October Daye - McGuire, S: October Daye
Barbaras Computer nicht ohnehin gehörte. Da das aber der Fall ist, nennen wir es schlicht ›Überprüfen der Netzwerksicherheit‹.« Jan tippte weiter. Ihre Finger klopften wild auf die Tastatur.
»Der Computer war ausgeschaltet«, sagte ich und hoffte, es hörte sich nicht so verloren an, wie ich mich fühlte.
Jan schaute auf und grinste. Wenigstens eine von uns hatte Spaß. »Das wäre nur von Belang, wenn wir uns in der Welt der Sterblichen befänden. Aber in den Sommerlanden Elektrizität zu bekommen, ist so schwierig, dass es nie richtig funktioniert, deshalb müssen wir auf Behelfslösungen zurückgreifen. Generatoren statt Betriebsstrom, Lichter mit Zeitschaltun g … Computer, die nicht wissen, dass der Zugriff aus dem Netzwerk nicht möglich sein soll, wenn sie ausgeschaltet sind.« Aus dem Laptop ertönte ein lautes Ping . »Wir sind drin.«
»Worin?«
»In Barbaras Computer. Ich habe vollen Zugriff.«
Das klang vielversprechend. »Können Sie eine Suche nach Dokumenten durchführen, die mit Traumglas zu tun haben könnten?«
Belustigt sah sie mich an. »Ich kann diesen Computer Polka tanzen lassen, wenn ich will.« Sie tippte schneller und hielt inne, als ein weiteres Ping ertönte. »Un d … wow.«
»Wow? Was ist?« Ich verrenkte mir den Hals, um den Bildschirm zu sehen. »Was haben Sie gefunden?«
»Nur alles«, gab sie zurück, den Mund zu einer schmalen, verbitterten Linie verkniffen. Sie drehte das Laptop, sodass ich den Bildschirm sehen konnte, darauf befand sich eine so lange Liste von Dateinamen, dass sie über den unteren Rand hinausging. »Das bekomme ich, wenn ich nach Dateien mit den Begriffen ›Traumglas‹, ›Bericht‹ und ›vertraulich‹ suche.« Sie tippte mit der Fingerspitze auf den Bildschirm, und der erste Titel wurde kurz markiert, bevor ein Textverarbeitungsprogramm aufgerufen wurde und die Datei öffnete. »Sie war ein ziemlich emsiges Mädchen.«
»Ja«, pflichtete ich ihr bei. »Sieht ganz so aus.«
Die Datei, die Jan geöffnet hatte, entpuppte sich als Finanzaufstellung über das Unternehmen, die Grafschaft und deren Entwicklung in den vergangenen Jahren. Die Übersicht war dokumentiert und zeigte, an welchen Stellen Barbara die Grafschaft zugunsten von Traumglas manipuliert hatte. Ich sah Jan an.
»Wir konnten uns nicht zusammenreimen, wohin das Geld verschwand«, erklärte sie. »Noch zwei Jahre, und wir hätten schließen müssen.«
»Hätte jemand sie deswegen töten können?«
»Möglich«, räumte sie ein. »Ich hätte sie vielleicht selbst erwürgt. Abe r … «
»Aber Sie hätten die anderen nicht getötet. Können Sie Barbaras Aufzeichnungen für mich ausdrucken?«
»Sicher.« Stirnrunzelnd schüttelte sie den Kopf. »Das ist s o … puh. Babs war unsere Freundin .«
»Sie war eine Katze. Die Cait Sidhe haben sich noch nie an die Regeln gehalten.« Ich strich mir erneut die Haare zurück. »Was könnte sich Traumglas davon versprechen, hier alle zu töten?«
»Nur das Land.«
»Der Mugel an sich weist keine Besonderheiten auf?«
»Nicht die geringsten. Die Seichtung haben wir selbst geschaffen.«
»Na toll.« Eine weitere Sackgasse. »Fertigen Sie die Ausdrucke an, dann arbeiten wir weiter. Und seien Sie vorsichtig. Sich umbringen zu lassen bringt niemanden zurück.«
»Keine Sorge. Ich werde nicht nach Traumglas stürmen und die Herzogin zur Rede stellen.« Ihr Lächeln wirkte freudlos. »Wenn diese Geschichte allerdings vorbei ist, werde ich ihr in den Hintern treten.«
»Absolut verständlich.« Ich verstummte kurz. »Besteht die Möglichkeit, dass Gordan mit Barbara zusammengearbeitet haben könnte?«
»Nein, eigentlich nicht«, antwortete Jan. »Sie hat dafür gesorgt, dass Barbara eingestellt wird, und sie war stets besorgt darüber, dass sie etwas Dummes tun könnte. Die beiden haben zusammen an einem Projekt gearbeitet und seit Monaten nur gestritten.«
»Worüber?«
»Das habe ich nie ganz herausbekommen. Sie schienen es untereinander auszutragen.«
»Gut zu wissen«, meinte ich und ergriff die Schublade. »Ich gehe zu Quentin zurück und fange an, das Zeug hier durchzusehen. Mal sehen, ob noch etwas dabei ist, das wir verwenden können.«
Sie blinzelte. »Sie haben ihn allein gelassen? Nachdem Sie uns eingebläut haben, zusammenzubleiben?«
»Ich habe ihn mit einer verriegelten Tür zwischen ihm und dem Rest des Mugels zurückgelassen«, erwiderte ich und fühlte mich mit dieser Entscheidung plötzlich nicht mehr wohl. »Er
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