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October Daye: Nachtmahr (German Edition)

October Daye: Nachtmahr (German Edition)

Titel: October Daye: Nachtmahr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seanan McGuire
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sehe, du hast uns gefunden«, sagte Lily. Sie winkte mich mit einer Hand auf die andere Seite des Tisches und deutete auf den Platz neben Tybalt. »Bitte. Setz dich.«
    »Du hättest mich ruhig vorwarnen können, weißt du«, sagte ich und ließ mich wie aufgefordert nieder. Meine Gelenke protestierten, als ich zu knien versuchte, also setzte ich mich stattdessen aufrecht hin und streckte die Beine aus. Tybalt schien die kniende Haltung ebenso bequem zu finden wie Lily. Ich warf ihm einen gehässigen Blick zu. Angeber. »Gab es einen triftigen Grund, mich durch den halben verdammten Mugel zu bugsieren?«
    »Ja«, sagte sie und goss im Zeitlupentempo weiter ein. Das war nun keine Überraschung. Ich komme fast nie aus dem Teegarten heraus, ohne auf eine Schale Tee bei Lily eingekehrt zu sein, ganz gleich, wie eilig ich es habe. Trotzdem …
    »Ich bin nicht sicher, ob wir dafür Zeit haben, Lily«, sagte ich behutsam. »Wir müssen nach den Kindern suchen.«
    »Es ist immer Zeit für Tee«, schalt Lily und stellte eine Schale vor mir ab. »Ich habe dich ›bugsiert‹, wie du es so charmant genannt hast, weil du geheilt werden musstest. Deine Verletzung war durch Magie entstanden, was sie behandelbar machte, vorausgesetzt, dass ich willens war, hart durchzugreifen. Und warum ich dich nicht gewarnt habe, nun, deine Abneigung gegen Wasser ist schwer zu übersehen. Ich nahm an, du würdest dich sträuben, wenn du wüsstest, was ich vorhatte.« Ein schwaches Lächeln kräuselte ihre Lippen. »Den gewissen Widerstand gegen das Nasswerden teilst du mit unserem königlichen Freund hier.«
    Tybalt verzog das Gesicht. »Ich kann nichts Schlechtes daran finden, eine Lungenentzündung vermeiden zu wollen.«
    »Wenn Ihr es fertigbringt, in den Wassern meines Landes krank zu werden, habt Ihr größere Probleme als ein nasses Fell«, bemerkte Lily. Dann sah sie mich ernst an. »Es tut mir leid, October, aber ich kann das Kind nicht wecken. Ich habe es versucht. Ich kann Körper und Geist noch für einige Zeit zusammenhalten, aber ich fürchte, das ist die Grenze meiner Fähigkeiten.«
    »Aber was stimmt nicht mir ihr?«
    Lily hob ihre Teeschale und benutzte diese rituelle Geste, um ein besorgtes Flackern in ihrem Blick zu kaschieren. »Ich weiß es nicht.«
    »Soll ich sie vielleicht zu Jin bringen?« Jin war die Heilerin am Hof von Schattenhügel. Sie war nicht in Lilys Liga – das ist niemand, der keine Undine ist – , aber sie war gut, und ihre Kunst unterschied sich leicht von Lilys. Die Ellyllon heilen nicht mithilfe der Umwelt wie die Undinen. Sie arbeiten mit Zauberformeln und Tränken, und manchmal können sie erfindungsreicher sein. Sie sind nicht darauf beschränkt, was das Wasser vermag.
    »Ich glaube nicht«, sagte Lily. »Sie zu transportieren, bevor wir den Ursprung ihres Zustands verstehen, könnte mehr Schaden anrichten als Gutes bewirken. Du hast gut daran getan, sie hierherzubringen. Ich kann sie bewachen, bis wir mehr wissen.«
    »Also, wir wissen nicht, warum Karen nicht aufwacht, wir wissen nicht, was mit den vermissten Kindern passiert ist – ich weiß nicht einmal, wo ich überhaupt anfangen soll.«
    »Frag den Mond«, sagte Lily.
    »Das sagt Ihr dauernd«, bemerkte Tybalt und legte die Stirn in Falten. »Vielleicht könntet Ihr das mal übersetzen.«
    »Das kann ich nicht«, erwiderte Lily und sah ihm ruhig in die Augen. »Wenn Ihr Antworten zu finden wünscht, müsst Ihr anfangen zu denken, statt bloß zu reagieren.«
    »Denken«, sagte ich und wandte mich ihm zu. »Tybalt, als ihr euch aufgemacht habt, die vermissten Kinder zu suchen, habt ihr da an den Plätzen, wo sie normalerweise schlafen, irgendetwas Ungewöhnliches bemerkt?«
    »Außer ihrem Verschwinden?« Die Falten auf seiner Stirn vertieften sich. »Die Luft war schlecht. Sie roch verkehrt, nach Dingen, die da nicht sein sollten.«
    »Was für Dinge?«, fragte ich und fühlte innerlich eine grimmige Gewissheit wachsen.
    »Blut und Asche. Und Kerzenwachs.«
    Von der anderen Seite des Tisches kam ein Knall. Wir fuhren herum und sahen Lily, die mit zitternden Händen die Scherben ihrer Teeschale auflas. Ich starrte sie an. Ich hatte noch nie erlebt, dass Lily etwas fallen ließ.
    »Es … tut mir unendlich leid«, stammelte sie und erhob sich. »Bitte rückt vom Tisch ab … ich muss dieses Chaos sofort beseitigen … es tut mir so leid … «
    Ich wollte Platz machen, doch dann erstarrte ich und schaute gebannt auf die Teeblätter, die jetzt den

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