October Daye - McGuire, S: October Daye
unzusammenhängender als sonst. Ein Fenster im zweiten Stoc k – wenn man nach dem augenscheinlichen Abstand zum Erdboden gin g – bot eine perfekte nächtliche Aussicht auf den Rasen samt Katzen, die ausgestreckt auf dem von Mondlicht erhellten Pfad lagerten.
Jans Büro befand sich zwei Räume weiter am Ende eines langen Gangs. Die vorhin noch offene Tür war jetzt geschlossen. Stirnrunzelnd legte ich eine Hand auf das Messer an meinem Gürtel, als ich darauf zuging und klopfte. »Jan? Sind Sie da drin?«
»Ich komme!« Poltern und Klappern war zu hören, als Jan sich ihren Weg durch das Büro bahnte und die Tür aufzog. Ich schaute an ihr vorbei. Elliot war verschwunden.
»Wo ist Elliot?«
»Er musste etwas holen. Aber ich habe das Büro nicht verlasse n – ich bin hier völlig sicher und war mit der Arbeit a n … Ach, vergessen Sie, woran ich gearbeitet habe. Ich kann es nicht erklären, und Sie würden es nicht verstehen.« Ihr Tonfall hatte nichts Beleidigendes an sic h – und sie hatte so gut wie sicher recht. Sie legte den Kopf schief, und ihre Miene wurde besorgt. »Geht es Ihnen gut? Ich meine, Sie sind sehr blass. Haben Sie gegessen? Oder geschlafen?«
»Das ist nicht wichtig«, gab ich zurück und fluchte innerlich. Warum fing sie ausgerechnet jetzt damit an, darauf zu achten? »Woher wissen Sie, dass der Mörder nicht zu Ihnen kommt? Und wenn Sie schon ›völlig sicher‹ sind, woher wissen Sie, dass Elliot nicht in Schwierigkeiten steckt?«
»Ic h … « Sie verstummte und bedachte mich mit einem scharfen Blick. »Versuchen Sie mir Angst zu machen?«
»Ja, das tue ich. Wenn Sie getötet werden, macht Ihr Onkel aus meiner Haut einen Bettvorleger.«
»Wahrscheinlich haben Sie recht. Es ist bloß verrückt, sich vorzustellen, jemand könnte mir etwas antun wollen.«
»Ihnen ist doch klar, dass Sie, falls das Ganze einen politischen Hintergrund hat, in größerer Gefahr schweben als alle anderen, oder?« Ich hob die Schublade aus Barbaras Schreibtisch an. »Ich habe Informationen. Darf ich reinkommen?«
Jan betrachtete die Lade. »Was ist das?«
»Beweise dafür, dass Barbara Sie hintergangen hat.« Ich drängte mich an ihr vorbei ins Büro. Sie schloss die Tür und folgte mir zu ihrem Schreibtisch, wo ich die Schublade auf einem Papierstapel abstellte. »Aber das ist nicht das Wichtigste. Ich weiß, warum Sie Ihren Onkel nicht erreichen können.«
»Was?« Ihre Augen weiteten sich. »Wie meinen Sie das?«
»Es liegt an der Telefonleitung.« Rasch umriss ich meine Schlussfolgerungen einschließlich des Umstands, dass Anrufe von außerhalbdes Mugels oder zu Telefonanschlüssen, die nicht von ALH installiert worden waren, tadellos funktionierten. Mein Gespräch mit Tybalt sparte ich aus. Ich fand, darüber brauchte sie nichts zu wissen.
Zunächst starrte Jan mich nur an. Dann kniff sie die Augen leicht zusammen, und ihr Gesichtsausdruck wurde kalt. »Es war also wirklichjemand von uns«, stellte sie mit leiser, gefährlicher Stimme fest. Ichkannte diesen Tonfall von ihrem Onkel. Im Allgemeinen bedeutete er, dass es höchste Zeit war, sich Deckung zu suchen.
»Ich glaube schon«, bestätigte ich und reichte ihr den Umschlag, den ich in Barbaras Schreibtisch gefunden hatte, das Siegel von Traumglas nach oben gedreht. »Sieht so aus, als hätte Barbara einen zweiten Job gehabt.«
Jan starrte darauf. »Sie hat für Riordan gearbeitet?«
»Sie nahm Bestechungsgeld an. Mehr weiß ich nich t – jedenfalls noch nicht. In ihrem Schreibtisch gab es ein Geheimfach. Ich habe auch ihr Scheckbuch gefunden. Sofern die Daten stimmen, hat sie mindestens ein Jahr lang Zahlungen aus Traumglas erhalten.«
»Barbara war eine Spionin?« Sie hievte sich auf den Rand des Schreibtischs, schlug die Beine übereinander und griff nach ihrem Laptop. »Wenn Elliot mich je wieder als paranoid bezeichnet, ziehe ich ihm die Hammelbeine lang.« Sie klappte den Bildschirm auf und begann zu tippen.
»Äh, Jan?« Verwirrt schob ich mir die Haare hinter ein Ohr. »Was machen Sie da?«
»Bei ALH sind wir stolz darauf, die Privatsphäre unserer Mitarbeiter zu respektieren«, erklärte sie forsch. Dann veränderte sich ihr Tonfall und wurde zynischer, als sie hinzufügte: »Aber wenn wir Grund zu der Annahme haben, dass sie für das Miststück von nebenan spionieren, knacke ich ihre Computer wie ein Ei und spiele mit der Pampe darin herum.«
»Hä?«
»Das nennt sich ›Hacken‹. Na ja, zumindest wäre es das, wenn mir
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