Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel
schräg und betrachtete sie eingehend, als könnte er genau sehen, was sie im Kopf hatte.
»Was plagt dich, Natascha?«, fragte er sie, mit einer Stimme voll von … voller Güte … es hätte sie fast zum Weinen gebracht … gerade das ließ sie spüren, wie allein sie war … wie … so, wie er sie damals gefragt hatte und sie nachher festhielt, als sie weinte, und er sie am Schluss selber, ohne dass jemand davon wusste, zu diesem Arzt in der Hapalmachstraße gebracht hatte, wo ihr Problem, wie von ihm versprochen, gelöst wurde, bezahlte und es nie wieder erwähnte.
»Schraiber«, flüsterte sie, »du musst mir helfen bei dieser Sache mit dem Rabbiner Alcharizi.«
»Von welcher Sache redest du?«, fragte er sie geduldig und betastete mit den Fingern seinen Hinterkopf. Sie wusste, dass die bloße Erwähnung des Rabbiners ihn in Rage brachte, und erzählte ihm schnell, was sie herausgefunden hatte.
»Komm, ich zeig dir die Kassette, ich hab sie niemandem gezeigt, nur Rubin, und er ist ausgeflippt, aber jetzt, wegen Tirza und Benni Mejuchas und dem Ganzen, hat er keine Zeit zu …«
Schraiber starrte sie an, als sei sie vom Mond gefallen. »Natascha«, sagte er mit heiserer Stimme zu ihr und zündete sich eine Zigarette an, ohne den Blick von ihr zu lassen, »dass du es ja nicht wagst, auch nur darüber zu reden, du weißt, was sie mit dir machen werden, wenn sie das hören? Und dass du es ja nicht wagst, irgendjemanden um so was zu bitten, möchtest du, dass sie mich suspendieren? Meinst du, das ist ein Spaß? Man hat dir gesagt: Nicht jetzt – also ist nicht. Man hat dir gesagt: Die Polizei läuft hier herum, also ist das nicht der Moment, sich mit diesen Ultrafrommen zu beschäftigen, weißt du nicht, dass das nicht der richtige Zeitpunkt ist?«
Als sie es ihm noch einmal erklärte und ihn zuletzt zu dem Videogerät im Zimmer zog, die Kassette hineinschob und ihm den Rabbiner Alcharizi in der Kutte eines griechisch-orthodoxen Priesters zeigte, pfiff Schraiber durch die Zähne und lachte, schaltete das Gerät aus und klang bereits weit weniger entschieden, als er dennoch sagte: »Nein, kommt nicht in Frage. Ich gehe keine solchen Risiken ein.«
»Was für ein Risiko, was denn«, drängte sie, »alles, was man tun muss, ist quasi, dort hinter der Tür zu stehen, wenn das Geld die Hände wechselt, und es zu sehen, das ist alles, und ihn danach fotografieren, und ich bringe die Listen. Du musst nicht mit mir nach Giv’at Schaul mitkommen, wo die ganzen Ultrafrommen in diesen Jeschivas sind und so, und man braucht auch keine Beweise vom Innenministerium, dass sie tot sind, denn die hab ich schon, das ist schon fertig für meine Reportage für heute Abend, ich gehe am Abend mit den fiktiven Namen auf Sendung, du musst bloß mit mir mitkommen, um diese Wohnung in Ramot zu sehen, mit der Kamera. Was ist da der Big Deal, bitte?«
»Natascha, es braucht ein Team, einen Sendewagen, einen Soundmann, Beleuchter und das Ganze …«
»Schraiber«, schnitt sie ihm das Wort ab, »besorg einen Sendewagen, ohne Crew … du bist das Team … vergiss nicht, die Sache mit den lebenden Toten mach ich schon allein …«
»Ich versteh nicht«, Schraiber öffnete die Tür und spähte kurz hinaus, »jetzt komm ich erst auf den Trichter – gibt es hier zwei Sachen?! Du redest von zwei verschiedenen Dingen?«
»Meiner Meinung nach hängen sie zusammen«, antwortete sie ihm, »zuerst gibt es die fiktiven Namen und ich muss – das … ich hab’s dir gesagt, ich hab es allein gemacht, mit einer Videokamera … aber das sind Peanuts gegen die …«
»Natascha«, Schweißtropfen glänzten auf Schraibers Glatze, als er sie warnend unterbrach, »du kannst nicht allein gegen den Ausschuss vorgehen, sollte jemand erfahren, dass du selbst fotografiert hast, ohne Team, dann … weißt du, was für einen Ärger das gibt, ich darf nicht ohne Soundmann und Beleuchter, ausgeschlossen … das ganze Gebäude wird lahmgelegt. Weiß Chefez, dass du allein warst?«
Sie schüttelte den Kopf und lächelte halbherzig erschrocken.
»Was denkt er dann also?«, fragte Schraiber und blickte sie misstrauisch an. »Was hast du ihm gesagt? Hast du ihm gesagt, dass ich … hast du …? Natascha! Ich werde noch wahnsinnig mit dir!« Nun war er fast ernstlich aufgebracht.
»Ich hatte keine Wahl, Schraiber, sie lassen mich nicht … wenn ich selber gesagt hätte, dass … dann hätte er jemand anderen geschickt, hätte mir gesagt, dass ich kein Recht auf
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