem Sprengstoff und dem Ganzen ging. Gut, dass er diese Windjacke hatte, Khaki, die würde gut rüberkommen – wie bei einem Notstand, als hätte er es nicht geschafft, sich herzurichten. Bevor es ihm gelang, die Hand in den Ärmel zu schieben, klingelte das Mobiltelefon, und er wusste schon, was kommen würde: »Was? Tikva, was ist los?« Er tat ganz normal, denn vielleicht hatte sie die Nachrichten noch nicht gehört und wusste nicht, was los war. Einen langen Augenblick lauschte er ihrem Dani-ich-hab-solche-Angst, das sie irgendwie in dem Gewimmer artikulierte, bis er zu ihr sagte: »Tikva, beruhige dich, beruhig dich erst mal. Gleich fängt auch die Kleine zu weinen an. Da, sie weint schon. Siehst du, was du angerichtet hast? Du brauchst keine Angst zu haben, du kennst Schimschi und seine ganze Familie, sie werden mir nichts tun, weder mir noch sonst jemandem.«
    Einen kurzen Moment hörte Tikva zu wimmern auf, um ihn daran zu erinnern, was Schimschi im Fernsehen gesagt hatte, wie er drohte, sich selbst mit allen zusammen in die Luft zu sprengen.
    »Dann haben sie’s eben gesagt!«, spielte Benisri es herunter. »Und wenn schon – was sagt das denn, hast du das immer noch nicht gelernt? Das ist alles bloß, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, und meiner Mutter sagst du – beruhige sie, sag ihr, dass das alles nur … sag’s ihr so, dass sie nicht … dass sie mich jetzt nicht anruft …« Und sofort, bevor sie Zeit zum Nachdenken hatte oder wieder zu weinen anfing, kam er auf die Schutzimpfungen zu sprechen, redete über den Besuch bei der Kinderschwester, über die Wassertropfen mit Salz, die Tikva der Kleinen in die Nase zu träufeln versuchte, auf Anraten des Kinderarztes, den sie verehrte, während er ihn nicht ausstehen konnte. Danach sah er durchs Fenster auf die regenüberströmten Straßen hinaus, auf denen der Wagen dahindonnerte. Wer hätte sich vorstellen können, dass dieser Morgen einen solchen Verlauf nehmen würde, von den Reden über die tote Tirza bis zu dem Sendewagen, in dem er nun auf die Tunnelöffnung zuraste. Aber damit endete es noch nicht. Nichts war zu Ende, denn am Tunneleingang, unweit der parkenden Polizeiwagen, stieg eine schwarze Rauchwolke auf, in der Mosche Schimschi mit grauer Wollmütze und blauer Arbeitskleidung stand und auf ihn wartete.
    Zohar trat mit schiefem Mund beiseite. »Er lässt mich nicht hinein, der Irre«, flüsterte er Dani Benisri zu, »er weiß, dass ich vom Fernsehen bin, aber er lässt mich nicht. Man wartet auf dich, nur auf dich allein – wie auf den Messias.«
    Dani Benisri breitete mit bescheidener Geste seine Arme aus, was bedeuten sollte, dass er hier nichts initiiert habe, blickte Zohar besorgt an, klopfte ihm auf die Schulter und sagte: »Allen Respekt, Zohar, du hast

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