October Daye - McGuire, S: October Daye
sie gefunden. Sie ist gegangen.«
»Wo ist der Körper?«, fragte ich und fühlte mich plötzlich unendlich müde. Wie konnte ich sie verloren haben? Wie hatte ich so dumm sein können zu glauben, wir hätten noch Zeit?
Was würde Sylvester sagen, wenn er herausfand, dass ich ihn schon wieder im Stich gelassen hatte?
»Sie ist in einem der Serverräume. Anscheinend ging sie hin, um eine Störung an einem der Router zu überprüfen, und wer immer es wa r … « Er verstummte und wandte den Blick ab. »Vielleicht kommst du besser und siehst es dir selbst an.«
»Du hast recht. Das sollten wir tun. Apri l … « Ich griff nach ihr, und sie wimmerte und verschwand mit einem statischen Knistern. Ich stand auf. Sie konnte ich später suchen. Im Augenblick brauchte uns ihre Mutter dringender. Mochte Oberon uns allen beistehen.
Niemand sprach ein Wort, während Alex uns durch die leeren Flure führte. Er brauchte nichts zu sagen, aus seiner Haltung sprach genug Anklage, und auf diese Anklage hatte der Rest von uns nichts zu erwidern. Connor ergriff meine Hand und hielt sie fest. Wir versuchten beide, aus der Berührung Kraft zu schöpfen. Es gelang uns nicht. Nach allem, was wir getan und versucht hatten, waren wir nicht in der Lage gewesen, für Jans Sicherheit zu sorgen. Was hatte das Ganze für einen Sinn, wenn wir die Leute nicht retten konnten, die wir zu beschützen versuchten?
Vor einer ungekennzeichneten Tür blieb Alex stehen. »Sie ist da drin.«
Entweder ließ sich sein Zauber bewusster steuern, als er es zugab, oder mir war vor Versagen zu übel, um empfänglich dafür zu sein. »Also gehen wir rein.«
Er erwiderte nichts, sondern öffnete nur die Tür.
Die Lichter im Serverraum brannten, und ich war sofort froh, dass ich kein Frühstück gehabt hatte. Quentin gab einen gedämpften Würgelaut von sich und schlug sich die Hände vor den Mund. Connor erbleichte. Meine eigene Übelkeit ließ sich leichter hinunterschlucken; ersetzt wurde sie von einem überwältigenden Gefühl des Verlusts.
O Jan , dachte ich. Es tut mir so leid.
Sie war zerknittert wie eine weggeworfene Stoffpuppe. Der Kopf stand in einem unnatürlichen Winkel ab. Eine Reihe unebenmäßiger Schnitte hatte ihren Rumpf von der Hüfte bis zur Schulter aufgerissen. Ein weiterer Schnitt verlief quer über ihre Kehle. Ihre Augen hinter der Brille standen offen und starrten ins Leere. Auf dem Boden rings um sie hatte ihr Blut eine große Lache gebildet, braun und hässlich, nach einem solchen Blutverlust hätte sie unmöglich überleben können. Blutige Handabdrücke überzogen ein Rack übereinandergestapelter Rechner und prangten an der Wand daneben.
Die anderen waren ohne Gegenwehr gestorben, nicht aber Jan. Mehrere Kabel waren bei dem Kampf herausgerissen worden, und die daran angeschlossenen Maschinen piepten, um uns mitzuteilen, dass die Stromversorgung stillgelegt war. Das war jedoch nicht das Einzige, was stillgelegt war. Jan hatte noch Zeit für den Versuch gehabt zu flüchten. Das bedeutete jedoch auch, sie hatte Zeit gehabt zu leiden.
»Tob y … «, setzte Quentin mit zittriger Stimme an.
»Wenn du dich übergeben musst, dann tu es draußen im Gang.« Ich trat auf den Leichnam zu und betrachtete die Blutspritzer auf dem Boden. Die Fußabdrücke stammten alle von ih r … halt. Nein, nicht alle. Rings um die Leiche befanden sich auch kleinere Abdrücke, die von puppengroßen Füßen stammten. Die Nachtschatten waren hier gewesen und wieder verschwunden, und normalerweise waren sie nicht so tollpatschig, Anzeichen ihrer Gegenwart zu hinterlassen. Dies stellte eine Botschaft dar. Hier gibt es nichts für uns . Jans Körper war immer noch Fae, ihre unnatürliche Schönheit intakt. Was immer die Leute bei ALH jagte, hatte auch Jan geholt.
Auf Quentins Rückzug folgten Würgegeräusche. Ich achtete nicht darauf und kniete mich neben die Leiche. Die Wunden an ihrer Brust und Kehle waren die offensichtlichsten, aber nicht die einzigen. Ihr waren die Kniesehnen durchgeschnitten worden, wahrscheinlich während sie sich noch bewegte. Wer immer ihr aufgelauert hatte, war kein Risiko eingegangen. Ich drehte ihren Kopf zur Seite und legte den Hals frei. Der erwartete Einstich war vorhanden, und zwar auf der gegenüberliegenden Seite der größeren, auffälligeren Wunde. Ähnliche Einstiche waren an ihren Handgelenken. Es war also nicht die Tat eines anderen Mörders gewesen. Jan hatte nur den ursprünglichen Mörder überrascht und dadurch
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